Freya Hüller (Susanne Bormann) hat genug. Hat genug von ihrem alten Leben. Genug von ihrer Familie. Und so macht sie sich eines Morgens auf den Weg nach Italien, klammheimlich, und will ihren Ehemann Malte (Ulrich Brandhoff) sowie Tochter Charlie (Emilie Neumeister) hinter sich lassen, zu denen sie schon länger kein gutes Verhältnis mehr hat. Zu ihrem großen Entsetzen befindet sie sich aber, gerade als sie meint, an ihrem Ziel angekommen zu sein, wieder im Bett mit Malte. Und sie ist nicht die einzige, die in diesem Tag gefangen sind. Auch der Polizist Moritz Becker (Ben Münchow), ein Patient ihres Therapeutengatten, sowie die Krankenschwester Sophie Nolting (Alina Stiegler) sind gezwungen, denselben Tag wieder und wieder zu erleben. Aber wie sind sie in diese Zeitschleife geraten? Und wie kommen sie wieder heraus?
Unglücklich in der Zeitschleife
Sie sind aus dem Film- und Fernsehbereich kaum mehr wegzudenken: Geschichten über Menschen, die in einer Zeitschleife feststecken und gezwungen sind, einen Tag oder eine andere festgelegte Zeitspanne wieder und wieder zu erleben. Und täglich grüßt das Murmeltier war die Blaupause. Seither werden unentwegt neue Titel veröffentlicht, die auf diesem Prinzip basieren. Variationen gibt es genug. Ob es der tägliche Mord in Happy Deathday ist, die romantische Begegnung in Sechzehn Stunden Ewigkeit oder auch der Festivalhit Palm Springs, an Optionen mangelt es in dem Bereich nun nicht gerade. So manche werden deshalb im Vorfeld bei Another Monday die Frage stellen: Braucht es jetzt auch noch unbedingt eine deutsche Serie dazu? Wurde nicht inzwischen schon jede denkbare Variante umgesetzt?
Glücklicherweise stellt sich dabei heraus, dass die ZDFneo-Serie nicht nur eine reizvolle Ergänzung innerhalb dieses ständig wachsenden Segments ist. Sie ist sogar einer der besten Titel hieraus. Auf den Humor, der in solchen Produktionen gern verwendet wird, muss man bei Another Monday grundsätzlich verzichten. Die wiederkehrenden Szenen sorgen bei den Betroffenen nicht für komische Momente, sondern Panik. Insgesamt ist der Ton deutlich ernster, was auch damit zusammenhängt, dass alle Figuren mit ihrem aktuellen Leben zu kämpfen haben. Sie sind unglücklich, einsam, sehnen sich nach Menschen oder einem Neuanfang. Sie haben oft auch traumatische Erfahrungen hinter sich, welche den weiteren Verlauf der Geschichte entscheidend mitprägen. Vieles von dem, was hier geschieht, ist die direkte Folge von Unglück oder des Versuchs, sich vom Unglück zu lösen.
Die tägliche Grenzüberschreitung
Das bedeutet aber nicht, dass das Publikum auf Spannung verzichten muss. So steht hier selten wie sonst die Frage im Mittelpunkt, wie die Figuren in diesem Schlamassel gelandet sind. Da werden Spuren verfolgt, Hypothesen aufgestellt und überprüft. Immer wieder werden dabei auch bewusst Grenzen überschritten: Die Erfahrungen setzen den Protagonisten und Protagonistinnen so sehr zu, dass sie in ihrer Verzweiflung ihre Menschlichkeit zu verlieren drohen. Kein Wunder, wenn das Leben jeden Tag aufs Neue beginnt, verlieren einzelne Ereignisse ihre Bedeutung. In Another Monday wird auf einmal akzeptabel, was nicht akzeptabel sein darf. Die große Stärke der Geschichten ist deshalb auch der moralische Aspekt, der von Mal zu Mal mehr Raum einnimmt. Was ist erlaubt? Was will ich erlauben?
Tatsächliche Antworten gibt es nicht, zumindest nicht während der sechs Folgen. Diese sind übrigens nicht in sich abgeschlossen: Obwohl Another Monday an manchen Stellen als Miniserie bezeichnet wird, ist das Ende sehr offen. Gerade wenn erste substanzielle Erkenntnisse gemacht werden, ist das Abenteuer plötzlich vorbei. Aber das muss ja nicht verkehrt sein. Auch wenn die erste Staffel sich sehr auf die Figuren stützt und die kleinen Geschichten in den Mittelpunkt stellt, darunter die unglückliche Ehe von Freya, so wird doch mit der Zeit deutlich, dass es hier um sehr viel mehr geht. Gerade die finale Szene, wenn die Serie einen neuen Abschnitt beginnt, zeigt das Potenzial auf, welches in dem Konzept schlummert, und macht neugierig, wie weit dieses noch getrieben wird.
OT: „Another Monday“
Land: Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Esther Bialas, Nathan Nill
Drehbuch: Rodrigo García, Eli Saslow
Musik: Marco Dreckkötter
Kamera: Falko Lachmund
Besetzung: Susanne Bormann, Ben Münchow, Alina Stiegler, Ulrich Brandhoff, Emilie Neumeister, Thomas Niehaus, Aybi Era, Adrian Julius Tillmann, Riccardo Campione
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