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Der Schock ist groß bei Ben Dellien (Nicholas Reinke), als er an einem regnerischen Abend einen Mann umfährt. Eigentlich will er im Anschluss anhalten, zurückfahren und nach dem Rechten sehen. Doch der Anwalt steht unter großem Druck und hat Angst, weshalb er letztendlich weiterfährt. Einige Stunden später ist das Opfer tot, was die Kommissare Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare) auf den Plan ruft. Erste Indizien führen zwar schnell zu Dellien, der zudem seither von seinem schlechten Gewissen geplagt ist. Doch seine Frau Johanna (Christina Hecke) drängt ihn dazu, weiter den Mund zu halten, zumal eindeutige Beweise fehlen. Wäre da nur nicht Laura Rensing (Tatiana Nekrasov), die Nachbarin der beiden, die mehr über die Geschichte zu wissen scheint …
Ein Krimi abseits des Mordsweges
Der klassische Tatort sieht meist so aus: Am Anfang des Films wird eine Leiche entdeckt, 90 Minuten gerätselt, wer dahinter steckt, am Ende dann der Mörder oder die Mörderin enthüllt. Aber es gibt natürlich Ausnahmen, die sich von diesem starren Format lösen. Der Mörder in mir tut das gleich in zweifacher Hinsicht. Zum einen verrät der 1209. Fall der ARD-Krimireihe bereits zu Beginn, wer denn die Schuld für das vorzeitige Ableben hat. Das Publikum weiß also von Anfang an, was geschehen ist und aus welchen Gründen. Der andere Punkt ist, dass hier, auch wenn der Titel etwas anderes impliziert, kein Mord geschehen ist, sondern ein Unfall mit Fahrerflucht. Das Ergebnis ist zwar auch da ein toter Mensch. Ganz zu vergleichen mit einem üblichen Mord ist das aber wohl kaum.
Im Gegensatz zu Mordsschwestern – Verbrechen ist Familiensache: Totalschaden neulich, wo ebenfalls eine Unfallflucht zum Thema der Ermittlungen wurde, verzichtet man bei Tatort: Der Mörder in mir auf überraschende Enthüllungen oder Entwicklungen. Die einzige Entwicklung, die der Film konkret vorzuweisen hat, sind die zunehmend dreisteren Versuche der Delliens, die Tat bzw. die eigene Schuld zu vertuschen. Spannung entsteht also weniger durch die übliche Frage nach der Tat, sondern wie weit das Paar bei seinen Gegenmaßnahmen gehen wird. Tatsächlich entwickeln beide eine beachtliche kriminelle Energie, die dafür sorgt, dass man sie mit anderen Augen sieht. Während die Unfallflucht eine tragische Fehlentscheidung war, ist das daran anschließende Verhalten noch einmal ein ganz anderes Level.
Von allem ein bisschen
Zwischendurch sieht es sogar so aus, als könne Tatort: Der Mörder in mir zu einem Thriller werden. Die Vertuschungsversuche eskalieren, die Skrupel werden immer geringer, jeder weitere Schritt führt noch tiefer in den Abgrund. Nach unten hin, so scheint es zumindest, gibt es keine Grenze. Das hätte sich für eine schwarze Komödie angeboten, absurd genug sind die Ereignisse. Vor allem scheint der krimierfahrene Regisseur und Drehbuchautor Niki Stein, der bereits 17 Teile der Reihe inszeniert hat, darunter etwa HAL oder Oskar, Spaß damit zu haben, diesen Kontrast zwischen bürgerlicher Fassade und hässlicher Selbstsucht aufzuzeigen. Das lichtdurchflutete Milieu suggeriert mit den exzessiven Glaswänden eine Transparenz, die inhaltlich natürlich so nicht stattfindet. Wegschauen, verdrängen, verschleiern lautet die Devise.
Leider ist Stein dabei nicht wirklich konsequent. Die ätzenden Kommentare werden ebenso wenig vertieft wie die moralischen Überlegungen. So leidet Ben zwar schon unter seiner Tat, Bootz wird zwischendurch auch mehrfach fragen, ob eine Verfolgung des Täters überhaupt etwas bringt. Aber es bleibt bei Schlagwörtern, die recht unmotiviert eingeworfen werden. Da auch die Eskalation nicht so weit geht, wie man es zwischenzeitlich denken könnte, bleibt Tatort: Der Mörder in mir irgendwo in der Beliebigkeit stecken. Der Film schneidet zwar mehrere Themen an, kann sich aber für nichts entscheiden und macht am Ende dann so wenig draus, dass sich die Zuschauer und Zuschauerinnen fragen dürfen: War es das jetzt schon?
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