
Eigentlich ist Paul Stoever (Manfred Krug) gerade gut beschäftigt mit seinem Englischkurs. Schließlich will er seine neue Freundin beeindrucken. Doch dann funkt ihm ein Mordfall dazwischen: Auf einem Campingplatz wurde die Leiche eines Mannes gefunden, der zuvor von unbekannt gefesselt wurde. Kommissar Peter Brockmöller (Charles Brauer) überredet seinen Kollegen daher dazu, sich undercover auf dem Campingplatz umzusehen. Inkognito als angeblicher Barpianist unterwegs, lernt Stoever so rasch jede Menge eigenartiger Menschen kennen, die den Campingplatz als dauerhaften Wohnort nutzen. Doch hat einer von ihnen auch die Tat begangen? Und falls ja, aus welchem Motiv?
Der Campingplatz als eigene Welt
Auch wenn bei Krimis natürlich in erster Linie der Fall darüber entscheidet, ob er sehenswert ist oder nicht, dann und wann hat auch das Setting einen großen Anteil daran. Wenn eine Geschichte an einem ungewohnten oder ungewöhnlichen Ort spielt, kann auch das zum Vergnügen beitragen. So finden sich beim deutschen Tatort immer mal wieder Beispiele, wie das Drumherum für frischen Wind sorgt. Bei Stau war es der titelgebende Stau, während dem ein Verbrechen aufgeklärt werden musste. Wunder gibt es immer wieder wurde durch das stimmungsvolle Nonnenkloster zumindest ins Mittelmaß gerettet. Bei Undercover-Camping wiederum wird ein Campingplatz zum Mittelpunkt der Ermittlungen.
Dabei ist es weniger der Ort an sich, der den 374. Teil der ARD-Krimireihe auszeichnet. Vielmehr beschreibt der Film hier eine eigene kleine Welt, die von kuriosen Menschen bevölkert ist. Hier sind es eben keine Urlauber und Urlauberinnen, die mal für ein paar Tage ausspannen wollen und irgendwie in die Sache hineinrutschen. Stattdessen lernt Stoever in Tatort: Undercover-Camping lauter Leute kennen, die den Campingplatz als dauerhafte Heimat für sich entdeckt haben. Diese Aussteiger erweisen sich als eine feste Gemeinschaft, die mit der Welt da draußen nur hin und wieder Kontakt hat. Also gilt es erst einmal deren Vertrauen zu gewinnen – was am besten geht, wenn man einer von ihnen wird.
Ein bisschen Spaß muss sein
Solche Undercover-Aktionen gibt es in Krimis immer wieder mal. Die Zwei macht das bekanntlich jede Woche, mit wechselnden Ergebnissen. In Tatort: Undercover-Camping macht es dabei durchaus Spaß, in diese Welt einzutauchen. Drehbuchautor Michael Illner nutzt die Gelegenheit, um immer wieder humorvolle Momente einzubauen. Nicht alle davon sind geglückt. So ist die Nebenhandlung um Stoevers Versuche Englisch zu lernen eher anstrengend. Auch die gelegentlichen Gesangseinlagen hätten nicht unbedingt sein müssen. Im Großen und Ganzen ist der Film aber durchaus vergnüglich, wenn die Suche nach dem Mörder mit einer leichten Kauzigkeit einhergeht. Auch die Auseinandersetzungen der beiden Kommissare tragen zum Vergnügen bei. Hier kann man sich ganz gut zurücklehnen und einen netten Abend haben.
Der Kriminalfall an sich rückt dabei zuweilen etwas in den Hintergrund, so wie es auch bei den humorvoller ausgerichteten Teilen aus Münster oder Weimar zuweilen vorkam. Die Auflösung selbst kommt auch mehr oder weniger aus dem Nichts. Wer Krimis schaut, um selbst das Rätsel zu knacken, hat hier keine große Chance. Grübeln darf man natürlich schon. Insgesamt ist Tatort: Undercover-Camping aber ein Genrevertreter, der stärker von den Figuren und den jeweiligen Interaktionen lebt. Sofern man damit leben kann, dass das hier alles nicht so ganz ernst ist und Spannung nicht an oberster Stelle auf der Prioritätenliste stand, darf rund ein Vierteljahrhundert später noch immer dem Campingplatz einen Besuch abstatten. Und wenn es nur für 90 Minuten ist.
(Anzeige)