Next Exit

Es ist eine absolute Sensation, was die Wissenschaftlerin Dr. Stevenson (Karen Gillan) da verkündet: Sie habe bewiesen, dass es ein Leben nach dem Tod gibt. Und sie könne den Menschen dabei helfen. Rose (Katie Parker) und Teddy (Rahul Kohli) lassen sich das nicht zweimal sagen. Beide können sie es nicht erwarten, ihr altes Leben im Rahmen einer Studie hinter sich zu lassen und das Jenseits zu erreichen. Erst einmal müssen sie es aber schaffen, bis zum Institut zu kommen. Einfach ist das nicht, doch zu ihrem Glück hat das Schicksal die beiden bei einer Autovermietung zusammengeführt, weswegen sie sich gemeinsam auf den Weg machen. Damit fangen für die beiden ungleichen Reisenden die Probleme aber erst wirklich an …

Ein Geisterfilm abseits aller Genres

Wenn in Filmen von Geistern die Rede ist, dann handelt es sich meistens um einen Horrorfilm. Schließlich ist die Vorstellung untoter Menschen ein wenig unheimlich. Fast das komplette Subgenre des Haunted House Horrors beruht darauf, dass in den Gemäuern Wesen unterwegs sind, die dort eigentlich nicht hingehören. Aber auch andere Genres haben sich des Geist-Konzeptes angenommen, darunter die Kultkomödie Ghostbusters – Die Geisterjäger oder auch das todtraurige Drama A Ghost Story. Mit Next Exit kommt nun ein Film dazu, der sich beharrlich weigert, in eine der üblichen Schubladen zu passen, die man bei der Beschreibung gern verwendet. Drama und Komödie sind gleichermaßen richtig. Fantasy trifft auf Science-Fiction. Vereinzelt sind auch Szenen dabei, die aus einem „richtigen“ Horrorfilm kommen könnten. Romantisch wird es irgendwann auch. Und dann wäre da noch das Roadmovie, wenn die beiden Figuren quer durch die USA reisen, auf dem Weg ins Jenseits.

Das bedeutet zwangsläufig, dass nicht alle damit glücklich werden. Nach dem Debüt auf dem Tribeca Film Festival 2022 lief der Mix auf diversen Genrefestivals. Das ist einerseits naheliegend, wenn Geister eine Rolle spielen. Und doch weckt es falsche Erwartungen. Denn auch wenn die Geister praktisch überall sind und vor allem Rose von diesen verfolgt wird, spielen sie doch eine recht geringe Rolle. Im Mittelpunkt stehen vielmehr die Lebenden, allen voran die beiden Hauptfiguren. Die lange Reise, welche sie in Next Exit gemeinsam antreten, dient dazu, dass sie einander näher kennenlernen. Und damit natürlich auch das Publikum. So steht von Anfang an natürlich eine große Frage im Raum: Warum wollen die beiden die diesseitige Welt unbedingt hinter sich lassen?

Aus Spaß wird Ernst

Dass der Film mit der Zeit eine stärker düstere Richtung einschlägt, verwundert daher nicht. Anfangs überwiegt die humorvolle Tonalität, wenn die zwei ungleichen Menschen gemeinsam auf engstem Raum ihrem Ende entgegenfahren und sich dabei ständig in die Haare bekommen. Außerdem ist Next Exit nun einmal ein Roadmovie, was bedeutet, dass die zwei unweigerlich irgendwelchen kuriosen Gestalten begegnen oder in komische Situationen geraten. Umso stärker ist der Kontrast zu den Momenten, wenn die Abgründe hinter dem Spott erkennbar werden und das Publikum sieht, welche tiefen Wunden die zwei, aber auch andere mit sich herumtragen. Da sind einige Szenen dabei, die so heftig einschlagen, wie es selbst reine Dramen selten schaffen. Szenen, die den Schmerz aufzeigen, die Erinnerungen, welche sie unentwegt überall hin verfolgen. Und eben auch die Sehnsucht, das alles einmal hinter sich zu lassen und komplett von vorne anfangen zu können.

Ein bisschen ist sich Regisseurin und Drehbuchautorin Mali Elfman, die Tochter des bekannten Komponisten Danny Elfman, dabei selbst im Weg. So folgt ihre Geschichte, die sich im Hinblick auf das Genre kaum irgendwo einordnen lässt, dann doch zu sehr Konventionen. Das so ungewöhnliche Szenario, welches anfangs neugierig auf die weiteren Ereignisse macht, verliert immer mehr seine Ecken und Kanten. Das ist schade, mehr Mut wäre wünschenswert gewesen, gerade bei der Auflösung. Auch bei den Schauplätzen, an denen wir in Next Exit unterwegs Halt machen, fehlten die Ideen für etwas Eigenes. Motels, Diners und Tankstellen sind so naheliegend, dass man sie auch weglassen könnte. Da bleibt schon sehr viel Potenzial auf der Strecke.

Starkes Ensemble

Dennoch ist ihr Langfilmdebüt als Regisseurin ein vielversprechender Einstand. Das geht einerseits auf das ungewöhnliche Szenario zurück. Aber auch auf die Besetzung: Katie Parker und Rahul Kohli (Spuk in Bly Manor) bilden ein unwiderstehliches Paar, welches umgeben vom Tod von einer Lebendigkeit ist, wie man in sie Liebesfilmen oft vergeblich sucht. Man könnte ihnen ewig zusehen, wie sie sich im einen Moment gegenseitig anfahren, nur um sich später die bittersten Geschichten zu erzählen. Aber auch die anderen Schauspieler und Schauspielerinnen tragen dazu bei, dass Next Exit ein Geheimtipp ist. Da sind so viele erinnerungswürdige Auftritte dabei, von skurril bis herzerweichend, dass man sich wünschen würde, diese eine Reise würde niemals enden.