In der Stadt Scranton, im US-Bundesstaat Pennsylvania unterhält die Firma Dunder Mifflin Paper Company eine ihrer vielen Zweigstellen, geführt von Manager Michael Scott (Steve Carell), der sich weniger als Boss sieht, sondern mehr als eine Art Kumpel und Entertainer für seine Belegschaft, was nicht selten zu Rollenkonflikten und anderen peinlichen Situationen führt. Innerhalb der Angestellten hat er den meisten Kontakt zu seinem Assistenten Dwight Kurt Schrute (Rainn Wilson), der alles befürwortet, was Scott ihm sagt oder was er tut, in der Hoffnung eines Tages dessen Posten zu haben. Nicht selten verschärft dies die bereits angesprochenen Konflikte, vor allem die mit Vertriebsmitarbeiter Jim Halpert (John Krasinski). Dieser sitzt Dwight gegenüber und leistet sich schon seit seinem ersten Tag einen erbitterten Kampf mit ihm. Nicht nur macht es ihm Schrutes Pedanterie und Kauzigkeit teilweise unmöglich, überhaupt ein Verkaufsgespräch zu führen. Er spielt ihm außerdem, wie auch anderen Mitgliedern des Teams, immer wieder Streiche. So taucht er deren Locher oder Kaffeebecher in Götterspeise, oder stellt diese in einen der Snackautomaten der Firma. Einzig und allein Pam Beesly (Jenna Fischer) bleibt von diesen Streichen verschont, hat Halpert doch ein Auge auf sie geworfen, auch wenn er meint gegen ihren Verlobten keine Chance zu haben. Dafür ist die Empfangsdame meist die erste Zielscheibe jener Tiraden oder Sprüche, die Scott für witzig hält oder die er gerade im TV oder im Internet gesehen hat. Zudem findet sie sich als eine Art Vermittlerin wieder, die zwischen ihrem Vorgesetzten und der oberen Firmenleitung vermitteln muss, wenn diese einmal mehr nach Scranton fahren muss, weil es Beschwerden über Michael gab.
Allein in den ersten Folgen der ersten Staffel muss sich Scotts Team einem Toleranztraining unterziehen, nachdem eine von Michaels „Comedy“-Routinen, bei der er den afroamerikanischen Komiker Chris Rock imitiert hat, nicht gut ankam und als unsensible oder gar rassistisch aufgenommen wurde. Darüber hinaus erreicht das Team die Neuigkeit, Dunder Mifflin habe vor, einen Standort einzusparen, was zu größeren Sparmaßnahmen sowie einigen Kündigungen führt, was Michael lieber anderen überträgt oder gar ganz ignoriert, soll doch nichts seinen Ruf als „Freund zuerst und Chef danach“ angreifen.
Ein Start mit Hürden
Obwohl die Serie nur zwei Staffeln lief, konnte sich The Office, nach seiner Ausstrahlung auf BBC Two und BBC One, eines immer größer werdenden Fankreises erfreuen, der sich noch erweitern würde, als die Serie weit über die Grenzen Großbritanniens ausgestrahlt wurde. Die Idee für die Show kam den Regisseuren und Drehbuchautoren Ricky Gervais und Stephen Merchant während eines Sketches, in dem Gervais den Zuschauern einen Vorgeschmack auf die Figur des David Brents, dem Manager einer Zweigstelle für eine Papierbedarfsfirma, geben sollte. The Office wurde in der britischen Heimat mit zahlreichen Auszeichnungen, unter anderem dem British Comedy Award, geehrt, was dazu führte, dass die Grundidee der Serie auch in andere Länder übertragen wurde, unter anderem in die USA. Für den US-amerikanischen Gegenpart zu The Office treten Merchant und Gervais nunmehr nur noch als Produzenten auf, wohingegen Komiker und Schauspieler Steve Carell die Rolle des unsensiblen Vorgesetzten spielt und die Handlung in die USA verlegt wurde. Nach anfangs gemischten Kritiken, akzeptierten sowohl die Zuschauer als auch die Kritiker die Serie, die in der Folge mit Golden Globes, Emmys und Screen Actors Guild Awards geehrt wurde, und die nach nunmehr neun Staffeln im Jahre 2013 ihr Finale ausstrahlte.
Mittlerweile ist die Serie nicht nur auf Netflix zu sehen, sondern zudem in einer jüngst erschienen Gesamtbox aus dem Hause Turbine Medien zu bekommen, sodass man sich als Fan noch einmal die einzelnen Folgen ansehen kann oder eben – was sicherlich noch viel schöner ist – neue Fans gewinnen kann für eine Serie, deren Bissigkeit, Besetzung und Drehbücher durchaus Alleinstellungsmerkmale darstellen innerhalb der unübersichtlichen Comedy-Landschaft. Wie das britische Original verfolgt die Serie über ihre neun Staffeln hinweg das Prinzip der Mockumentary, also einer Dokumentation, die über das Leben in einem Büro wie dem von Scott geführten, gedreht wird. Im Gegensatz zur klassischen Sitcom, wie man die beispielsweise noch bei Friends, How I Met Your Mother oder The Big Bang Theory sehen kann, ergeben sich durch diese Herangehensweise einige sehr interessante Neuerungen, die besonders in der US-amerikanischen Version von The Office zum Tragen kommen.
Da die Autoren wesentlich mehr Zeit hatten, Ideen auszuspielen und zu testen, wird die Kamera immer auch Zeuge von Zuständen, Abläufen oder eben Ereignissen, die nicht für die Nachwelt gedacht waren. Auch der Zuschauer wird immer wieder zu einem Komplizen für die Ideen und Aussagen der Figuren, was mehr als einmal das Publikum zu Momenten bringt, bei denen das Lachen mit einer Spur von Peinlichkeit gemischt ist. Wir sehen, dass jemand wie Scott alles andere als witzig ist oder sich Jim als der coole Typ gegenüber Pam verkaufen will. Doch in der Praxis gehen ihre Vorhaben, wie man sich bereits vorher bewusst war, nach hinten los. Teils ist dies ein Lachen über die Figuren, oder die Werte, die sie repräsentieren. Andererseits zeigt diese Komik Menschen, die nicht aus ihren Rollen herauskommen und gebunden sind an Hierarchien und jene Vorgaben, die man ihnen diktiert hat.
Die Hierarchien einer Firma
Anlässlich des sechzehnjährigen Jubiläums der Ausstrahlung der ersten Episode des britischen Originals erklärte Ricky Gervais in Interviews, die Inspiration für David Brent, der Figur, auf welcher Carells Michael Scott basiert, sei nicht bloß einer, sondern gleich mehrere Manager oder Vorgesetzte gewesen. Als Jugendlicher habe er sich bei einer Zeitarbeitsfirma beworben und so mehrere Jobs angeboten bekommen, nicht zuletzt bei vielen Chefs, die sogleich eine Art Kumpelverhältnis zu dem jungen Gervais herstellen wollten, samt einer ganzen Reihe von albernen Gesten oder Tiraden, welche der Komiker später zu seinem festen Repertoire machte, wenn er solche Figuren spielen musste. Bei all der Komik wird man nicht den Rahmen vergessen können, der den Kontext sowohl für das britische Original als auch die US-amerikanische Version von The Office liefert, nämlich jene Art des Bürokomplexes, die viele von uns nur allzu gut kennen.
Es sind klassische, der modernen Arbeitswelt entnommene Verhältnisse, die The Office abbildet, zusammen mit eben jenen Menschen, die man in einem solchen Kontext kennenlernt. Wenn Schrute mit einem Holzlineal die Büroutensilien seines Gegenübers Halpert auf dessen Schreibtisch zurückschiebt und auf dessen genervte Frage, was dies solle, damit argumentiert, er habe lediglich seinen Arbeitsbereich abstecken wollen, dann verweist dies auf jene Strukturen, über die man zugleich eingeladen wird zu lachen. Die Komik ist damit eine Form des Wiedererkennens, denn auf einmal sind sie wieder da, jene Grabenkriege und Kämpfe um Zuständigkeiten, mit Persönlichkeiten, mit denen man zusammenarbeiten muss, obwohl man dafür nicht geeignet ist und dies auch gar nicht will.
Mehr als einmal führt die Revolte gegen diese Hierarchien zu Konflikten, die im Kleinen beginnen und schließlich immer weitergehen. Ähnlich dem Aufstand gegen die gottgegebene Ordnung im antiken Drama wird im Kontext des Großraumbüros geahndet, sobald man sich außerhalb seiner Bestimmungen bewegt. Als der bereits erwähnte Schrute damit beauftragt wird, einen Gesundheitsplan für die Belegschaft zu erstellen (eine Aufgabe, die Scott – ganz im Sinne der Hierarchie – nach weiter unten abgelegt hat), darf er im Konferenzraum arbeiten. Seine Aussage, er habe nun ein eigenes Büro wird vor allem von Jim mit der umständlichen Phrase beantwortet, er habe lediglich einen „temporären Arbeitsraum“ (temporary workspace) erhalten und solle sich nicht so aufspielen. Der Triumph des Menschen, der sich immer wieder sehr viel herausnimmt und sich in der Folge mehrmals überschätzt, wird zu einem Quell des Komik, das Lachen zu einer Rückversicherung, dass er bald schon wieder an seinem alten Platz sitzen, wohl aber aus der Situation an sich wenig gelernt haben wird.
Rollenkonflikte
The Office, sowohl im Original als auch in der US-amerikanischen Variante, ist ein großes Ensemblestück. Gerade bei den Auszeichnungen stand zwar meist Carell im Vordergrund, was sehr viel für seine Karriere als Darsteller getan hat, doch dies sollte keinesfalls den Blick verstellen für den Rest der Besetzung, von denen insbesondere die bereits erwähnten John Krasinski, Rainn Wilson und Jenna Fischer zu nennen sind. Darüber hinaus haben Darsteller wie B. J. Novak, Ed Helms, Amy Ryan, Mindy Kaling, Craig Robinson, James Spader, Ellie Kemper und Catherine Tate einige denkwürdige Auftritte innerhalb der Serie. Bedenkt man die Besetzung eines Büros erkennt eine solche Ensembleleistung die Realität des modernen Großraumbüros an, innerhalb derer, wie es Jim Halpert einmal erklärt, man sich an nichts und niemanden gewöhnen sollte, da Kollegen und Kolleginnen kommen und bald auch schon wieder gehen. Die Ironie, die ihm zu entgehen scheint, ist jedoch, dass gerade jene Menschen, die betonen, keinerlei emotionale Bindung zu ihrem Job zu haben und dies nur als eine temporäre Tätigkeit sehen, an ihrem Arbeitsplatz haften bleiben und, wie in Jims Fall, großes Engagement zeigen, wenn es um Geschäftsabschlüsse geht.
Dies führt zu dem wahrscheinlich interessantesten Aspekt der Serie, der eng verbunden ist mit der Abbildung von Hierarchien, nämlich den daraus entstehenden Rollenkonflikten. Carell, wie auch Gervais im Original, spielen Figuren, die ihre Rolle als Vorgesetzte in einer Art und Weise definieren, welche Konflikte unausweichlich macht. Während an erster Stelle der Freund, an zweiter der Boss und an letzter der Entertainer steht, kommt es naturgemäß zu einer Vermischung der drei Aspekte sowie einem internen Konflikt, kann man als Chef es sich doch nicht erlauben, am Arbeitsplatz auf der einen Seite lockere Witze zu machen, nur um einige Minuten später über die Entlassung von Kollegen zu sprechen. Gervais und Merchant, die an einigen der Episoden auch als Drehbuchautoren beteiligt waren, spielen letztlich auf die zermürbende Realität einer solchen Umgebung an, die eine solche Hierarchisierung, wie sie Scott vornimmt, einfach nicht erlaubt. Das Lachen wird mehr als einmal zu einem Entlarven, erkennt doch der Zuschauer ebenso diesen Irrtum und fühlt sich peinlich berührt, wenn Scott den Freund oder den Entertainer spielen will, wenn er gerade von seinen eigenen Vorgesetzten einen Rüffel bekommt, den er einfach nur zur Kenntnis nehmen sollte.
Insgesamt ist The Office, das britische Original wie auch die US-amerikanische Version, ein Verweis auf die Realität der modernen Arbeitswelt, die entlarvt wird. Die Komik und das Lachen erkennen diese Wirklichkeit an, bestätigen diese, aber lassen auch erkennen, welche Hindernisse im Weg stehen, wenn es darum geht, mit diesen Menschen, die einem vielleicht gegenüber sitzen und denselben Job machen wie man selbst, zu kommunizieren. Die Tatsache, dass dieses Format in viele Länder importiert wurde, und in Deutschland mit Stromberg sich eines ebenso großen Erfolgs bei Kritik und Publikum erfreute, zeigt, wie universell verständlich und genial die Grundidee ist, und zugleich wie zeitlos.
OT: „The Office“
Land: USA
Jahr: 2005-2013
Regie: Paul Feig, Randall Einhorn, Ken Kwapis, Greg Daniels, Jeffrey Blitz, Ken Whittingham, David Rogers, u.a.
Drehbuch: Greg Daniels, Daniel Chun, Mindy Kaling, Caroline Williams, Paul Lieberstein, Anthony Q. Farrell, B. J. Novak, u. a.
Musik: Jay Ferguson
Kamera: Matt Sohn, Randall Einhorn, Sarah Levy, Peter Smoker
Besetzung: Steve Carell, Rainn Wilson, John Krasinski, Jenna Fischer, B. J. Novak, Ed Helms, Amy Ryan, Mindy Kaling, Craig Robinson, James Spader, Ellie Kemper, Catherine Tate, Melora Hardin, Leslie David Baker, Brian Baumgartner
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