I Came By Netflix
© Netflix/Nick Wall

I Came By

I Came By Netflix
„I Came By“ // Deutschland-Start: 31. August 2022 (Netflix)

Inhalt / Kritik

So richtig glücklich ist Toby (George MacKay) mit seinem Leben nicht. Sein Vater ist tot und war auch vorher nie wirklich für ihn da. Mit seiner Mutter (Kelly Macdonald) versteht er sich seit Längerem nicht mehr besonders. Es fehlt an einer Perspektive für den jungen Mann. Nur wenn er mit seinem besten Freund Jay (Percelle Ascott) umherzieht, in die Häuser reicher Menschen einbricht und dort die Nachricht „I Came By“ hinterlässt, fühlt er sich wirklich frei und lebendig. Und selbst das soll nun ein Ende haben: Jay erwartet ein Kind und beschließt daher, in Zukunft keine dieser riskanten Touren mehr machen zu wollen. Als Toby notgedrungen allein bei Hector Blake (Hugh Bonneville) einsteigt, um sein Markenzeichen zu hinterlassen, macht er eine furchtbare Entdeckung. Aber wer würde jemandem wie ihm schon glauben?

Rückkehr eines vielversprechenden Talents

Als der britisch-iranische Regisseur und Drehbuchautor Babak Anvari 2016 mit Under the Shadow sein Langfilmdebüt gab, war die Begeisterung groß. Die Kombination aus klassischem Horror und Zeitporträt des Irans in den 80er-Jahren war ein atmosphärisches und inhaltliches spannendes Glanzstück, das zu Recht von Festival zu Festival weitergereicht wurde. Entsprechend groß waren die Erwartungen bei seinem zweiten Werk Wounds. Dieses war zwar ebenfalls sehr stimmungsvoll, ließ aber so viele verwirrt – und enttäuscht – zurück, dass die so vielversprechende Karriere irgendwie schon wieder zu Ende sein scheint. Zumindest ist es auffällig, wie wenig Beachtung sein dritter Film I Came By im Vorfeld erhielt. Es wurde kaum Werbung dafür gemacht, der Netflix-Film wurde auf keinem Festival gezeigt. Und das trotz eines prominenten Ensembles.

Dabei versucht Anvari hier einmal etwas völlig anderes. So verabschiedet er sich vom Horrorgenre, das man mit seinem Namen verbindet. Stattdessen wendet er sich dem Thrillergenre zu. Die Geschichte ist auch deutlich herkömmlicher, als man es von ihm erwartet. Wenn in I Came By ein junger Mann, der das mit den Gesetzen nicht so eng sieht, bei einem Einbruch eine schreckliche Erfahrung macht, schreiben sich die Vergleiche quasi von selbst. Da wäre der Kassenerfolg Don’t Breathe beispielsweise, der es sogar auf einen zweiten Teil brachte. Und auch Bad Samaritan – Im Visier des Killers darf einem an der Stelle einfallen. Dort brachte ein Einbruch die Erkenntnis mit sich, dass ein distinguierter, angesehener Mann in Wahrheit ein brutaler Serienmörder ist.

Idiotisch und beeindruckend böse

Die Enttäuschung darüber, dass I Came By eine derart konventionelle und oft erzählte Geschichte auspackt, macht aber diversen Irritationen Platz. Manche davon sind von einer negativen Art, wenn sich die Figuren mal wieder auf eine dümmstmögliche Weise verhalten. Klar, zu einem gewissen Grad gehört das in Genrebeiträgen dazu. Hier wird es aber wieder so grotesk, dass man sich fragt, ob der Film nicht vielleicht doch eine Satire sein soll. Überhaupt: Die Geschichte ergibt an vielen Stellen keinen Sinn. Das schließt den Antagonisten mit ein, dem eine bizarre Vorgeschichte mit auf den Weg gegeben wird. Die ist so sehr an den Haaren herbeigezogen, dass die durchaus vorhandene gesellschaftliche Komponente des Films völlig wirkungslos verpufft. Dass Anvari und seine Co-Autorin Namsi Khan etwas aussagen wollten, ist unbestritten. Es gelingt ihnen nur nicht auf eine Weise, die über Plattitüden hinausgeht.

Und doch gibt es zwei Gründe, weshalb man sich den Film trotz allem anschauen kann. Zum einen nimmt die Geschichte einen anderen Verlauf, als die meisten es vorab erwarten dürften. Ohne zu viel verraten zu wollen, das Drehbuchduo ist deutlich kaltschnäuziger als andere, wenn es darum geht, die Handlung voranzutreiben. Außerdem ist da noch Hugh Bonneville. Der beispielsweise aus Paddington oder kürzlich Downton Abbey II: Eine neue Ära bekannte Brite gibt hier eine unerwartet böse Seite von sich preis. Seine Figur ist auf eine derart beeindruckende Weise widerwärtig und menschenverachtend, dass man seine diversen anderen Auftritte auf einmal mit anderen Augen sieht. Einen ähnlich großen Eindruck hinterlässt der Rest des Films nicht. Zwar ist der Thriller durchaus solide und muss sich vor thematisch ähnlichen Werken kaum verstecken. Angesichts des versammelten Talents vor wie hinter der Kamera hätte man aber schon mehr erwarten dürfen.

Credits

OT: „I Came By“
Land: UK
Jahr: 2022
Regie: Babak Anvari
Drehbuch: Babak Anvari, Namsi Khan
Musik: Isobel Waller-Bridge
Kamera: Kit Fraser
Besetzung: George MacKay, Kelly Macdonald, Hugh Bonneville, Percelle Ascott, Varada Sethu, Franc Ashman

Bilder

Trailer

Weitere Netflix Titel

Ihr seid mit I Came By schon durch und braucht Nachschub? Dann haben wir vielleicht etwas für euch. In unserem Netflix-Themenbereich sind alle Original-Produktionen gelistet, unterteilt nach Spielfilm, Serie, Doku und Comedy. Unten findet ihr alle Netflix-Titel, die wir auf unserer Seite besprochen haben.

A
B
C
D
E
F
H
I
L
M
P
S
T
W

Kaufen / Streamen

Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.




(Anzeige)

I Came By
Fazit
„I Came By“ beginnt recht konventionell, wenn ein Sprayer illegal bei einem Richter einsteigt und dort eine schreckliche Entdeckung macht. Dafür wird es später umso absurder. Da der Thriller einige Erwartungen unterwandert und der Antagonist beeindruckend böse gespielt ist, kann man hier schon reinschauen. Bei so viel Talent vor wie hinter der Kamera hätte man aber schon mehr erwarten dürfen.
Leserwertung625 Bewertungen
5
6
von 10