Mutter Mutter Kind – Let’s do this differently
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Mutter Mutter Kind – Let’s do this differently

„Mutter Mutter Kind – Let’s do this differently“ // Deutschland-Start: 20. Oktober 2022 (Kino)

Inhalt / Kritik

Familie, das bedeutet Mann, das bedeutet Frau, das bedeutet Kinder. Oder doch nicht? In den letzten Jahrzehnten wurde das alte Konzept immer weiter in Frage gestellt. Eines der großen Aufregerthemen der letzten Zeit ist das der Transsexualität. Eigentlich ist dieses Phänomen nicht gerade neu, immer wieder hat es Menschen gegeben, die sich im falschen Körper geboren fühlten und diesen Fehler auf die eine oder andere Weise zu beheben versuchten. Inzwischen führt dies jedoch zu heftigen Debatten, die sich auch gerade an der Frage aufhängt: Was heißt das eigentlich, ein Mann oder eine Frau zu sein? Und als wäre das nicht schon verwirrend genug, gibt es immer mehr Leute, die von sich sagen, weder das eine, noch das andere zu sein. Das Konzept des Geschlechtes, es wird von mehreren Seiten durchlöchert, was zu recht heftigen Gegenreaktionen führt. Zu groß ist offensichtlich das Gefühl einer Bedrohung, wenn grundlegende Wahrheiten nicht mehr gültig sein sollen.

Alles wie immer, nur anders

Ganz so weit geht es bei Mutter Mutter Kind – Let’s do this differently nicht. Geschlechter als solche werden nicht in Frage gestellt. Auch die Tradition einer Ehe und der, eigene Kinder zu haben, steht nicht wirklich zur Disposition. Stattdessen lernen wir lesbische Paare kennen, die das wollen, was „normale“ Paare auch haben. Nur eben so, dass es in ihr eigenes Leben passt. Größere Ambitionen haben sie nicht. Sie sind keine Aktivistinnen, die für eine große Sache kämpfen und die Welt zu einem besseren Ort machen wollen. Ihnen würde es ja schon reichen, wenn er für sie besser wird. Das wird je nach Publikum Stärke oder Schwäche des Films sein. Schwäche, weil das letztendlich nicht wirklich ein Bekenntnis zu Andersartigkeit ist, auch wenn das gern so verkauft wird. Stärke, weil vieles hier so alltäglich ist, dass man schon sehr engstirnig sein muss, um darin eine Bedrohung zu erkennen.

Was den Film so oder so interessant macht: Regisseurin Annette Ernst hat eine Langzeitbeobachtung festgehalten. So begleitet Mutter Mutter Kind – Let’s do this differently seine Protagonisten und Protagonistinnen über viele Jahre hinweg, zeigt, wie die Familie größer wird und sich langsam verändert. Dabei ist natürlich vor allem das Schicksal der Kinder von Interesse. Was bedeutet es, wenn jemand mit zwei Müttern aufwächst? Der biologische Vater, ein besonders umtriebiger homosexueller Mann, ist zwar bekannt und taucht auch immer mal wieder auf. Aber er ist nicht Teil des Alltags, wie es ein regulärer Vater wäre. Aber das muss ja nicht zwangsläufig etwas Schlechtes sein, wenn man sich seine Kinder anschaut. Sie haben sich ohne größere Probleme an die nicht ganz gewöhnliche Konstellation gewöhnt. Für sie ist es kein wirkliches Thema.

Ein Film wie ein Familienalbum

Dass es aber sehr wohl ein Thema ist oder zumindest sein kann, daran erinnern Aufnahmen von Außenstehenden, die ein großes Problem mit einer homosexuellen Ehe haben. Vom religiösen Hysteriker bis Angela Merkel ist alles dabei, was der konservative Teil der Bevölkerung so hergibt. Ergänzt wird dies durch historische Einordnungen. So darf das Publikum etwa erfahren, wie erschreckend lang Homosexualität in Deutschland tatsächlich strafbar war. Noch erschreckender ist die Liste an Ländern, in denen Homosexualität bis heute strafbar ist – und mit dem Tod bestraft wird. Diese krassen Gegensätze erzeugt Mutter Mutter Kind – Let’s do this differently ganz bewusst: Auf der einen Seite die nette, fast schon belanglose Regenbogenfamilie, auf der anderen Seite diejenigen, die schon die Existenz einer Alternative als Kriegserklärung begreifen.

Einen wirklichen Austausch zwischen den beiden Seiten gibt es nicht. Lediglich die erweiterte Familie, die im Laufe der anderthalb Stunden auch zu Wort kommt, darf daran erinnern, dass die Welt da draußen nicht ganz so bunt ist. Zu großen Diskussionen oder Streitgesprächen kommt es in Mutter Mutter Kind – Let’s do this differently dabei nicht. Stattdessen ist der Dokumentarfilm ein bisschen wie ein Familienalbum, das man aufschlägt und zahlreiche Schnappschüsse enthält. Daraus ergibt sich dann zwar vielleicht keine profunde Wahrheit oder bahnbrechend neue Erkenntnisse. Aber es ist doch irgendwie schön und wohltuend, dabei zu sein, wie ein paar Menschen eine eigene Definition ihres Familienlebens ausprobieren und dabei selbst noch nicht so recht wissen, wie das funktionieren kann.

Credits

OT: „Mutter Mutter Kind – Let’s do this differently“
Land: Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Annette Ernst
Drehbuch: Annette Ernst
Kamera: Nina Werth

Bilder

Trailer

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Mutter Mutter Kind – Let’s do this differently
fazit
„Mutter Mutter Kind – Let’s do this differently“ ist die interessante Langzeit-Beobachtung einer Patchwork-Familie, in deren Mittelpunkt ein lesbisches Ehepaar und deren Kinder stehen. Der Dokumentarfilm stellt dabei überlieferte Konzepte nicht grundsätzlich in Frage, sondern ist mehr ein Plädoyer dafür, die Definition von normal zu erweitern.
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