Zwar geht Peter von Kant (Denis Ménochet) nach wie vor mit großer Leidenschaft seiner Tätigkeit als Regisseur nach. Seine besten Jahre hat er aber schon hinter sich. Als er über die ebenfalls langsam in der Versenkung verschwindende Schauspielerin Sidonie von Gassenab (Isabelle Adjani) den jungen Amir Ben Salem (Khalil Gharbia) kennenlernt, scheint sich sein Glück endlich wieder zu wenden. Der Filmemacher verliebt sich Hals über Kopf in den jungen Schauspieler. Der scheint die Gefühle zunächst auch zu erwidern, trennt sich aber nach kurzer Zeit wieder von seinem Verehrer, nachdem er durch diesen zu Ruhm gekommen ist. Für von Kant ist dies eine Katastrophe, die er nur schlecht verkraftet – was bald auch sein Umfeld zu spüren bekommt …
Ein Film über einen Filmemacher
Dass François Ozon ein Bewunderer von Rainer Werner Fassbinder ist, das ist nicht wirklich ein Geheimnis. Schon zu Beginn seiner Karriere wagte sich der französische Regisseur und Drehbuchautor bei Tropfen auf heiße Steine an die Adaption eines Stücks des Altmeisters, wenngleich auf eine etwas freiere Weise. Das gilt dann auch für Peter von Kant. Vorlage für das neueste Werk des Filmemachers war erneut ein Theaterstück Fassbinders, das 1971 aufgeführte Die bitteren Tränen der Petra von Kant, sowie die eine Jahr später erfolgte Verfilmung durch den Deutschen. Und erneut sieht sich Ozon nicht in der Pflicht, sich sklavisch an das Original zu halten. Die auffälligste Änderung: Aus der Protagonistin wurde ein Protagonist.
Eine weitere Änderung betrifft den Beruf der Hauptfigur. Aus einer Modedesignerin wurde auf diese Weise bei Peter von Kant ein Filmregisseur. Ein Zufall ist das nicht. Vielmehr wird das Drama auf diese Weise zu einer doppelten Hommage, wenn von Kant auf diese Weise zu einem Alter Ego Fassbinders wird. Gleiches wurde zwar auch schon über Die bitteren Tränen der Petra von Kant gesagt, welches stark autobiografische Züge aufwies. In dieser Fassung ist das aber noch ein ganzes Stück expliziter. Hinzu kommt die Besetzung des Protagonisten durch Denis Ménochet (Gelobt sei Gott, Nach dem Urteil), dessen optische Ähnlichkeit zum berühmten Regisseur sicherlich ein Faktor war, als Ozon diesen aussuchte. Ein Film nach Fassbinder über Fassbinder selbst, oder zumindest eine Version Fassbinders.
Viele Referenzen, wenig Spannung
Es sind nicht die einzigen Querverweise, welche Ozon, der auch das Drehbuch schrieb, hier eingebaut hat. Stattdessen wimmelt es in dem Film von Anspielungen, was Peter von Kant zuweilen zu einem Meta-Kommentar mit Schnitzeljagdcharakter macht. So etwas ist naturgemäß für ein Publikum interessanter, das die Vorlagen kennt bzw. ganz allgemein Spaß daran hat, mit der Lupe und einem Filmlexikon ins Kino zu gehen. Wobei das Drama, welches die Berlinale 2022 eröffnete, dabei noch nicht einmal unbedingt etwas zu sagen hat. Der Film verliert sich in so vielen Referenzen, dass dabei die eigentliche Aussage fehlt. An Themen mangelt es dabei nicht, wenn es hier nicht nur um das Filmgeschäft als solches geht, sondern auch weniger glamouröse Gebiete wie Machtmissbrauch streift. Es bleibt aber eher an der Oberfläche.
Stattdessen ist der Film ganz auf den leidenden Protagonisten zugeschnitten, der schreit, weint und wütet. Der so viel getan und erreicht hat und trotzdem zu einem wimmernden Nichts wird, als ein hübscher junger Mann auftaucht. Das kann man bewegend finden. Hin und wieder sind in Peter von Kant auch berührende Szenen dabei, bei denen sich Ozon vom rein Artifiziellen löst und zum Kern seiner Figur vordringt. Aber es sind nicht genügend. Der Film ist an manchen Stellen spannend, auch weil Ménochet keine Zurückhaltung kennt bei der Darstellung seiner Figur. An anderen zieht es sich hingegen ziemlich, obwohl er mit einer Laufzeit von 85 Minuten recht kurz ist. In der inzwischen mehr als 20 Werke umfassenden Filmografie Ozons ist das hier eines der uninteressanteren.
OT: „Peter von Kant“
Land: USA
Jahr: 2022
Regie: François Ozon
Drehbuch: François Ozon
Vorlage: Rainer Werner Fassbinder
Musik: Clément Ducol
Kamera: Manu Dacosse
Besetzung: Denis Ménochet, Isabelle Adjani, Khalil Gharbia, Hanna Schygulla, Stefan Crépon, Aminthe Audiard
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
---|---|---|---|---|
Berlinale | 2022 | Goldener Bär | Nominiert | |
César | 2023 | Bester Hauptdarsteller | Denis Ménochet | Nominiert |
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