Als der namenlose Mann (Jeremy Childs) eingeliefert wird, scheint der Fall klar zu sein: Er hat sich das Leben genommen, indem er sich die Pulsadern aufgeschlitzt hat. Zur großen Überraschung der Beschäftigten in dem Krankenhaus wacht der vermeintlich Tote jedoch wieder auf. Während noch darüber gerätselt wird, wie es zu dieser Wiederauferstehung kommen konnte, gilt es noch eine ganz andere Frage zu klären: Wer ist das überhaupt? Der Psychiater Daniel Forrester (Shane Carruth), der den ziellos umherirrenden Mann findet, nimmt sich dieser Aufgabe an, die sich als deutlich schwieriger herausstellt als gedacht. Nicht nur, dass der Fremde sich an nichts erinnern kann und deshalb auch nicht weiß, was ihn an den Ort gebracht hat. Es ereignen sich zudem eine Reihe seltsamer Vorkommnisse …
Wenn Totgesagte zurückkommen
Auch wenn man sich das manchmal wünschen würde, dass ein Verstorbener wieder zum Leben erwacht: In Filmen ist das meistens keine sehr erfreuliche Sache. Ob nun Zombies oder Vampire, Untote sind keine besonders angenehmen Zeitgenossen. Auch Frankensteins Monster gehört zu den Klassikern des Horrorgenres. Insofern dürften nur wenige davon überrascht sein, wenn auch in The Dead Center die Rückkehr eines Totgesagten Ärger bedeutet. Es dauert zwar eine Weile, bis der Film tatsächlich loslegt und das Publikum mitansehen darf und muss, welche Folgen das Auftauchen des suizidalen John Does hat. Aber schon vorher befällt einen das ungute Gefühl, dass der Mann besser noch etwas länger tot geblieben wäre.
Das ist aber auch das Einzige, was von Anfang an klar ist. Regisseur und Drehbuchautor Billy Senese setzt bei seinem dritten Spielfilm stark auf eine Mystery-Atmosphäre und hofft darauf, dass das Publikum allein der Neugierde wegen dranbleibt. Die Chancen stehen nicht schlecht. Das Motiv der Figur, die an Amnesie leidet und deren Vorgeschichte mit der Zeit enthüllt wird, kommt im Thrillerbereich bekanntlich immer wieder gern zum Einsatz. Zuletzt griffen etwa The Girl In The Water und Carter darauf zurück, um auf diese Weise Spannung zu erzeugen. Der Unterschied: Bei The Dead Center ist der Erinnerungslose nicht die Hauptfigur. Stattdessen steht der Psychiater, der dieses Rätsel zu lösen versucht, im Mittelpunkt und muss dabei nicht nur mit fremden Mächten, sondern auch eigenen Dämonen kämpfen.
Atmosphärisch mit Längen
Wer sich für ungewöhnliche Genrebeiträge interessiert, könnte dessen Schauspieler kennen. Niemand Geringeres als Shane Carruth, der mit seinen Regiearbeiten Primer und Upstream Color zu einer Sensation in Indie-Kreisen wurde, verkörpert den kriselnden Psychiater. Wer deshalb bei The Dead Center einen ähnlich fordernden Mindfuck erwartet, der wird jedoch enttäuscht. Senese ist im Vergleich zu seinem Kollegen dann doch der deutlich konventionellere Filmemacher. Wo man bei Carruth noch Stunden nach dem Anschauen nicht bis ins letzte Detail sicher sein kann, was genau man eben gesehen hat, da ist dieser Film doch deutlich einfacher zu verdauen und zu deuten. Seitenlange Interpretationsversuche wird man eher nicht im Internet finden.
Für sich genommen ist aber auch der schauspielerische Auftritt Carruths sehenswert. Immer wieder gibt es in The Dead Center geschickt inszenierte Schauermomente, etwa durch den Einsatz der Soundkulisse oder unerwartete Bilder. Und auch die Beschäftigung mit psychischen Erkrankungen ist ein Grund, weshalb man hier durchaus mal reinschauen kann. Wie so oft im Horrorbereich kann man sich nie ganz sicher sein, was eigentlich real ist. Gleichzeitig hat der Film schon so seine Längen und tut sich etwas schwer mit der Landung zum Schluss. Das erhoffte Highlight ist die Rückkehr des Toten dadurch nicht. Sie bietet aber zumindest genug, um sich in der Flut an Horrortiteln behaupten zu können, die ständig über uns hereinbricht.
OT: „The Dead Center“
Land: USA
Jahr: 2018
Regie: Billy Senese
Drehbuch: Billy Senese
Musik: Jordan Lehning
Kamera: Andrew Duensing
Besetzung: Shane Carruth, Poorna Jagannathan, Jeremy Childs, Bill Feehely
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