In Granite City regieren das Verbrechen, die Armut und die Hoffnungslosigkeit. So zumindest kommt es dem Teenager Sam (Javon Walton) vor, der mit seiner Mutter in einer viel zu kleinen Wohnung zusammen lebt. Einer seiner wenigen Hoffnungsschimmer sind die Comics und Geschichten um den Superhelden Samaritan und dessen Kämpfe gegen seinen Erzfeind und Bruder Nemesis, die vor vielen Jahren in einem letzten Gefecht mündeten, nach dessen Ausgang der Held vom Erdboden verschwand. Auch wenn alle sagen, Samaritan sei damals gestorben, glaubt Sam, dass der Superheld sich unter den Bewohnern der Stadt nur versteckt. Als er eines Tages von einer Gruppe Halbstarker überfallen und wenig später von seinem kauzigen Nachbarn Joe Smith (Sylvester Stallone) gerettet wird, meint er in ihm den verschwundenen Superhelden zu erkennen. Nun lässt Sam nicht mehr locker und folgt Joe auf Schritt und Tritt, wobei dieser energisch beteuert, nicht Samaritan zu sein und erst recht kein Superheld.
Parallel verschärfen sich die Zustände in den Straßen der Stadt und es kommt zu Ausschreitungen sowie zu Anschlägen. Als dann auch noch mit Nemesis der Erzfeind Samaritans wieder auftaucht, laut verkündend, er werde das Establishment Granite Citys zu Fall bringen, steht die Stadt vor der schlimmsten Krise ihrer Geschichte. Um jedoch seinen Triumph vollständig zu machen, fordert Nemesis seinen alten Feind auf, sich endlich wieder ins Licht der Öffentlichkeit zu trauen, sodass sie jenen Kampf vollenden können, den sie vor vielen Jahren begonnen haben.
Ein Superheld mit Verspätung
Auch wenn die Geschichte von Samaritan sich wie die Verfilmung einer bereits bestehenden Comicreihe anhört, hatte Drehbuchautor Bragi F. Schutz mit den Comics rund um die Helden der Geschichte erst im Anschluss an das fertige Skript begonnen. Richtig Fahrt nahm die Produktion vor allem durch die Besetzung Sylvester Stallones in der Hauptrolle auf, dessen Firma Balboa Productions ebenso eine der Produzenten des Projekts ist, welches nach vielen Verschiebungen auf Amazon Prime Video zu sehen sein wird.
Mittlerweile ist jedes Multiplexkino dank des Überangebots seitens Marvel und DC mit einer ganzen Reihe an Produktionen ausgestattet, sodass es im Bereich der Comicverfilmung oder des Superheldengenres nur noch wenig gibt, was einen Zuschauer überraschen dürfte. In seiner Geschichte versucht Schutz dennoch einen anderen Ansatz zum Genre zu finden, der sich zwar bei dessen Konventionen bedient, aber zugleich die Erwartungen des Zuschauers unterwandert. Vergleichbar ist dies beispielsweise mit Joko Anwars Gundala oder Valentine – The Dark Avenger von Ubay Fox und Agus Pestol, die ebenso an das Genre anzuknüpfen versuchten, ohne aber den Vorteil einer bereits im Vorfeld bekannten IP zu haben. Dafür jedoch zeigt der Film seinen Helden als Underdog, als einen Typen, dem man nicht mehr sehr viel zutraut und welcher in erster Linie das Vertrauen in sich selbst gewinnen muss, was eine Rolle ist, die Stallone seit Rocky und Rambo wie kein Zweiter beherrscht.
Der Glaube an die alten Mythen
Überhaupt mag man als Referenzen diese bekannten Figuren aus dem Repertoire Stallones nehmen, denn auf diesen Anspielungen ruht sich die Geschichte von Samaritan oft aus. In diesem Falle ist es das Alter, auf welches immer wieder verwiesen wird, und welches als Pointe vieler Witze und Sprüche dient, die Joe Smith über sich ergehen lassen muss. Dabei ist er, wie auch Rocky Balboa, eine Metapher für eine Gemeinde, die ihre Hoffnung verloren hat und deren Welt in Arbeitslosigkeit, Verbrechen und Brutalität versinkt. Das tief unter der Kapuze versteckte Gesicht Stallones verdeutlicht diese Zerschlagenheit und Resignation angesichts eines Prozesses, der nicht mehr aufzuhalten ist. Von daher ist es auch wenig verwunderlich, dass vor allem Stallone durch sein stoisches, wortkarges Spiel Samaritan sehenswert macht.
Die Geschichte Schuts, kombiniert mit den Bildern von Kameramann David Ungaro sowie der Inszenierung Julius Averys (Operation: Overlord) betont immer wieder das Szenario einer Welt, deren Helden nur noch eine ferne Erinnerung sind. Stets ist es dunkel, regnerisch und dreckig in dieser Stadt, und die Figuren wirken wie gefangen in diesem Albtraum. Nur noch der Held, oder der Glaube an dem mit ihm verbundenen Mythos, kann das rettende Licht sein, was nicht unbedingt neu ist innerhalb des Genres, aber zumindest in dieser Form ansprechend erzählt und inszeniert ist.
OT: „Samaritan“
Land: USA
Jahr: 2022
Regie: Julius Avery
Drehbuch: Bragi F. Schut
Musik: Jed Kurzel, Kevin Kiner
Kamera: David Ungaro
Besetzung: Sylvester Stallone, Javon Walton, Pilou Asbæk, Dascha Polanco, Moises Arias
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