Der Exorzismus der Gretchen Lang

Eigentlich wollten Abby (Elsie Fisher), Gretchen (Amiah Miller), Glee (Cathy Ang) und Margaret (Rachel Ogechi Kanu) nur ein bisschen Spaß haben. Etwas trinken, mit dem Ouija-Board spielen, im nahegelegenen See schwimmen gehen – was Teeanagerinnen nun einmal tun. Doch dieser Spaß ist vorbei, als es erst zu einer Meinungsverschiedenheit kommt und anschließend zu einem Vorfall im Wald. Am nächsten Tag ist alles wieder vergessen, zumindest war das der Plan. Doch Gretchen verhält sich eigenartig, ist ungewöhnlich still und will nicht darüber reden, was geschehen ist. Erst später wird Abby, die mit ihr seit Kindheitstagen befreundet ist, erkennen, dass mit ihrer Freundin etwas nicht stimmt. Der Versuch, ihr zu helfen, endet jedoch in einem Desaster. Und das ist nur der Anfang eines echten Höllentrips …

Das schreckliche Ende einer Freundschaft

Sobald es auf Halloween zugeht, packen Kinoverleihe, aber auch Streamingdienste bevorzugt Horrorfilme aus, um vom akuten Grusel- und Schockbedürfnis profitieren zu können. Amazon Prime Video ist da keine Ausnahme. Offensichtlich ist zwar das Projekt Welcome to the Blumhouse schon wieder Geschichte, in dessen Rahmen jedes Jahr vier Filme gemeinsam mit dem gleichnamigen Studio produziert wurden – zuletzt Madres – Der Fluch und The Manor. Dafür fand man aber mit Der Exorzismus der Gretchen Lang Ersatz. Bei diesem hatten dann zwar keine ausgewiesenen Horrorspezialisten und -spezialistinnen ihre Finger im Spiel. Dafür gibt es eine beliebte Vorlage: den 2016 veröffentlichten Roman My Best Friend’s Exorcism von Grady Hendrix.

Dieser ist für seine Mischung aus Horror und Komödie bekannt, sei es bei seinem Roman Horrorstör, der ebenfalls verfilmt werden soll, oder auch dem Drehbuch, welches er für Satanic Panic schrieb. Und auch bei Der Exorzismus der Gretchen Lang finden sich einzelne humorvolle Passagen. Ob man den Film deshalb gleich unter Horrorkomödie einsortieren muss, wie es an manchen Stellen zu lesen ist, darüber kann man sich aber streiten. Eindeutige Comedy-Szenen wie die um drei Fitnesshelden, die im göttlichen Auftrag unterwegs sind, sind eher selten. Der Horrorteil überwiegt insgesamt schon, wenn eine Freundschaft nach einem schrecklichen Vorfall auseinanderzubrechen droht.

Finale ohne Nachwirkung

Der titelgebende Exorzismus spielt dabei jedoch eine erstaunlich geringe Rolle. Anders als etwa Agnes – Face Your Demons, bei dem die Geschichte gleich mit dem Aspekt der besessenen Titelfigur und der Dämonenaustreibung beginnt, dauert es hier bis fast bis zum Ende. Unheimlich wird es aber vorher schon. Das betrifft einerseits die konkreten Manifestationen dieser Besessenheit, die in Der Exorzismus der Gretchen Lang mit besonders perfiden Einfällen einhergeht. Da werden nicht einfach Augen verdreht, Körper verrenkt oder die Umgebung angekotzt. Stattdessen geht der Film an Stellen, die richtig weh tun, wenn die Besessene anderen das Leben zur Hölle macht. Ungewöhnlich, aber durchaus effektiv, ist zudem, diese Besessenheit – kleiner Spoiler – thematisch mit einer Vergewaltigung verknüpfen zu wollen. Wenn Gretchen nicht mehr Herrin über sich selbst ist und in ihrem eigenen Körper fremd ist, dann ist das eine erschütternde Verbildlichung dieser Erfahrung.

Da der Film zudem mit einem talentierten Nachwuchsensemble besetzt wurde, sind da also schon einige Zutaten, die einen gelungenen Abend vor dem Bildschirm versprechen. Nur, so richtig begeisternd ist das am Ende dann doch nicht. Der Horrortitel wird selten tatsächlich spannend, die humorvollen Szenen bleiben auch nicht übermäßig lang im Gedächtnis zurück. Selbst das große Finale, wenn dann mal der lang angekündigte Exorzismus stattfindet, hinterlässt keinen übermäßigen Eindruck. Am Ende reicht es bei Der Exorzismus der Gretchen Lang deshalb nur fürs Mittelfeld. Das kann man sich anschauen. Aber wer vom fetten Halloween-Kuchen was abhaben möchte, sollte schon etwas mehr auf Lager haben.