Whitechapel, 1888. Es ist ein grausiger Anblick, der sich Inspector Rees (Phil Molloy) da bietet: Eine Frau wurde brutal ermordet, die Kehle durchgeschlitzt und der Körper verstümmelt. Wer könnte nur eine derart unglaubliche Tat vollbracht haben? Und aus welchem Grund? Gemeinsam mit dem Mediziner John Locque (Jonathan Hansler) versucht er dieses Rätsel zu lösen. Dabei ist Eile angesagt, denn wer auch immer dahintersteckt, ist noch lange nicht fertig. Dass der Journalist Stubb (Chris Bell) irgendwie jedes Mal vor ihnen am Tatort anzukommen scheint und mit seinen blutrünstig geschriebenen Artikeln für Panik unter den Lesern und Leserinnen sorgt, ist dabei auch nicht sehr hilfreich. Denn der Druck ist enorm, es braucht dringend einen Schuldigen …
Die Legende des Jack the Ripper
Dass in dem offensichtlich nicht enden wollenden Wahn nach wahren Verbrechen irgendwann auch Jack the Ripper wieder exhumiert wird, ist keine wirkliche Überraschung. Schließlich ist der Mörder, der Ende des 19. Jahrhunderts in London mindestens fünf Frauen tötete, einer der berühmtesten Serienmörder aller Zeiten. Hinzu kommt: Bis heute hat niemand das Rätsel um ihn lösen können. Zwar gab es eine Reihe von Verdächtigen. Tatsächlich sollen mehr als 100 irgendwann einmal genannt worden sein. Doch niemandem konnte die Tat bewiesen werden, weshalb sich bis heute viele Legende um die Identität des Mörders ranken. Das ist geradezu ein Freischein, alles Mögliche zu erzählen, wie man an dem Beispiel Ripper Untold sieht.
Eines vorweg: Wer sich von dem Film irgendwelche neuen Erkenntnisse erhofft, der geht leer aus. Zwar wird hier tatsächlich von einer Person behauptet, für die Morde verantwortlich zu sein. Aber das ist völlig an den Haaren herbeigezogen, so wie die Figuren insgesamt eine reine Erfindung sind. Ob man für einen solchen Film unbedingt eine reale Vorlage nehmen musste, wenn man von dieser nichts übernimmt, darüber kann man geteilter Meinung sein. Die Qualität des Ergebnisses hängt von dieser Frage aber nicht zwangsläufig ab. Viel wichtiger ist da doch der Faktor, ob das Publikum bei dieser freien Interpretation etwas Spannendes geboten bekommt. Und das lässt sich bei Ripper Untold doch relativ eindeutig mit Nein beantworten.
Mehr Grübelei statt Spannung
So musste Regisseur und Drehbuchautor Steve Lawson (Pentagram), vermutlich ebenfalls wegen des geringen Budgets, darauf verzichten, die Morde groß in Szene zu setzen. Also zeigte er sie gar nicht. Wo solche Serienmörder-Thriller normalerweise die Szenen, in denen er zuschlägt, als Höhepunkte nehmen, um das Publikum durch die Hölle zu schicken, da sind die Opfer hier einfach nur da. Ripper Untold erinnert deshalb auch eher an traditionelle Whodunnit-Krimis, bei denen der Protagonist ein Verbrechen aufklären muss und dabei unter den Verdächtigen den Richtigen finden muss. Über hundert sind es in dieser Filmversion zwar nicht. Aber doch genug, damit die Zuschauer und Zuschauerinnen ein bisschen grübeln dürfen.
Selbst wer das weiß und seine Erwartungen entsprechend anpasst, wird hier jedoch suboptimal bedient. Die Settings sind begrenzt, es mangelt an der Atmosphäre, wie man sie bei einem Historienkrimi eigentlich erwarten durfte. Die kurzen Visionen bzw. Flashbacks, die wohl neugierig machen sollten, sehen ebenfalls billig aus. Dass das weitgehend unbekannte Ensemble im Großen und Ganzen ordentliche Arbeit abliefert, macht die Sache zwar erträglicher, aber eben nicht gut. Tatsächlich reicht es nicht einmal fürs Mittelfeld, dafür ist Ripper Untold schlicht zu langweilig. Bei allem Respekt dafür, wenn man nicht das Budget bekommt, um seinen eigenen Traum umzusetzen: Die Mühe hat sich hier nicht gelohnt.
OT: „Ripper Untold“
Land: UK
Jahr: 2021
Regie: Steve Lawson
Drehbuch: Steve Lawson
Musik: Sven Rossenbach, Florian Van Volxem
Kamera: Jon O’Neill
Besetzung: Phil Molloy, Jonathan Hansler, Jacob Anderton, Chris Bell, Sylvia Robson
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