Genau 50 Jahre nach dem Attentat soll im Münchner Olympiastadion ein Fußballspiel zwischen einer deutschen und einer israelischen Mannschaft stattfinden. Ein Freundschaftsspiel als Zeichen des Friedens und der Versöhnung – das zumindest ist der Plan. Natürlich sind die Behörden und Geheimdienste aber in höchster Alarmbereitschaft, um die Sicherheit aller an der Veranstaltung Beteiligten zu gewährleisten. Wenige Tage vor dem Spiel entdeckt der in Berlin stationierte Mossad-Agent Oren Simon (Yousef Sweid) im Darknet ein Video, in dem jemand in Computergrafik und Egoshooter-Optik einen Anschlag auf das Stadion simuliert. Dadurch alarmiert, beginnt Oren in München zusammen mit der deutschen LKA-Beamtin Maria Köhler (Seyneb Saleh) zu ermitteln. Währenddessen treffen die israelische Mannschaft und der Besitzer des Fußballvereins, Jackie Igleski (Doval’e Glickman), in der Stadt ein. Soll man sich also auf ein unbeschwertes Spiel freuen oder die Veranstaltung noch kurzfristig absagen? Schätzen die Ermittler die Bedrohungslage realistisch ein? Werden sie einen möglichen Anschlag verhindern und die Verantwortlichen dingfest machen können? Oder wird alles genauso enden wie 50 Jahre zuvor?
Von der brutalen Vergangenheit eingeholt
Zum 50. Mal jährt sich dieses Jahr im September das grauenvolle, menschenverachtende Münchner Olympia-Attentat, bei dem während der olympischen Spiele 1972 eine Gruppe palästinensischer Terroristen die israelische Olympia-Mannschaft als Geiseln nahm. Es endete mit dem Tod aller neun Geiseln und kostete sechs weitere Menschen das Leben. Das traurige Jubiläum gibt natürlich nicht nur Anlass zu Gedenkveranstaltungen und medialer Wiederaufbereitung der Ereignisse in Form von Dokumentationen, TV-Specials und Sonderseiten, sondern mit Munich Games erwartet uns auch eine TV-Miniserie, die fiktive Ereignisse im Jahr 2022 mit der Vergangenheit zu verknüpfen versucht und mit der Ungewissheit spielt, ob der Terror zurück sein könnte.
Eine realistische Bedrohung existiert natürlich, andernfalls wäre Munich Games wohl schon nach der zweiten Folge wieder zu Ende. Doch Terroristen sind hier nicht das einzige Problem, denn zusätzlich geht es für verschiedene Parteien darum, Misstrauen zu überwinden und konstruktiv zusammenzuarbeiten. Da ist zum einen Maria, die deutsche Agentin mit libanesischen Wurzeln, zum anderen der Israeli Oren. Zusätzlich haben andere Parteien jeweils ihre eigenen Interessen, wie etwa der BKA-Terrorismusbekämpfer Michael Hahn (Sebastian Rudolph), der Fußballclub-Besitzer Jackie oder auch die Spieler selbst. Diese zwischenmenschlichen Reibereien sind interessanter als die vordergründige Handlung um die Verhinderung eines Attentats. Leider ist letztere aber so langweilig, dass das gar nicht viel heißen will. So richtig spannend oder interessant ist an Munich Games nämlich fast nichts.
Langweilig und formelhaft
Die Serie steigt schnell in die Handlung ein, ohne dass man die Hauptcharaktere irgendwie näher kennengelernt hat. Beim Anschauen der ersten Folge erzeugt das tatsächlich das Gefühl, versehentlich mit Episode zwei begonnen zu haben. Als wirklich problematisch erweist sich im Verlauf der weiteren Episoden aber, dass dieses Versäumnis nie nachgeholt wird. Das bisschen an Charaktertiefe, das die Figuren schließlich erhalten, ist verschwindend gering. Zu uninteressant und formelhaft kommen die sechs Folgen daher; so lassen einen Marias kaputte Beziehung und ihr problematisches Liebesleben etwa fast vollkommen kalt. Nichts daran wirkt komplex, wirklich überraschend oder berührend, was man zum Teil dem lustlosen Schauspiel von Saleh anlasten kann. Sie ist aber zumindest in guter Gesellschaft, denn hier scheint niemand wirklich Lust zu haben. Alle Darsteller liefern Dienst nach Vorschrift, ohne Leidenschaft. Vielleicht haben auch sie sich gefragt, wie diese seltsame Mischung aus Rückgriff auf die Geschichte und moderner Thrillerhandlung gelingen kann, wo doch entweder das eine oder das andere viel konsequenter gewesen wäre und jeweils mehr Möglichkeiten geboten hätte als dieser zwanghafte, halbgare Kompromiss.
Man hätte die Handlung auch ganz unter den Spielern des israelischen Teams spielen lassen und deren Perspektiven schildern können. Die Fußballer, von denen ein paar größere Rollen haben, sorgen in einigen ihrer Szenen jedenfalls für eine willkommene Abwechslung vom immer gleichen Blabla der diskutierenden Beamten und Ermittler. Positiv hervorheben an Munich Games lässt sich außerdem, dass moralische Fragen zumindest hier und da angesprochen (wenn auch nicht ausführlich diskutiert) werden und zumindest am Ende der fünften Folge endlich einmal richtig Spannung aufkommt. Das ist aber natürlich viel zu spät, um aus dem Sechsteiler noch durchgehend fesselndes Fernsehen zu machen. Auch ist die Auflösung in der letzten Folge schließlich nicht besonders kreativ oder überraschend. Zu den zweidimensionalen Charakteren und den formelhaften Drehbüchern gesellt sich noch eine äußerst uninspirierte Filmmusik. Wer das Münchner Olympia-Attentat zum Anlass für einen nicht nur wirklich informativen, sondern auch hochspannenden Filmabend nehmen will, dem sei deshalb statt Munich Games Kevin Macdonalds großartige Dokumentation Ein Tag im September empfohlen, die die Ereignisse von 1972 detailliert nachzeichnet. Denn diese Spiele hier sind ihr Eintrittsgeld absolut nicht wert.
OT: „Munich Games“
Land: Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Philipp Kadelbach
Drehbuch: Michal Aviram, Martin Behnke
Musik: Michael Kadelbach
Kamera: Jakub Bejnarowicz
Besetzung: Seyneb Saleh, Yousef Sweid, Sebastian Rudolph, Doval’e Glickman, Juliane Köhler, Anton Spieker, Bernd Hölscher, Igal Naor, Evgenia Dodina, Roger Azar
https://www.youtube.com/watch?v=rGXQ76QhL80
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