Frühling: Genieße jeden Augenblick

Als Katja Baumann (Simone Thomalla) an einer Bushaltestelle eine Frau entdeckt, die auf ihren Mann wartet, ahnt sie schnell, dass da etwas nicht ganz stimmt. Und so nimmt sie Erika Brugger (Clelia Sarto) mit ins Krankenhaus. Die Vermutung bestätigt sich dort: Erika hat kürzlich ihren Mann verloren, kann sich aber nicht daran erinnern. Der Arzt diagnostiziert dies als posttraumatische Belastungsstörung, die Folge des Schocks. Für ihre Tochter Johanna (Emilia Bernsdorf) bedeutet dies eine doppelte Belastung, da sie nun ganz allein um ihren Vater trauern muss. Zumal auch noch die Beerdigung ansteht. Während Katja versucht, den beiden durch die schwierige Zeit zu helfen, mehren sich die Zeichen, dass da noch mehr an der Geschichte dran ist …

Viel Tragik im Herzdorf

Eigentlich bringt die ZDF-Reihe Frühling alles mit für ein bisschen schöne Berieselung. So spielt sie in einem kleinen idyllischen Ort, an dem – von Weihnachtsepisoden wie Weihnachtsgrüße aus dem Himmel abgesehen – immer die Sonne scheint. Man könnte sogar meinen, dass der Titel sich auf eine ganzjährliche Jahreszeit bezieht anstatt „nur“ auf den Namen des Dorfes. Doch vor dem beschaulichen Hintergrund der Herzkino-Filme geschehen ständig irgendwelche furchtbar tragischen Sachen. So viele, dass man sich fragt, ob überhaupt irgendjemand dort ein normales glückliches Leben führt. Da ist der 24. Teil Genieße jeden Augenblick, trotz des aufmunternden Titels, keine Ausnahme.

Tatsächlich ist es dieses Mal sogar ein ganzes Füllhorn an Problemen, welches die von Anfang an für die Reihe tätige Drehbuchautorin Natalie Scharf, da ausschüttet. Das offensichtlichste ist natürlich der Tod des Familienvaters, der bei einem Motorradunfall ums Leben kann. Das allein hätte bereits als Thema des Films ausgereicht. Wie geht man damit um, wenn der Vater bzw. der Ehemann plötzlich weg ist? Frühling: Genieße jeden Augenblick reichert dies noch mit einem Konflikt an. So macht Hanna Jürgen Fichte (Wowo Habdank) schwere Vorwürfe, ein alter Freund ihres Vaters und ebenfalls Motorradfahrer. Denn der wäre schuld an dem Tod. Viel Zeit für eine Aussprache bleibt dabei nicht, der Konflikt ist ebenso plötzlich beigelegt, wie er zuvor aufgekommen ist. Schließlich müssen da noch andere Problemsäue durchs Dorf getrieben werden.

Völlig überladen

Das zweite große Thema ist der Geisteszustand von Erika, bei dem ganz offensichtlich etwas nicht stimmt. Wenig überraschend, zumindest für die Zuschauer und Zuschauerinnen daheim vor den Fernsehern, ist ihre Verwirrtheit nicht allein die Folge des Verlustes. Vielmehr leidet sie an einer frühen Form von Alzheimer. Als Thema ist das natürlich wichtig, viele Filme haben sich in den letzten Jahren desselben angenommen – darunter das herausragende Drama The Father. Indem Frühling: Genieße jeden Augenblick das aber mit dem anderen Familienunglück zu kombinieren versucht, ist der Film wie so oft in der Reihe völlig überladen. Da ist nie der Raum, um die einzelnen Aspekte zu vertiefen oder sich auch mal wirklich mit einem Thema auseinanderzusetzen. Stattdessen gibt es plakative Dramatik, die dem Ganzen nicht gerecht wird.

Und dann wäre da noch der dritte Handlungsstrang, der sich um Katjas Freundin Leslie Wolff (Nadine Wrietz) dreht. Die ist nach der Trennung von ihrem Mann todunglücklich, zumal ihre Chancen auf eine neue Beziehung recht mau sind. An diesen Stellen zeigt sich das Potenzial der Reihe, wenn die Geschichten alltäglicher sind und dank solider schauspielerischer Leistungen auch durchaus glaubwürdig. Aber auch hier war man bei Frühling: Genieße jeden Augenblick wohl der Ansicht, dass das alles nicht ausreicht, weshalb das Ganze noch einmal verschärft werden muss. Fans der Reihe wird das nicht stören, sie haben sich längst an das Melodramatische gewöhnt, das hier als Leben verkauft werden soll. Der Rest kann sich den Teil sparen.