
Es ist der erste Arbeitstag von Robert Karow (Mark Waschke), nachdem der sich vom Drogendezernat zur Mordkommission verlegen ließ. Und ein Arbeitstag, der es in sich hat. Nicht nur dass der Tatort ein Schlachtfeld ist, an dem offensichtlich eine junge Frau ermordet und zerlegt wurde. Er gerät auch sofort mit seiner Kollegin Nina Rubin (Meret Becker) aneinander, die derzeit mit einigen privaten Problemen zu kämpfen hat und keine Lust hat, sich mit dem eigensinnigen Neuen auseinandersetzen zu müssen. Währenddessen irrt die 13-jährige Johanna Michels (Emma Bading) mit ihrem älteren Bruder Ronny (Theo Trebs) durch Berlin und trägt ein tödliches Geheimnis mit sich herum …
Auftakt Berlin
Aller Anfang ist schwer. Dieses Sprichwort lässt sich nicht nur im Alltag immer wieder anwenden. Es gilt auch für den Tatort. Wann immer ein neues Team an den Start geht, muss es sich mit dem jeweils vorangegangenen in der Stadt messen lassen und sich zudem innerhalb des wöchentlichen Wechselspiels behaupten. Derzeit sind es immerhin mehr als 20 Teams, die durchaus in Konkurrenz zueinander stehen. Da muss man schon ein bisschen was bieten, um beim Publikum anzukommen. Mit Das Muli gab ein neues Duo in Berlin seinen Einstand und trat damit das Erbe von Till Ritter und Felix Stark an. Und offensichtlich war man der Überzeugung, dass Konflikte der beste Weg sind, um für sich Werbung zu machen.
Klar, auch bei anderen Teams kracht es immer mal wieder. Ob in Dortmund (Tod und Spiele) oder Frankfurt (Am Ende des Tages): Nur weil man an einem gemeinsamen Fall arbeitet, heißt das nicht, dass man sich versteht und gut zusammenarbeitet. Bei Tatort: Das Muli reichte das aber offensichtlich nicht aus. Der 940. Fall der ARD-Krimireihe ist vollgestopft von Konflikten. Rubin streitet mit ihrem Mann und streitet mit dem älteren Sohn. Karow macht bei der Arbeit die neue Hospitantin zur Schnecke, nachdem er gerade erst dort angefangen hat. Bei den diversen Verbrechern, die beispielsweise von Kida Khodr Ramadan und Robert Gallinowski gespielt werden, ist der Ton sowieso rau. Berlin, so wird hier schnell klar, ist ein hartes Pflaster, bewohnt von Leuten, die sich gegenseitig das Leben zur Hölle machen wollen.
Viel Streit, wenig Geschichte
Das wirkt manchmal schon etwas gewollt. Es ist auch recht anstrengend, wenn die banalsten Situationen auf einmal zu Kleinkriegen eskalieren, ohne dass immer genau klar würde warum. Der Versuch, die Figuren in erster Linie durch tragische Vorgeschichten und anderweitige Probleme definieren zu wollen, ist zudem oft ein bisschen billig. Da machte es sich Drehbuchautor Stefan Kolditz (Der Überfall) schon recht einfach. Als Krimi ist Tatort: Das Muli ohnehin nur mäßig interessant. Was gespielt wird, ist schon sehr früh klar, wird zum Teil durch den Titel ohnehin vorweggenommen. Viel zu rätseln gibt es also nicht. Um das auszugleichen, ist das Ableben von Karows Partner mit irgendeinem Geheimnis verbunden, das hier angesprochen, aber nicht aufgelöst wird. Das Ziel war es, ein folgenübergreifendes Element einzuführen, welches zum erneuten Einschalten motiviert.
Das klappt aber nur mäßig. Wenn der Auftakt des Duos Lust auf mehr machte, dann einerseits durch die schnodderig-kalte Atmosphäre, die in dem Film herrscht. Hinzu kommt das starke Ensemble, das selbst in den Nebenrollen einige bekannte Gesichter aufweisen kann. Aber es sind dann doch in erster Linie Waschke und Becker, die beeindrucken und ihre Figuren trotz der wenig interessanten Beschreibung zu faszinierenden Charakteren machen. Zusammen mit der steigenden Dringlichkeit, wenn in Tatort: Das Muli das Leben einer jungen Frau gerettet werden muss, finden sich also schon Argumente, warum man hier einmal reinschalten kann. Aber da war noch Luft nach oben, wenn der Film zu oft mit Streiten beschäftigt ist, anstatt sich um die Geschichte zu kümmern.
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