Untold The Girl Who Didnt Exist Netflix
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Untold: The Girlfriend Who Didn’t Exist

Untold The Girl Who Didnt Exist Netflix
„Untold: The Girlfriend Who Didn’t Exist“ // Deutschland-Start: 16. August 2022 (Netflix)

Inhalt / Kritik

Als die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel 2013 auf einer Pressekonferenz den Satz „Das Internet ist für uns alle Neuland.“ fallen ließ, war ihr der Spott in der Onlinewelt gewiss. Dieser kam hauptsächlich von Leuten, die tatsächlich keine Ahnung vom Internet hatten, sich dessen aber nicht bewusst waren, und aus allen Wolken fielen, als etwa herauskam, dass Facebook ihre Daten verkaufte. Die nicht fassen konnten, dass Algorithmen ihnen in ihrer Bubble vornehmlich vorurteilsbekräftigende Posts zeigen, welche sie immer weiter radikalisieren. Oder die vielleicht sogar einmal einer Person aufgesessen sind, die sich im Internet als jemand anderes ausgegeben und ihr Vertrauen erschlichen hat. Catfishing wird das genannt und kann praktisch jedem passieren. Ein prominentes Opfer davon war Manti Te’o, ein Linebacker der National Football League, der seine Naivität heute unter anderem damit erklärt, dass Catfishing um 2010 herum nicht bekannt war. Der Begriff selbst mag zwar tatsächlich erst zu dieser Zeit geprägt worden sein, aber wer sich mit dem Internet gut genug auskennt, um nicht über den Neuland-Spruch zu lachen, weiß, dass das Phänomen als solches bereits lange vorher gang und gäbe war.

Held, Betrüger oder Trottel?

Wer im Jahre 2009 das College Football verfolgt hat, wird kaum umhin gekommen sein, Manti Te’o auf dem Schirm zu haben. Der vielversprechende Hawaiianer bekam jeweils fünf Sterne von Rivals.com und Scout.com, sowie eine 93 von ESPN. Während sich viele Universitäten um ihn rissen und er überall hätte unterschreiben können, trat er dem Fighting Irish-Footballteam der University of Notre Dame bei. Bis zum Ende seiner College-Karriere im Januar 2013 hatte er eine beeindruckende Gesamtleistung erbracht. Als einer der höchstdekorierten Defensivspieler in der Geschichte des College-Footballs rangierte er weit oben in Kategorien wie meiste Tackles oder meiste aufeinanderfolgende Startmannschaftsaufstellungen. Darüber hinaus erhielt er seit September 2012 besondere Beachtung, als nicht nur seine Großmutter, sondern am selben Tage auch noch seine Freundin starb. Infolge eines Autounfalls hatte sich bei Untersuchungen herausgestellt, dass sie an Leukämie erkrankt war, welcher sie schließlich erlag. Da Manti ihr versprochen hatte, selbst dann weiterzuspielen, wenn ihr etwas passieren sollte, brach er sein Training entgegen des Ratschlages seines Coaches nicht ab, und spielte eine starke Saison zu Ende. Für die Medien war diese inspirierende Story natürlich ein gefundenes Fressen und Manti wurde für seinen Durchhaltewillen und seine Liebe in den Himmel gelobt. Die Medien habens gegeben, die Medien habens genommen: Als herauskam, dass die Freundin gar nicht existierte, war es komplett egal, dass Manti selbst völlig überrumpelt war – in den Augen der Medien und damit der Öffentlichkeit war er entweder selbst ein Betrüger oder ein Trottel, der auf einen Betrüger hereingefallen war.

Keine Spur von Reue

Über ein Jahr ist es nun her, dass Untold: Malice at the Palace auf Netflix erschien. Die Dokumentation bildete den Auftakt zu einer ganzen Reihe von Filmen mit der Prämisse, sich mit eher unbekannten Ereignissen in der Sportwelt zu beschäftigen. Nach den ersten fünf für sich stehenden Dokus herrschte erst einmal Pause, nun meldet sich Untold mit einem zweiteiligen Beitrag zurück. Nicht das einzige Novum: Untold: The Girlfriend Who Didn’t Exist fokussiert sich hauptsächlich auf talking heads, lässt dabei nicht nur die Opfer (vornehmlich Manti und seine Eltern) zu Wort kommen, sondern zu einem großen Teil auch den Täter. Zwar bekam auch schon in Untold: Deal with the Devil der nach seinem Mordversuch im Gefängnis sitzende Ehemann die Chance, seine Sicht der Dinge mitzuteilen, dabei handelte es sich jedoch um ein relativ kurzes Segment, während der Betrüger sich hier fast eben so lang äußern darf wie Manti selbst.

Jegliche Reuebekundungen scheinen dabei reines Lippenbekenntnis zu sein und sofort revidiert zu werden. „Tja na ja, da hab ich wohl gelogen mit dem Fakeprofil, aber ja nur bei Bild und Name, alles andere wie etwa Hobbys war ja die Wahrheit, also!“, „Ja war vielleicht nicht so ganz in Ordnung, was ich da gemacht habe, aber immerhin machte es mich glücklich, also!“, „Ich habe zwar seine Reputation ruiniert, aber meine motivierenden Worte als seine Freundin waren ja überhaupt erst dafür verantwortlich dafür, dass er so gut war, also!“ – diesem Schlag Mensch unwidersprochen eine Plattform zu bieten, will irgendwie nicht so zum Rest der Reihe passen und geht über reine Fairness hinaus. Zum Tatzeitpunkt waren alle Beteiligten noch ziemlich jung und auch wenn es objektiv ein zu verurteilendes Verhalten war, kann das schon mit reiner Naivität und fehlender Weitsicht erklärt (wenn auch nicht relativiert) werden. Aber sich zehn Jahre später vor die Kamera zu setzen und das alles immer noch in ein eigenes Narrativ zurechtzubiegen ist nicht ganz unwiderwärtig. Demgegenüber ist es sehr schön zu sehen, dass Manti mit sich im Reinen ist.

Lehren des Internets

Was den Production Value angeht, erfüllt Untold: The Girlfriend Who Didn’t Exist fraglos immer noch einen gewissen Mindeststandard, ist in dieser Hinsicht aber dennoch der bisher schwächste Beitrag der Reihe. Auch die mit zwei Folgen verdoppelte Laufzeit scheint nicht ganz angebracht, allerdings ist das Ende der ersten Episode ein absoluter „WTF?!“-Moment, und auch wenn Manti objektiv vorgeworfen werden kann, bis zu diesem Zeitpunkt viel zu gutgläubig gewesen zu sein, hätte das Gezeigte bei der großen Mehrheit in so einer Situation jegliche Skepsis zerstreut. Wer bis hierher durchgehalten hat, wird kaum umhin können, sich sofort die nächste Folge reinzuziehen.

Drei Lehren sollten aus der Doku beziehungsweise dem Vorfall gezogen werden: 1. Niemand – insbesondere nicht Leute, die davon überzeugt sind, sie wüssten es besser – ist so versiert im Umgang mit dem Internet, dass er nicht Opfer eines Betruges werden könnte. Es ist immer leicht, als Unbeteiligter auf andere herabzusehen, die vermeintlich offensichtliche Zeichen nicht richtig zu deuten wussten, aber selbst in so einer Situation zu stecken kann blind machen. 2. „There are no girls on the internet“, um einen beliebten Memespruch zu zitieren. Wer eine Beziehung mit jemandem führt, den er noch nie gesehen hat, führt im besten Fall keine echte Beziehung und ist im schlimmsten Fall Opfer eines Betruges. 3. Niemand sollte seine Meinung über einen anderen Menschen basierend darauf bilden, was die Medien über ihn zu sagen haben.

Credits

OT: „Untold: The Girlfriend Who Didn’t Exist“
Land: USA
Jahr: 2022
Regie: Ryan Duffy, Tony Vainuku
Musik: Brocker Way
Kamera: David Bolen

Bilder

Trailer

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Fazit
„Untold: The Girlfriend Who Didn't Exist“ beleuchtet den Fall eines vielversprechenden College-Footballers, der Opfer von Catfishing wurde und sich damit, dank freundlicher Unterstützung der Medien, landesweit lächerlich machte. Die Doku ist einer der schwächeren Beiträge der Reihe und räumt dem reuelosen Täter zu viel Rechtfertigungs-Screentime ein, sollte aber dennoch nicht nur bei damaligen Footballfans Anklang finden.
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