In den 1980er Jahren haben Amerikaner und Russen auf dem Mond einen Friedensvertrag geschlossen und ihren Konflikt dort beigelegt. Die globale Erderwärmung wurde durch die Erfindung von Fusionsreaktoren und somit die Einführung sauberer Energie deutlich verlangsamt. Die Beatles gehen zu viert auf eine große Reunion-Tour um die Welt. US-Präsident Gary Hart tritt seine zweite Amtszeit an. Mit diesen und weiteren Kurzmeldungen werden die Zuschauer gleich zu Beginn der dritten Staffel von For All Mankind auf den neuesten Stand gebracht. Schließlich ist seit den Ereignissen der zweiten Staffel fast ein Jahrzehnt vergangen. Wir befinden uns nun im Jahr 1992.
Die Senatorin und frühere Astronautin Ellen Wilson (Jodi Balfour) tritt für die republikanische Partei als Präsidentschaftskandidatin an. Ihre frühere Kollegin Molly Cobb (Sonya Walger) ist aufgrund der hohen Strahlendosis, der sie vor einigen Jahren auf dem Mond ausgesetzt war, inzwischen erblindet und leitet bei der NASA nun das Astronautenbüro, während ihre Chefin Margo Madison (Wrenn Schmidt) immer noch mit ihrer Work-Life-Balance kämpft. Sie schläft nach wie vor im Büro, hat dort aber inzwischen immerhin auch ein Klavier stehen, um gelegentlich abzuschalten. Die Astronauten Ed Baldwin (Joel Kinnaman) und Danielle Poole (Krys Marshall) hoffen beide, für die Leitung der von der NASA geplanten Marsmission ausgewählt zu werden. Doch die Amerikaner sind wieder einmal nicht die einzigen, die ehrgeizige Pläne für die Erforschung des Sonnensystems haben: neben den Russen steigt ein weiterer Konkurrent ins Weltraumrennen ein. Das von dem Milliardär Dev Ayesa (Edi Gathegi) geführte private Unternehmen Helios kündigt an, schon zwei Jahre früher Menschen auf den Mars zu bringen, als es die Pläne der anderen beiden Parteien vorsehen. Das setzt die NASA enorm unter Druck, denn jeder will der Erste sein!
Spannung von der ersten bis zur letzten Folge
Für Spannung ist auch in der dritten Staffel von For All Mankind von Anfang an gesorgt. Schon die Eröffnungsfolge ist spektakulär: auf einem von Karen Baldwin (Shantel VanSanten) betriebenen, kurz vor seiner Eröffnung stehenden Weltraumhotel findet die Hochzeit von Danny Stevens (Casey W. Johnson), dem Sohn der verstorbenen und in den USA als Helden verehrten Astronauten Tracey und Gordo Stevens, mit seiner Frau Amber statt. Aber den Gesetzen von TV-Serien entsprechend kann natürlich nicht alles glatt über die Bühne gehen. Es kommt zu einem Zwischenfall, der ein paar spektakuläre, kinoreife Bilder produziert und eine Rettungsaktion nötig macht. Karen muss sich danach jedenfalls beruflich neu orientieren und geht einen Pakt mit Dev und seiner privaten Weltraumfahrtfirma ein. Doch auch dort ist nicht jeder so freundlich und nicht alles so einfach umsetzbar, wie es zunächst den Anschein hat. Zudem arbeiten Karen und ihr Ex-Mann Ed nun für konkurrierende Auftraggeber; auch ihre Tochter Kelly (Cynthy Wu) muss sich entscheiden, an welcher der Marsmissionen sie teilnehmen will.
Nach einem Zeitsprung von etwa zwei Jahren landen am Ende der ersten Staffelhälfte die ersten unserer Protagonisten auf dem Mars. Dabei bleibt die Serie spannend buchstäblich bis zur letzten Sekunde. Denn dadurch, dass sich mehrere Parteien gleichzeitig auf den Weg zum roten Planeten machen, ist das Rennen sehr lange offen und das Risiko für Komplikationen vervielfacht sich. Von letzterem machen die Autoren der Serie auch reichlich Gebrauch. Wenn man For All Mankind eines vorwerfen kann, dann sind es die besonders in dieser dritten Staffel auffallend gehäuft auftretenden Krisen, Konflikte und Katastrophen. Ein allzu großer Kritikpunkt ist dies freilich nicht, schließlich verdichtet auch diese Staffel wieder einen Zeitraum von mehreren Jahren auf zehn Episoden und es handelt sich ja nicht um eine Dokumentation.
Noch mehr Soap
Das merkt man nicht nur an den vielen Explosionen und Rettungsaktionen im Weltraum, sondern auch an den Beziehungen zwischen den Charakteren. Danny hat zum Beispiel nach seiner Affäre mit Karen in Staffel zwei immer noch starke Gefühle für sie, während Karen davon nichts wissen will und Ed auf keinen Fall davon wissen darf. Ellen und ihr Mann Larry (Nate Corddry) führen weiterhin eine Scheinehe, sind jedoch beide homosexuell und haben Gefühle für bzw. Beziehungen mit anderen. Dannys Bruder Jimmy (David Chandler) fühlt sich auch Jahre nach dem Tod seiner Eltern so orientierungslos, dass er sich in die Hände einer Gruppe von Verschwörungstheoretikern begibt, die bezweifeln, dass überhaupt jemals Menschen auf dem Mond gelandet sind. Allein die alltäglichen zwischenmenschlichen Beziehungen geben hier also genügend Stoff für Geheimnisse und anderes Konfliktpotential her. Der Soap-Faktor wird in dieser Staffel also eindeutig noch einmal etwas hochgefahren.
Wie gewohnt hebt sich For All Mankind durch die große Anzahl an weiblichen Figuren in Entscheidungs- und Führungspositionen hervor. Ein positives Bild der Menschheit zeichnet die Serie auch insofern, als sie immer wieder zeigt, zu welchen Leistungen wir fähig sind, wenn wir zusammenarbeiten und uns gegenseitig helfen. Leider müssen immer wieder erst Katastrophen geschehen, damit es dazu kommt, was es aber wenigstens für den Zuschauer spannend macht. Eine Utopie stellt die Serie trotz ihres Ansatzes der alternativen Geschichte ohnehin nicht dar, was unter anderem an der Homophobie deutlich wird, die hier mehreren Figuren entgegenschlägt.
Gute schauspielerische Leistungen
Am Schauspielensemble gibt es wie in den Vorgängerstaffeln nichts auszusetzen. Der wichtigste Neuzugang ist Ed Gathegi als Elon Musk-artiger Milliardär, der anfangs noch idealistisch und voller Tatendrang zu sein scheint, später jedoch seine egoistische und rücksichtslose Seite zeigt. Äußerst wenig zu tun hat dieses Mal leider Sonya Walger als Molly; anscheinend wussten die Autoren nach den ersten Folgen nichts mehr mit ihr anzufangen. Die tragischste Figur ist eindeutig Margo Madison. Ihre über Jahre währende, aber nie wirklich Fahrt aufnehmende Liebesgeschichte mit Sergei Nikulov (Piotr Adamczyk) sowie ihre Weitergabe von vertraulichem NASA-Wissen an die Russen bringen sie immer mehr in eine Situation, aus der es keinen Ausweg zu geben scheint. Im Staffelfinale kommen schließlich die hier erwähnten (und noch einige weitere) Handlungsstränge zu ihrem Höhepunkt. Die letzte Folge kommt über lange Zeit ohne Action aus und wirkt weniger dramatisch als das äußerst tragische Finale der zweiten Staffel. Doch als es dann doch noch zum großen Knall kommt und die Figuren für eine vierte Staffel in Stellung gebracht werden, sitzt man trotz der zum Teil etwas konstruiert wirkenden Handlungsfäden mit in die Couch gekrallten Fingern vor dem Fernseher.
OT: „For All Mankind“
Land: USA
Jahr: 2022
Regie: Sarah Boyd, Wendey Stanzler, Andrew Stanton, Dan Liu, Craig Zisk
Drehbuch: Matt Wolpert, Ben Nedivi, Stephanie Shannon, David Weddle, Bradley Thompson, Nichole Beattie, Joe Menosky, Sabrina Almeida, Eric Phillips
Idee: Ronald D. Moore, Matt Wolpert, Ben Nedivi
Musik: Jeff Russo, Paul Doucette
Kamera: Stephen McNutt, Ross Berryman
Besetzung: Joel Kinnaman, Wrenn Schmidt, Shantel VanSanten, Krys Marshall, Edi Gathegi, Cynthy Wu, Casey W. Johnson, Coral Peña, Jodi Balfour, Piotr Adamczyk, Sonya Walger
Wer noch mehr über die Arbeit an For All Mankind erfahren möchte: Wir haben uns zum Start der dritten Staffel auf Apple TV+ mit den Schauspielerinnen Wrenn Schmidt und Shantel VanSanten unterhalten.
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