Horizont
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Horizont

„Horizont“ // Deutschland-Start: 6. Oktober 2022 (Kino)

Inhalt / Kritik

So richtig viel kann die 18-jährige Adja (Tracy Gotoas) zunächst nicht mit Arthur (Sylvain Le Gall) anfangen. Zwar ist der landwirtschaftliche Betrieb seiner Familie nicht weit von dem Vorort entfernt, in dem die Jugendliche lebt. Großes Interesse hat sie aber weder für diesen noch für die Enteignung, die sämtlichen umliegenden Höfen droht, damit dort ein Freizeitkomplex entstehen kann. Es ist eine andere Welt für sie. Eine Welt, für die sie selbst nur Spott übrig hat. Doch mit der Zeit kommt sie dem Jugendlichen näher und beginnt zu verstehen, was in diesem vorgeht und ihn bei seinen Klimaprotesten antreibt. Ehe es sich Adja versieht, ist sie selbst Teil der Bewegung und will darum kämpfen, dass die Erde auch weiterhin ein bewohnbarer Ort bleibt …

Sozialdrama trifft Klimaschutz

An Filmen, die gesellschaftlich relevante Themen aufgreifen, mangelt es in Frankreich bekanntlich nicht. Quer durch alle Genres lassen sich Beispiele finden, ob nun das Drama Wie im echten Leben, welches Klassenunterschiede thematisiert, der Umgang mit Migrantenfamilien in der kulinarischen Komödie Die Küchenbrigade oder auch der Thriller Die Wütenden – Les Misérables, welcher von Eskalationen in den Banlieues erzählt. Mit Horizont kommt nun ein weiterer Film bei uns in die Kinos, welcher in den problembehafteten Vorstädten spielt, die immer mal wieder im Ausland in den Schlagzeilen standen. Die Bilder von brennen Autos in den sozialen Brennpunkten, die von Gewalt, Kriminalität und Perspektivlosigkeit geprägt sind, gingen um die Welt.

Regisseurin und Drehbuchautorin Emilie Carpentier, die nach einigen Kurzfilmen mit Horizont ein stark verspätetes Langfilmdebüt abliefert, löst sich aber von den doch oft recht ähnlichen Schilderungen. Stattdessen verbindet sie dieses Setting mit einem anderen gesellschaftlichen Thema, welches wie kaum ein zweites die Menschen beschäftigt: der Klimaschutz. Dabei ist Adja nicht die typische Weltverbesserin, deren ganzes Leben der guten Sache verschrieben ist. Stattdessen stellt sich die Filmemacherin der Frage, was junge Menschen dazu veranlassen könnte, sich diesen Bewegungen anzuschließen. Hier läuft die Annäherung durch eine romantische Verbindung, wenn die Jugendliche erst durch Arthur Teil dieser für sie zunächst fremden Welt wird.

Aus Liebe zur Natur

Das mag jetzt kein besonders heroischer Grund sein, um sich der gerechten Sache zu verschreiben. Aber es ist doch ein nachvollziehbarer. Tatsächlich macht dies auch eine Stärke von Horizont aus: Es gelingt Carpentier, den Wandel einer Jugendlichen nachzuzeichnen, die zunächst nicht sonderlich viel für das Thema übrig hat und lieber einfach Spaß haben möchte, mit der Zeit aber die Bedeutung dieses Kampfes erkennt. Das Drama verzichtet dabei über weite Strecken auf einen zu belehrenden oder moralisierenden Ton, wie man ihn sonst oft bei Ökofilmen findet. Es geht zunächst um die Figuren, ihre jeweiligen Geschichten und die zwischenmenschlichen Verhältnisse. Dazu zählen beispielsweise Adjas Bruder Tawfik (Dembélé), der gerade als Fußballer richtig durchstartet, oder ihre beste Freundin Sabira (Niia), die davon träumt, per Internet zum Star zu werden. Zwei der wenigen Möglichkeiten, der Banlieue-Trostlosigkeit auf legale Weise zu überwinden.

Doch auch wenn die Idee, eine Milieustudie mit einem gesellschaftlichen Kampf zu verbinden, interessant ist, so ganz überzeugt die Verbindung nicht. Am ehesten passt das noch am Anfang, wenn Horizont aufzeigt, warum viele Menschen mit dem Thema Klimawandel zu tun haben: Es ist einfach zu weit weg, bleibt abstrakt. Später ist diese Verbindung der zwei Komplexe nicht mehr ganz so offensichtlich. Carpentier bewegt sich dann auch vom rein Beobachtenden weg und versucht, stärker eine Aussage in ihr Drama hineinzubringen, wodurch das Ganze etwas holprig wird. Dennoch, sehenswert ist das Langfilmdebüt, dazu inhaltlich unstrittig relevant. Ein Interesse an dieser Art Filme vorausgesetzt, steht dem Kinobesuch nichts im Wege.

Credits

OT: „L’Horizon“
Land: Frankreich
Jahr: 2021
Regie: Emilie Carpentier
Drehbuch: Emilie Carpentier
Musik: Sébastien Collinet, Gisèle Pape
Kamera: Elin Kirschfink
Besetzung: Tracy Gotoas, Sylvain Le Gall, Niia, Clémence Boisnard, Rachid Yous, Jules Pélissier, Dembélé

Bilder

Trailer

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Horizont
fazit
„Horizont“ kombiniert gleich zwei relevante Themen, wenn eine Jugendliche aus den Banlieues das Thema Klimaschutz für sich entdeckt. Das ist als Idee interessant und zumindest anfangs plausibel erzählt. Später wird der Drang zur Aussage dann doch etwas groß.
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