Der Bauer und der Bobo

Kurt Langbein [Interview]

Regisseur Kurt Langbein (© Langbein und Partner)

Wer trägt die Schuld, wenn eine Touristin mit ihrem Hund eine Almkuh aufschreckt und dabei zu Tode kommt? Diese Frage beschäftigte nicht nur die Gerichte, sondern auch Florian Klenk, Herausgeber der österreichischen Wochenzeitung „Falter“, und den Bio-Bergbauer Christian Bachler. Der Bauer und der Bobo schildert, wie der Journalist den Bauer besucht und dabei einen Blick hinter die Kulissen der Landwirtschaft wirft. Zum Start der Doku am 29. September 2022 haben wir Regisseur Kurt Langbein ein paar Fragen gestellt.

Der Bauer und der Bobo erzählt, wie ein Chefredakteur und ein Bio-Bergbauer zusammenfinden. Wie wurden Sie Teil dieses Projekts?

Florian Klenk, den ich beruflich kenne – ich schreibe gelegentlich auch für Zeitschriften –, hat mir im Sommer 2020 von der Geschichte erzählt und mich gefragt, ob ich einen Film darüber machen will. Ich habe zuletzt etliche Dokumentarfilme zum Thema Landwirtschaft gemacht (Landraub, „Zeit für Utopien, Anders essen – Das Experiment,) und daher gezögert. Als ich aber von der drohenden Versteigerung des Hofes gehör habe, habe ich sofort zu drehen begonnen und nachträglich die Finanzierung des Filmes beim Österreichischen Filminstitut und beim ORF erreicht.

Welche Erkenntnisse haben Sie für sich aus der Begegnung gewonnen?

Für mich war es wunderbar und auch unterhaltsam, die beiden Kontrahenten, die zu Freunden wurden, zu begleiten. Sie stehen symbolhaft für die neue, direkte Beziehung zwischen Produzenten und Konsumenten, die wir brauchen, um die bäuerliche Landwirtschaft und die Natur zu erhalten.

Der Film spricht das allgemeine Problem an, dass die meisten Menschen keinen Bezug zur Landwirtschaft haben und deshalb die Nöte nicht verstehen können. Wie lässt sich dieses Bewusstsein schaffen?

Durch direkten Kontakt. Und – wie ich hoffe – durch Filme. Neue Genossenschaften mit direkten Beziehungen zwischen Bauern und Bobos wie etwa food-coops können da viel leisten.

Am Anfang dieser Begegnung steht das umstrittene Kuh-Urteil. Wie stehen Sie selbst dazu?

Ich verstehe die Sorge der Bergbauern, dass durch solche Urteile große Landbesitzer, die ohnehin keine Touristen auf den Almen wollen, ein Alibi bekommen, den freien Zugang zu den Bergwelten zu sperren. Und ich sah auch bei den Dreharbeiten, wie unbedarft Hundebesitzer zwischen Kühen und ihren Kälbern spazieren und damit ein hohes Risiko eingehen. Aber ich verstehe auch den versicherungs-rechtlichen Aspekt. Fein, dass Bauer und Bobo drüber reden.

Im Bereich der Landwirtschaft gibt es einen harten Verdrängungskampf. Können privat geführte Höfe in Zeiten globalisierter Produktionen bestehen?

Wir sollten sehr daran interessiert sein, bäuerliche Betriebe wieder existenzfähig zu machen. Das funktioniert nur, wenn es dafür eigene Vertriebswege ohne die Supermarkt-Ketten und Lebensmittel-Industrien gibt. So kann ein Großteil dessen, was die Konsumenten zahlen, beim Bauern landen. Im Film gibt es dazu Beispiele.

In den letzten Jahren wurde der Markt für Bio-Produkte größer. Hat die lokale Landwirtschaft davon profitieren können?

Ja.

Durch die steigende Inflation werden die Menschen wieder bewusst zu billigeren Produkten greifen. Sind damit Themen wie Tierwohl und faire Bezahlung schon wieder vergessen?

Keinesfalls. Erstens steigen die Preis von echten Bio-Lebensmitteln deutlich weniger, weil zu ihrer Produktion viel weniger Erdöl und Gas und keine Erdölprodukte wie Dünger und Pestizide gebraucht werden. Und zweitens gehört die industrielle Landwirtschaft mit ihren langen Transportwegen und dem großen Energieeinsatz zu den größten Klima-Sündern. Wollen wir effektiv gegen die Klima-Katastrophe vorgehen, müssen wir weg davon.

Vielen Dank für das Gespräch!



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