Mit Verbrechen kennt sich Familie Walker gut aus, schließlich begehen sie fast alle welche davon. Familienoberhaupt Ida „Red“ Walker (Melissa Leo) muss dafür jedoch einen hohen Preis bezahlen, sitzt sie nach einem missglückten Raubüberfall doch hinter Gittern. Und eben dort wird sie wohl auch sterben, die Prognose ist für sie nach ihrer schweren Krebserkrankung überschaubar. Damit es nicht so weit kommt und sie noch ein bisschen frische Luft schnappen kann, beauftragt sie ihre Söhne Wyatt (Josh Hartnett) und Dallas (Frank Grillo), sie aus dem Gefängnis zu holen, koste es, was es wollte. Die machen sich auch gleich an die Arbeit und gehen gemeinsam die Optionen durch, wie sich der Aufenthalt im Knast abkürzen lässt …
Zu Besuch bei einer Verbrecherfamilie
Ein kleines Déjà-vu-Erlebnis darf man hier schon haben, zumindest im Hinblick auf Josh Hartnett. So erschien vor nicht allzu langer Zeit der Film Fear the Viper, in denen es um eine Familie ging, die aus lauter Kriminellen bestand, bei denen seine Figur aber noch so etwas wie der Gute war. In Ida Red kommt nun ein ganz ähnliches Szenario. Während beim obigen Titel der Lebensunterhalt aber im Verkauf von Drogen bestand, da verdient die Familie hier ihr Geld, indem sie andere ausraubt – mal mehr, mal weniger erfolgreich. Welches von beiden Verbrechen destruktiver ist, darüber kann man sich natürlich streiten. Zumindest gibt es aber einen Unterschied zur Einstellung: Der Drogenverkauf geschah auch wegen fehlender Alternativen in der abgehängten US-amerikanischen Provinz, die Beutezüge sind da mit mehr Willen zur Kriminalität verbunden. Und mit mehr Gewalt.
Regisseur und Drehbuchautor John Swab (Run with the Hunted) verzichtet dabei darauf, diesem Inhalt eine Form der inhaltlichen Relevanz verleihen zu wollen. Wenn die Walkers loslegen, ist das mit keinem Kommentar über die Gesellschaft verbunden. Obwohl der Film beim Locarno Film Festival 2021 Premiere feierte, das vorrangig für Arthouse-Titel bekannt ist, halten sich die Ansprüche hier in Grenzen. Ida Red ist reines Kopf-aus-Kino, bei dem man mitansehen darf, wie sich eine Reihe von Leuten immer tiefer in den Abgrund bewegt. Die Gründe können dabei unterschiedlich sein. Manchmal sind die Jungs einfach unfähig, an einer anderen Stelle geraten sie an jemanden, der genauso skrupellos ist wie sie. So oder so: Man hat nicht unbedingt das Gefühl, dass da jemand etwas im Griff hat.
Zwischen grotesk und belanglos
Immerhin scheint zumindest Dallas seinen Spaß zu haben, der von Swab als ziemlicher Psychopath beschrieben wird. Vor allem sein kleines Tänzchen, als er einem seiner Opfer gegenübersteht, ist schon reichlich grotesk. Gleiches gilt für eine Szene, in der er sich mit seinem Bruder unterhält und dafür ein etwas untypischer Ort gewählt wurde. Es dürfte zwar nicht viele geben, die diese Stellen als tatsächlich gelungenes Beispiel für Filmkunst nennen würden. Ida Red ist da aber zumindest eigen genug, dass man sich das Ganze merkt. Ansonsten ist das eher weniger der Fall. Zwar hat das Drehbuch noch einige Sonderbarkeiten auf Lager, darunter die bemerkenswerten Verwandtschaftsverhältnisse. Die sind aber letztendlich ohne Konsequenz, weshalb man sie getrost ignorieren darf.
Insgesamt ist der Film keiner, dem man unbedingt Beachtung schenken müsste. Vielmehr zeigt er, was kürzlich auch The Birthday Cake und Four Good Days bewiesen haben: Wenn ein mit Stars besetzter Film Kino und DVD-Release überspringt und nur als versteckter Video-on-Demand-Titel abseits der Streaminggiganten erscheint, dann hat das schon seine Gründe. Schlecht ist Ida Red dabei sicher nicht. So sind die schauspielerischen Leistungen beispielsweise ansprechend genug, um sich hiermit schon die Zeit vertreiben zu können. Hin und wieder ist auch eine Szene dabei, bei der man mit Wohlwollen das Adjektiv „spannend“ verwenden kann. Wer aber nicht gerade ein Fan der diversen Schauspieler und Schauspielerinnen ist, würde nicht viel verpassen, sollte der Fernseher ausbleiben.
OT: „Ida Red“
Land: USA
Jahr: 2021
Regie: John Swab
Drehbuch: John Swab
Musik: David Sardy
Kamera: Matt Clegg
Besetzung: Josh Hartnett, Frank Grillo, Melissa Leo, Sofia Hublitz, Deborah Ann Woll, Mark Boone Junior
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