
Die Freude ist groß bei Marie Reiter (Christine Eixenberger), als sie ihrer alten Bekannten Sabrina Huber (Dagny Dewath) gegenübersteht. Schließlich war diese vor zwei Jahren spurlos verschwunden, alle nahmen bereits das Schlimmste an. Doch die Freude macht Irritation Platz, denn Sabrina kann sich an nichts mehr erinnern. Nicht einmal die eigene Familie erkennt sie wieder, was vor allem ihren Ehemann Emil (Kai Albrecht) verletzt, der seither allein die beiden Töchter großzieht. Stattdessen lebt die Verschwundene inzwischen unter dem Namen Mickey und ist mit Jonas Bayer (Simon Böer) liiert. Während sie krampfhaft versucht, wieder einen Bezug zu finden, nimmt die Wahl des kommenden Bürgermeisters an Fahrt auf …
Ein Neustart mit Startschwierigkeiten
Groß angekündigt wurde die Umorientierung bei Marie fängt Feuer. Nicht nur dass der Herzkino-Stammplatz am Sonntagabend im ZDF aufgegeben wurde, um stattdessen in Zukunft donnerstags ein Publikum an sich zu binden. Zusätzlich sollte es auch inhaltlich verändert weitergehen: Mehr Action und Feuer wurde versprochen. Ungewisse Zukunft, der erste Teil seit dem Neustart, löste dieses Versprechen aber kaum ein. Die Szenen in der Feuerweht waren beispielsweise so kurz, dass man sich fragen durfte, ob nicht vielleicht auch ein neuer Reihentitel her müsste. Bei Das zweite Ich, das eine Woche später nachfolgt, ist das noch extremer. Hier darf man völlig vergessen, dass es überhaupt diese Nebengeschichten rund ums Feuer gab. Das Drehbuch hat es schließlich auch.
Stattdessen steht in erster Linie wieder ein großes Familiendrama an. War es beim letzten Mal noch eine Mutter, die ihr leibliches Kind zurück wollte, was bei der Pflegefamilie für Stress sorgte, dreht sich beim 16. Teil der Reihe fast alles um den Gedächtnisverlust von Sabrina, die nicht mehr Sabrina ist. Das Thema wird in Filmen immer wieder gern verwendet. So oft, dass man zuweilen den Eindruck hat, dass die Hälfte der Menschheit an Amnesie leidet. Die meisten dürfte man im Thrillergenre finden, aktuell etwa Blackout oder Indemnity – Die Jagd nach der Wahrheit. Ollies Odyssee machte daraus eine zauberhafte teilanimierte Serie um ein verlorenes Spielzeug. Marie fängt Feuer: Das zweite Ich versucht dieses Motiv hingegen in der Realität zu verorten. Was macht ein Mensch, dessen Leben mittendrin derart durchtrennt wurde, dass er wieder völlig von vorne anfangen muss?
Nachdenklich und oberflächlich
Grundsätzlich geht so etwas als Thema natürlich schon. Der interessanteste Aspekt beim Film ist, wenn sich die vergessene Frau mit der Frage auseinandersetzen muss, ob sie Sabrina und Mickey gleichzeitig sein kann. Denn diese sind, wie wir gegen Ende erfahren, in mancher Hinsicht deutlich unterschiedlich. Wie es dazu kommt, dass ein Neustart zu einem völlig anderen Ergebnis führen kann, wird dann aber doch nicht sonderlich tief diskutiert. Marie fängt Feuer: Das zweite Ich ist letztendlich doch nur eines dieser typischen TV-Dramen, die mit aufgezwungener Emotionalität vom dünnen Inhalt ablenken wollen. Klar muss nicht jeder Film eine philosophische Abhandlung werden. Das hätte hier die Zielgruppe auch gar nicht gewollt. Aber es ist eben Verschwendung, solche Gedanken vorzubringen, wenn man sie denn schon hat, und dann so wenig daraus zu machen.
Wenig geglückt ist zudem der Schluss, der holterdiepolter alles auflösen will und dazu dann auch noch mal das ganz große Drama bemüht. Wohl zum Ausgleich ist da noch die Nebenhandlung um die Bürgermeisterwahl, die für einzelne eher humorvolle Momente genutzt wird. Die sind aber so kurz, dass sie ebenso wenig auffallen wie das Neugeborene, das jetzt im Film endlich da ist, aber kaum Beachtung findet. Letzten Endes ist Marie fängt Feuer: Das zweite Ich damit dann auch eher Zeitverschwendung. Wer die Figuren so lieb gewonnen hat, dass er mit ihnen durch dick und dünn geht, auch auf ungewohntem Platz, kann erneut mit von der Partie sein. Man kann den Donnerstagabend aber sicher sinnvoller verwenden.
(Anzeige)