
Die Verwunderung bei Stefan Schäfer (Tom Radisch) ist groß, als er erfährt, dass er von seinem Onkel einen Campingplatz geerbt haben soll. So hatte es nie einen Kontakt zu ihm gegeben, seitdem dieser in die USA ausgewandert war. Niemand wusste, dass er wieder zurück war, seit Jahren schon, und besagten Campingplatz leitete – bis zu seinem Tod. Als Stefan mit seiner Frau Jantje (Karla Nina Diedrich) und Sohn Hannes (Lewe Wagner) hinfährt, um sich das Ganze erst einmal anzuschauen, ist der Ersteindruck ernüchternd. So werden sie von den Dauercampern Dieter Marzinowski (Christian Hockenbrink) und Nikos Mariolis (Heiko Pinkowski) nicht sonderlich herzlich empfangen. Außerdem müsste dringend etwas getan werden, wie ihnen Jacob Bernstein (Nicola Mastroberardino) vom Amt erzählt. Gleichzeitig hat der Platz Charme, gerade für Jantje, die eine dringende Auszeit von ihrem Job als Krankenschwester braucht …
Aus dem Alltag eines Campingplatzes
Die meisten dürften das ZDF Herzkino in erster Linie mit den kitschigen Romanzen in Verbindung bringen, die am Sonntagabend ausgestrahlt werden. Gerade die Buch-Adaptionen nach Rosamunde Pilcher oder Inga Lindström haben das Image mitgeprägt. Dabei versucht man seit einiger Zeit, bei den neu startenden Reihen den Fokus etwas zu erweitern und auch andere zwischenmenschliche Konstellationen einzubauen. Bei Freunde sind mehr und Nächste Ausfahrt Glück geht es vielmehr um den Alltag einer Freundesclique und den Problemen, mit denen diese sich auseinandersetzen muss. Und auch Malibu, die im September 2022 mit dem Film Camping für Anfänger an den Start geht, versucht sich an dieser Richtung.
Die erste Episode stellt dabei traditionell die Figuren und das Szenario vor, wenn eine Stadtfamilie auf einmal die Aussicht hat, einen Campingplatz zu betreiben. Das hört sich nach Culture Clash an, wenn zwei Welten aufeinanderprallen. Etwas überraschend wird dieser Faktor aber praktisch gar nicht verfolgt. Anfangs dient Dieter noch ein bisschen dazu, wenn er als Karikatur des deutschen Paragrafen-Spießers durchgeht, der mit Argusaugen darüber wacht, dass bei „seinem“ Campingplatz alles in Ordnung ist. Das war es aber auch schon. Malibu: Camping für Anfänger verzichtet ansonsten auf das skurrile Moment, wie man es beispielsweise in Tatort: Undercover-Camping noch fand, das ebenfalls von einer eingeschworenen Gemeinschaft von Dauercampern erzählte.
Ein Ort voller Probleme
Stattdessen betont Drehbuchautor Jörg Tensing (Eine riskante Entscheidung) das Dramatische. Da gibt es Eheprobleme, finanzielle Schwierigkeiten, auch die Gesundheit spielt nicht immer mit. Also alles, was einem so einfallen kann, um einen Alltag in der Krise zu beschreiben. Grundsätzlich sind diese Probleme natürlich schon plausibel genug, damit das Publikum den Eindruck hat, das könnte alles echt sein. Wie so oft am Sonntagabend wird da einfach alles auf einen Haufen geworfen, nach dem Motto „viel hilft viel“, bis das Gefühl der Alltäglichkeit unter zu viel Schutt begraben ist. Dass Malibu: Camping für Anfänger zwischendurch auch noch mehrfach auf dramatische Zuspitzungen zugreift, um die Handlung voranzutreiben, ist jetzt auch nicht die große Kunst des kreativen Erzählens.
Das ist schade, weil Szenario und Setting eigentlich das Potenzial mitbringen. Die Filmreihe bräuchte solche plumpen Mechanismen eigentlich gar nicht. So ist die Gegend idyllisch, ohne gleich zu offensiv nach Postkartenmotiv auszusehen. Malibu: Camping für Anfänger spricht da schon recht geschickt das wachsende Bedürfnis der Menschen nach einem freien und selbstbestimmten Leben in der Natur an, als Kompromiss zwischen Stadt-Gefängnis und Aussteigerfantasterei. Bleibt nur zu hoffen, dass sich kommende Filme stärker auf das tatsächliche Leben vor Ort konzentrieren werden und den Hang, aus allem etwas Größeres machen zu wollen, ein bisschen mehr widerstehen können.
(Anzeige)