Die glorreiche Dynastie der Targaryens steht vor einem Wendepunkt in ihrer lang andauernden Geschichte. König Viserys I. (Paddy Considine) ist durchaus ein herzlicher und gerechter Herrscher, allerdings konnte er in den 12 Jahren seiner Amtszeit noch keinen männlichen Erben zeugen. Zwar ist seine Frau Aemma (Sian Brooke) erneut schwanger, mehrere Fehl- und Totgeburten machen den Ausgang dieser Schwangerschaft jedoch sehr ungewiss. So beginnen in der Hauptstadt Königsmund langsam, aber sicher die Ränkespielchen und Intrigen rund um den eisernen Thron, die sich alle um eine Frage drehen: Wer tritt Viserys Nachfolge an? So schlagen einige Berater seinen unberechenbaren und oftmals brutalen Bruder Daemon (Matt Smith) vor. Andere wiederum wollen seine älteste Tochter Rhaenyra (Milly Alcock, Emma D’Arcy) als erste Frau überhaupt auf dem Thron sitzen sehen. Streit und Ungewissheit machen sich breit und nach einer lang andauernden Zeit des Friedens droht der Kontinent Westeros angesichts dieser Unsicherheiten nun in große Unruhe zu Verfallen.
Endlich zurück in Westeros
Wer das letzte Jahrzehnt nicht gerade unter einem Stein gelebt hat, wird um eine Sache mit ziemlicher Sicherheit nicht herumgekommen sein – die HBO-Serie Game of Thrones. 2011 erstmals erschienen, avancierte das Fantasy-Epos zu einer der bekanntesten und beliebtesten Serien aller Zeiten. Basierend auf der Roman-Reihe Das Lied von Eis und Feuer von George R.R. Martin war es vor allem die ungeschönte und gnadenlose Art und Weise der Handlungsdarbietung, sowie die ausgereiften und durch ausreichend Vorgeschichte unterfütterten Figuren und deren Konstellationen, die Millionen Zuschauer und Zuschauerinnen immer wieder in ihren Bann zogen. Nach acht Staffeln endete Game of Thrones dann 2019 und ließ dabei nicht gerade wenige Fans unzufrieden und enttäuscht zurück. Zu überhastet und gerafft hat man versucht, die Geschichte zu einem Ende zu bringen und dabei fast gänzlich alle etablierten Prinzipien und Erzählweisen der vorangegangenen Staffeln vergessen.
Nun soll mit der 200 Jahre vor der Haupthandlung spielenden Serie House of the Dragon endlich Versöhnung geschaffen werden – und das funktioniert zum größten Teil. Wenn das aus der Hauptserie bekannte Musikthema des Hauses Targaryen angespielt wird und der wohl vertraute Anblick der Hauptstadt Königsmund erscheint, dann fühlt es sich einfach gut an, endlich wieder in Westeros zu sein. Allgemein gibt sich das Prequel aller größte Mühe, sich mit seinem Vorbild zu verlinken. Immer wieder weisen Texteinblendungen, Namensnennungen und kleine visuelle, sowie erzählerische Anspielungen auf den Ursprung hin und erzeugen so den Eindruck einer in sich perfekt geschlossenen Welt. So wird eines schon nach wenigen Minuten klar – House of the Dragon sieht aus wie Game of Thrones, fühlt sich genau so an und fügt sich nahezu einwandfrei in das gesamte Universum ein.
Von Altem und Neuem, von Geduld und Hast
Auch altbekannte Erzählweisen kehren nun im Prequel wieder zurück. House of the Dragon ist, wie man es auch von seinem Vorgänger gewohnt ist, herrlich ungeschönt und brutal. Hier werden keine Hauptcharaktere zu Gunsten des Plots verschont. Wer sich zu tief in die Intrigen und Spiele des Thrones hineinziehen lässt, dessen Leben kann vom einen auf den anderen Moment ein jähes Ende nehmen. Ein Punkt, der bei Game of Thrones zwar immer wieder für Schock und Entsetzen gesorgt hat, aber trotzdem fasziniert und funktioniert hat.
Und auch dramaturgisch orientiert sich House of the Dragon wieder mehr an die ersten Staffeln von Game of Thrones. So jagt nicht, wie gegen Ende der Hauptserie, ein visuelles Highlight das nächste, wobei erzählerische Sinnhaftigkeit auf der Strecke bleibt. Stattdessen werden ruhig und gemächlich Konflikte clever aufbereitet, die sich dann immer wieder entladen. Das mag an der ein oder anderen Stelle etwas zäh wirken, dafür strotzen die angesprochenen Höhepunkte geradezu vor inszenatorischer Intensivität. Doch obwohl sich House of the Dragon viel Zeit für seine Charaktere und deren Entwicklung nimmt, kommt die Handlung an einigen Stelle etwas gerafft daher. Das liegt vor allem an der Natur der Sache, da die Geschichte der Serie auf der Buchvorlage „Feuer und Blut“ basiert und somit von beschriebenen Ereignissen zu beschriebenen Ereignissen springt. Und den Fehler, von der Vorlage abzuweichen, will man nach den Kritiken zum Ende von Game of Thrones sicher nicht nochmal machen. Allerdings kann diese Erzählweise dann vor allem Mitte der Staffel dafür sorgen, dass Zuschauende aus der Immersion gerissen werden und sich schnell an die schlechte siebte und achte Staffel der Vorgängerserie erinnert fühlen.
Und dennoch überzeugt die Vorgeschichte auch durch ihren ganz eigenen Charme. Neue Gesichter und Figuren erzeugen angenehm frischen Wind und sind erneut unglaublich spannend und vielschichtig konzipiert. Niemand ist einfach nur gut oder böse – jede Person hat ihre ambivalenten Wesenszüge, was keine erzählerische Entwicklung zu vorhersehbar macht. Hier sticht vor allem die von Matt Smith glänzend verkörperte Figur des Daemon Targaryen heraus, die undurchsichtiger nicht sein könnte und sich somit perfekt in die unbarmherzige Welt von Westeros einfügt. Und wer befürchtet hat, dass im Universum von Game of Thrones nach dem Lied von Eis und Feuer nichts Spannendes mehr erzählt werden kann, kann durchaus beruhigt sein. Denn mit der Geschichte des Hauses Targaryen und dem in der Hauptserie viel zitierten Tanz der Drachen hat man einen der spannendsten Abschnitte der gesamten Vorgeschichte gewählt. Man kann sich also durchaus wieder auf fesselnde Schlachten und spannende Intrigen freuen, die in Game of Thrones schon so grandios funktioniert haben.
OT: „House of the Dragon“
Land: USA
Jahr: 2022
Regie: Miguel Sapochnik, Greg Yaitanes, Claire Kilner, Geeta Vasant Patel
Drehbuch: Ryan J. Condal, George R.R. Martin, Gabe Fonseca, Ira Parker, Charmaine De Grate, Sara Hess, Kevin Lau, Eileen Shim
Musik: Ramin Djawadi
Kamera: Fabian Wagner
Besetzung: Paddy Considine, Emma D’Arcy, Olivia Cooke, Matt Smith, Tom Glynn-Carney, Rhys Ifans, Steve Toussaint, Eve Best, Sonoya Mizuno, Fabien Frankel, Graham McTavish, Ryan Corr, Jefferson Hall, David Horovitch, Bill Paterson
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