In den letzten Jahren war es eines der vielen Themen, welche westliche Gesellschaften beschäftigen: Wie lassen sich Familie und Beruf unter einen Hut bringen? Das geht überwiegend darauf zurück, dass Frauen nicht länger das Heimchen am Herd sein wollen und ebenfalls gern Karriere machen möchten. Ist aber nicht einfach, wenn sie trotzdem allein für Haus und Kinder zuständig sind, es also zu einer Doppelbelastung kommt. Bei diesen Diskussionen wird zum Teil vergessen, dass auch Männer mit dieser Frage hadern. Das betrifft einerseits Väter, die gern Teil der klassischen Hausfrauen-Aufgaben übernehmen möchten, was sich aber nicht gut mit ihrer beruflichen Laufbahn verträgt. Und dann wäre da noch das Thema Geld: So eine Familie kann ganz schön teuer sein, was Leute mit niedrig bezahlten oder unsicheren Jobs vor Schwierigkeiten stellt.
Einer dieser Jobs ist der des Regisseurs. Zumindest führt der Dokumentarfilm Mein Wenn und Aber vor Augen, dass das Drehen von Filmen nicht unbedingt Glamour, rote Teppiche und Luxusvillen bedeutet. Manchmal heißt es, monatelang einer Förderung hinterherzulaufen, nur um dann doch eine Absage zu erhalten. Marko Doringer lässt dazu wie bereits in seinen vorangegangenen Filmen Mein halbes Leben und Nägel mit Köpfen Menschen aus seinem Umfeld zu Wort kommen und thematisiert gleichzeitig sein eigenes Leben. Im Gegensatz zu zahlreichen anderen Dokus, in denen Regie und Hauptfigur ein und dieselbe Person sind – siehe etwa die ganzen Reisedokus –, ist dieser Film daher kein reiner Egotrip. Stattdessen ist das Leben von Doringer nur ein Beispiel für das übergeordnete Thema.
Ein Regisseur zwischen Selbstverwirklichung und Familie
Genauer sind es zwei Themen, die hier miteinander vermischt werden. Da geht es einerseits um die angesprochene Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Das kann schon in Berufen schwierig sein, die klaren Regeln und Verträgen unterliegen. Günstige Zeitpunkte für eine Auszeit gibt es nie. Da ist immer auch die Befürchtung dabei, vielleicht irgendwie den Anschluss verlieren zu können und sich die eigene Zukunft zu verbauen. Noch schwieriger ist es, sofern man keinen dieser „normalen“ Berufe ausübt. Wer wie in Mein Wenn und Aber sein Geld mit dem Drehen von Filmen verdient und keiner der Top-Namen ist, wird kaum planen können. Wann und ob ein Projekt zustande kommt, weiß niemand so genau. Mit einem Kind braucht es aber ständig frisches Geld, weshalb da schon die Frage aufkommt: Kann ich mir eine Familie leisten? Oder auch: Kann ich es mit leisten, meinen beruflichen Träumen nachzujagen, wenn ich Verantwortung für jemand anderes habe?
Mein Wenn und Aber ist damit einerseits ein recht universeller Film, in dem sich viele Familien wiederfinden dürfen. Er ist gleichzeitig aber auch einer, der sich mit dem Los des Filmemachens befasst. Die Doku, die beim DOK.fest München 2022 Uraufführung hatte, ist dabei einerseits ernüchternd und zeigt recht deutlich, wie mühsam ein solches künstlerisches Betätigungsfeld sein kann. Wenn an einer Stelle davon die Rede ist, die gesamte Filmgeschichte aufgeben zu wollen, dann ist das keine reine Koketterie, sondern das Ergebnis vieler frustrierender Erfahrungen und eines Lebens in ständiger Unsicherheit. Und doch ist der Film keine reine Jammerveranstaltung, bei sich alle selbst bemitleiden. Vielmehr sind da genügend Passagen mit Herz und Witz, die einen auch dann bei Laune halten, wenn mal wieder nichts so klappt, wie es soll.
OT: „Mein Wenn und Aber“
Land: Österreich
Jahr: 2021
Regie: Marko Doringer
Drehbuch: Marko Doringer
Musik: Elsa Tootsie and the Mini Band, Les Hommes Sauvages, Sultans of Gedankenbrain
Kamera: Marko Doringer
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