Die Zeit der Corona-Pandemie hat die unterschiedlichsten Veränderungen und Erfahrungen für die Menschen bedeutet. Ein paar wertvolle Erkenntnisse konnten gewonnen werden, auf vieles hätten wir hingegen verzichten können. Ganz weit oben auf der Liste der „hätte ich nicht unbedingt gebraucht“ waren die wochenlangen, teils monatelangen Lockdowns, in denen man die eigene Wohnung nicht mehr verlassen durfte. Da wurde selbst der Gang zum Supermarkt oder das Gassigehen zum Höhepunkt, während wir darum kämpfen mussten, nicht die vier Wände hochzugehen. Was aber, wenn wir diesen Lockdown nicht in der Heimat erdulden mussten, sondern ganz woanders waren? Von eben einer solchen Erfahrung berichtet Namaste Himalaya – Wie ein Dorf in Nepal uns die Welt öffnete.
Gestrandet in Nepal
Genauer schildern Anna Baranowski und Michael Moritz in dem Dokumentarfilm bzw. dem begleitenden Buch, wie sie nach Nepal reisten mit dem Ziel, Land und Leute kennenzulernen. Und dann kam Corona. Plötzlich ging nichts mehr. Alles wurde abgeriegelt. Die zwei durften praktisch nirgendwo mehr hin. Die Bevölkerung, sonst eigentlich für Gastfreundschaft bekannt, betrachtete die beiden plötzlich als Eindringlinge, die man auf Abstand halten musste. Man weiß ja nie, ob die nicht doch auch krank sind. Vor allem zu Beginn der Pandemie, als niemand nichts wusste und alle Maßnahmen aus dem Bauch heraus getroffen wurden, bekamen sie dieses Misstrauen der Menschen zu spüren. Aus dem freundlichen „Namaste“ wurde ein „Namaste Corona“, wie sie erzählen.
Das klingt erst einmal ziemlich traurig. So wie vieles, was diese Pandemie hervorgebracht hat, traurig war. Ganz so schlimm wird es in Namaste Himalaya dann aber doch nicht. Zum einen ist ein Aufenthalt in einem Bergdorf in Nepal nicht ganz mit dem zu vergleichen, wenn man nicht mehr aus einer engen Stadtwohnung raus darf. Den beiden Gestrandeten ist dann doch noch die Natur geblieben, die sie zwar nur eingeschränkt nutzen durften, die aber ähnliche klaustrophobische Koller wie hierzulande unwahrscheinlich macht. Tatsächlich lockt der Dokumentarfilm mit zahlreichen sehr schönen Aufnahmen, bei denen man meinen könnte, sie wären vom dortigen Tourismusbüro in Auftrag gegeben worden.
Eine allmähliche Annäherung
Außerdem hat ein Lockdown immer auch ein Ende, ein bisschen zumindest. Die Unsicherheiten nehmen mit der Zeit ab, die Leute lernen, mit der Situation umzugehen. Und sie lernen eben auch aufeinander zuzugehen. Namaste Himalaya erzählt von einer kulturellen Begegnung, die irgendwann auch Abgründe überwindet. Die Menschen zusammenschweißt, die sich zuvor nicht kannten. Anna und Michael werden Teil einer Gemeinschaft, lernen doch noch Land und Leute kennen, so wie sie es geplant haben. Sie tun es nur in einem völlig anderen Kontext und mit größeren Anlaufschwierigkeiten. Ein weiterer Unterschied ist ein großes Unglück, das sich irgendwann ereignet und die Bevölkerung hart trifft. Wo die meisten Reisedokus im idealisierenden Influencer-Stil betonen, wie wahnsinnig toll alles ist, da wird hier offen das Schlechte thematisiert.
Ansonsten gleicht Namaste Himalaya besagten Dokus aber natürlich schon sehr. Wie die meisten anderen auch handelt es sich um eine Art Tagebuch, welches die fremde Kultur beschreibt. Gleichzeitig bleibt der sehr persönliche Blick auf das Land: Es geht darum, wie sich die Reisenden selbst fühlen, wenn sie dort unterwegs sind. Wer diese Art Filme mag, für den gibt es hier Nachschub, auf den man während Corona lange verzichten musste. Wer diesen Dokus hingegen grundsätzlich wenig abgewinnen kann, weil es oft mehr um die Ausländer und Ausländerinnen geht als die Einheimischen, den wird diese Ausgabe trotz der veränderten Rahmenbedingungen vermutlich auch nicht überzeugen.
OT: „Namaste Himalaya“
Land: Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Anna Baranowski, Michael Moritz
Kamera: Anna Baranowski, Michael Moritz
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