Eigentlich wollten Will (Gerard Butler) und Lisa (Jaimie Alexander) nur kurz an der Tankstelle Halt machen. Doch als Will wieder zurück zum Wagen kommt, fehlt von seiner Frau jede Spur. Niemand hat sie gesehen, weder bei der Tankstelle noch zu Hause. Bei den Eltern ist sie auch nicht aufgetaucht. Während Detective Paterson (Russell Hornsby) zunächst nicht viel von der Geschichte hält, zumal die Ehe der beiden zuletzt stark kriselte, ist Will überzeugt, dass sie jemand entführt haben muss. Aber weshalb? Und wer könnte dahinterstecken? Anstatt sich auf die Hilfe der Polizei zu verlassen und das Ergebnis der Ermittlungen abzuwarten, beschließt er, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und ist zu diesem Zweck zu allem bereit …
Eine doppelte Tortur
Es muss zu den schlimmsten Erfahrungen gehören, die man machen kann, wenn ein geliebter Mensch plötzlich spurlos verschwindet. Die Unsicherheit, was vorgefallen ist. Die Sorge, ob es der Person gutgeht und ob man sie noch einmal wiedersehen wird. Gerade die Hilflosigkeit wird zu einer Tortur, an der Betroffene zerbrechen können. Eine ganz andere Form der Tortur kann aber auch sein, einen Film über eine solche Situation zu drehen – zumindest wenn am Ende so etwas wie Chase herausspringt. Tatsächlich ist der Actionthriller eine derart grauenvolle Zumutung, dass man hier hofft, die Entführte wäre tot oder wirklich abgehauen. Alles, was dazu führt, dass die Suche zu einem Abschluss kommt und man sich in den Abspann retten darf.
Das Szenario an sich ist dabei natürlich schon in Ordnung. Das Publikum darf sich gemeinsam mit Will fragen, was da genau geschehen ist und – sofern ein Verbrechen vorliegt – wer dieses denn nun begangen hat. Chase ist aber an dem Mystery-Aspekt kaum interessiert. Da werden keine geheimen Verschwörungen aufgedeckt oder Geheimnisse aus dem Leben der Vermissten aufgedeckt. Auch auf eine große Zahl an Verdächtigen, aus denen man sich den Richtigen aussuchen muss, wurde verzichtet. So wird vergleichsweise früh klar, was los ist. Sowohl die Suche nach dem „wer“ wie auch dem „warum“ endet ernüchternd. Drehbuchautor Marc Frydman interessierte sich schlicht nicht dafür und tat nur das Nötigste, um seine Geschichte abzuschließen.
Fragwürdig und billig
Stattdessen steht bei dem Film, der „deutsche“ Titel Chase verrät es bereits, die Jagd auf den Täter im Vordergrund. Will kennt dabei kein Halten. Wenn es darum geht, seine Frau wiederzubekommen, scheren ihn so Nebensächlichkeiten wie Gesetze nicht. Wer ihm verdächtig ist, dem fügt er gleich Gewalt zu. Das Motto: erst prügeln, dann fragen! Das ist nicht nur moralisch etwas fragwürdig, wenn der Film immer mal wieder Selbstjustiz glorifiziert. Es ist auch anstrengend. Gerard Butler spielt mal wieder den harten Kerl mit viel Wut im Bauch und dem Charisma eines Backsteins. Ein Mann, der so unsympathisch ist, dass die eigenen Schwiegereltern ihm die Schuld geben. Was Lisa an ihm fand, wird zu keiner Zeit klar. Da können noch so viele Flashbacks eingebaut werden, die der Geschichte zu mehr Emotionalität verhelfen sollen: Das wird einfach nichts. Es macht die Sache nur schlimmer, da auf diese Weise das Tempo herausgenommen wird und die schauspielerischen Grenzen des Schotten zu deutlich sichtbar werden.
Bleibt nur die Hoffnung, dass die Actionszenen etwas herausreißen. Das tun sie aber zu selten. Hin und wieder gibt es zwar mal schön brachiale Momente, wenn sich Butler wie ein Bär auf seine Feinde schmeißt. Das reicht aber nicht wirklich aus, um den Rest auszugleichen. Zumal das alles katastrophal ausgeht: Wenn zum Ende hin Regisseur Brian Goodman (Black Butterfly: Der Mörder in mir) für einen richtigen Knalleffekt sorgen will, dann sieht das so billig aus, dass die Frage gestattet sein muss, ob vorzeitig das Budget ausgegangen war. Doch das Lachen bleibt einem im Hals stecken, wenn Chase im Anschluss die besagten Selbstjustiz-Anflüge noch einmal unterstreicht und zudem eine halbwegs mutige Entscheidung der Geschichte wieder einkassiert wird. Wer ein großer Fan des schottischen Darstellers ist, kann trotzdem reinschauen. Der Rest macht um dieses dreiste Debakel besser einen großen Bogen.
OT: „Last Seen Alive“
Land: USA
Jahr: 2022
Regie: Brian Goodman
Drehbuch: Marc Frydman
Musik: Sam Ewing
Kamera: Peter Holland
Besetzung: Gerard Butler, Jaimie Alexander, Russell Hornsby, Ethan Embry, Michael Irby, Cindy Hogan, Bruce Altman
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