Nicky Shen (Olivia Liang) wird von ihrer Mutter (Tan Kheng Hua) auf eine Kulturreise nach China geschickt. Dort findet die junge Frau jedoch heraus, dass eine arrangierte Ehe auf sie wartet. Statt darauf einzugehen oder nach San Francisco zurückzukehren, landet Nicky schließlich in einem Shaolin-Kloster voller Frauen, wo sie drei Jahre lang Kung Fu lernt. Eines Tages wird das Kloster von einer unbekannten Bande angegriffen. Dabei wird Nickys Mentorin (Vanessa Kai) von der Anführerin (Yvonne Chapman) getötet, welche noch dazu ein mysteriöses Schwert entwendet. Nicky stellt sich der Mörderin, überlebt die Auseinandersetzung aber nur durch Glück und begibt sich zurück in die Heimat. Hier muss sie sich nicht nur der hohen Kriminalitätsrate stellen, sondern auch ihrer Familie. Außerdem ist die Diebin mit dem Schwert allein nicht zufrieden: Sie ist auf der Suche nach weiteren legendären Waffen …
Reboot der 70er Jahre Serie
Hinweis: Für diese Rezension wurden die für die Presse zur Verfügung gestellten ersten drei Episoden gesichtet.
Wer den US-amerikanischen Sender The CW und dessen Programm kennt, der kann schon abduktiv darauf schließen, dass Kung Fu statt einer genuinen Frauengeschichte ein Female Reboot einer beliebten Serie ist, nach dem niemand gefragt hat. Die stetig sinkenden Zuschauerzahlen hindern das Network natürlich nicht daran, bereits die dritte Staffel zu veröffentlichen, obwohl die Einschaltquoten seit Beginn der Ausstrahlung unter denen der CW-Serie Batwoman liegen, die nach der dritten Staffel abgesetzt wurde. Abgesehen vom Titel hat Kung Fu nicht nur kaum etwas mit dem Original aus den 1970er-Jahren gemein, darüber hinaus scheint sie in so ziemlich jedem Aspekt bewusst konträr angelegt zu sein.
Einige Änderungen fallen dabei gar nicht einmal negativ auf, wie etwa die zeitliche Verortung im San Francisco der Gegenwart, statt wie damals im ausgehenden Wilden Westen, oder das Austauschen des halbweißen Protagonisten (David Carradine) mit einer Sinoamerikanerin. Sonderlich viel Sinn ergibt die letztgenannte zwar nicht, aber sie ist lange nicht so schlimm wie zu erwarten gewesen wäre. Auf alle anderen Vergleiche soll hier verzichtet werden, um die Serie nicht noch schlechter dastehen zu lassen, als sie ohnehin schon ist. Betrachten wir sie ruhig als eigenständiges Produkt.
Kampfkunst ohne Kunst
Wenn eine Serie schon Kung Fu heißt, dann kann ja im Grunde alles andere verziehen werden, wenn nur die Kampfszenen stimmen. Dass da bei einem bestimmten Charakter impliziert wird, er praktiziere Tai Chi, nur damit er dann Wing Chun anwendet, ist ja eine Sache (auch sonst leistet sich die Serie viele Ungenauigkeiten bezüglich der chinesischen Kultur, aber das würde hier alles viel zu weit führen). Bevor sie als Nicky Shen gecastet wurde, hat Hauptdarstellerin Olivia Liang sich nach eigener Aussage gezielt den Kampfkünsten verweigert, um sich mit dieser brillanten Entscheidung der Stereotypisierung zu entziehen. Für ein entsprechendes Honorar hat sie ihre Überzeugung dann zwar doch über Bord geworfen, aber wäre sie zuvor nicht so verbohrt gewesen, hätte die Serie in dieser Hinsicht wohl ziemlich überzeugen können. So aber sind die Kämpfe durch derart viele Tricks kaputtkaschiert, dass sie maximal ein nicht vorbelastetes Massenpublikum unterhalten können, wenn überhaupt. Insbesondere der exzessive Einsatz von Slowmotion wird schnell ermüdend. Die einzelnen Choreographien an sich sind aber jeweils immerhin ganz gut durchdacht, es scheitert nur eben meist an der Ausführung.
Viel Erzählung um nichts
Die Erzählweise in Kung Fu lässt zu wünschen übrig. Es gibt so unglaublich viel Exposition; übertrieben gesagt passiert in der Show im Prinzip überhaupt nichts, alles wird einfach nur erzählt. Immerhin gibt es das CW-typische Voiceover nur am Anfang der ersten Episode für ein paar Minuten; in diesen rekapituliert Nicky ihre Vorgeschichte, die tatsächlich spannender als die eigentliche Handlung klingt und als Plot wohl eine interessantere Serie abgegeben hätte. Dann noch einmal während des Szenenwechsels von China in die USA, danach ist zum Glück Ruhe. Trotz der ganzen Makel ist Kung Fu aber immer noch eine „leichte“ Serie, ihr beinahe seifenopernhafter Charakter ermöglicht den Konsum, ohne groß nachdenken zu müssen. Wenn Nicky etwa in der zweiten Folge mühelos die Sicherheitsleute eines Casinos auseinander nimmt und einen Teil der Einrichtung demoliert, dann lohnt es sich schon gar nicht mehr, die Plausibilität der Szene zu hinterfragen; es bleibt nur zu akzeptieren, dass dieses Vorgehen aus Plotconvenience-Gründen nicht vom zuschauenden Casinobetreiber zur Anzeige gebracht wird.
Drei Folgen sind sicher nicht genug, um verbindlich eine abschließende Wertung für die erste Staffel abzugeben, welche 13 Episoden umfasst. Andererseits fällt es auch nicht schwer, über einen Grund zu spekulieren, wieso nicht noch mehr zur Verfügung gestellt wurden.
OT: „Kung Fu“
Land: USA
Jahr: 2021
Regie: Hanelle M. Culpepper, Joe Menendez
Drehbuch: Christina M. Kim, Robert Berens, Richard Lowe
Vorlage: Ed Spielman, Herman Miller
Musik: Sherri Chung
Kamera: Neil Cervin, Lindsay George
Besetzung: Olivia Liang, Kheng Hua Tan, Eddie Liu, Shannon Dang, Jon Prasida, Gavin Stenhouse, Vanessa Kai, Tony Chung, Tzi Ma, Yvonne Chapman
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