19 Jahre soll Lin (Charlie Hunnam) ins Gefängnis, die Strafe für mehrere Überfälle, die der Australier verübt hat. Doch der sieht gar nicht ein, die besten Jahre seines Lebens einfach so wegzuwerfen. Tatsächlich gelingt ihm die Flucht, die ihn bis nach Bombay führt, wo er unter falschem Namen lebt. Dabei lernt er auch Prabhu (Shubham Saraf) kennen, einen Einheimischen, der als Guide arbeitet und für ihn zu einer wertvollen Hilfe wird, wenn es darum geht sich einzuleben. Was ursprünglich nur ein kurzer Aufenthalt sein sollte, wird so für ihn zu einer neuen Heimat. Eine Heimat, der Lin etwas Gutes möchte. Das bedeutet jedoch nicht, dass ihm selbst immer etwas Gutes widerfährt, denn die fremde Welt hat ganz eigene Gesetze und Regeln …
Eine etwas andere Aussteigergeschichte
Ein Mensch reist in ein fremdes Land, das für ihn zu einem neuen Zuhause wird und in dem er sich selbst neu findet. Zunächst hört sich Shantaram nach einer dieser typischen Selbstfindungstrips an, mit denen Aussteigersehnsüchte geweckt und mit pseudotiefgründigen Kalendersprüchen abgerundet werden. Und doch, so ganz trifft es das nicht. Das fängt schon damit an, dass die Apple TV+ Serie einen verurteilten Verbrecher auf Reisen schickt. Wenn überhaupt würde es sich daher um eine dieser Läuterungsgeschichten handeln, bei denen jemand ganz am Boden ist und durch die Begegnung mit anderen zu einem besseren Menschen wird, der lernt, worauf es in dieser Welt wirklich ankommt. Auch das kann inspirierend sein. Denn wenn ein Verbrecher gut werden kann, dann kann es jeder – so wird oft impliziert.
Tatsächlich macht Lin eine Wandlung zum Guten hin, wenn er versucht, den Menschen vor Ort etwas mitzugeben. Er wird zu einer Art medizinischen Autorität, kümmert sich um die Leute vor Ort. Das kann es in den Slums, in denen eine Großteil der Serie spielt, natürlich auch gebrauchen. Hier leben Leute, die nichts haben, die von niemanden gesehen oder versorgt werden. Solchen Leuten zu helfen, das zeichnet Helden aus. Und doch hat Gregory David Roberts mit seinem gleichnamigen Roman, der bei Shantaram zugrunde liegt, keine ganz eindeutige Geschichte entworfen, die zum Nachahmen aufmuntert. Da ist zum einen der kulturelle Graben, den er nur zum Teil überwindet, wobei man darüber streiten kann, ob dies das Ergebnis von Naivität oder Arroganz ist. Und da sind seine Abgründe, mit denen er zu kämpfen hat und die ihn nicht einfach verlassen, nur weil er den Kontinent gewechselt hat.
Schön anzusehen, zu lang geworden
So richtig abgründig wird es in der Serienfassung von Shantaram dann aber doch nicht. Tatsächlich sind die zwölf Folgen hier schon eher darauf aus, eine schöne Erfahrung für das Publikum zu liefern. Die hat man auch ohne Zweifel. Wenn wir mit Lin durch Bombay streifen, mit ihm die unterschiedlichsten Leute kennenlernen, dann sieht das sehr gut aus. Die Serie, die seit Ewigkeiten geplant war, aber immer wieder mit Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, bietet dem Auge eine ganze Menge. In der Hinsicht hat sich die Wartezeit gelohnt. Auch die Besetzung mit Charlie Hunnam (King Arthur: Legend of the Sword, The Gentlemen) funktioniert, selbst wenn sei australischer Akzent etwas gewöhnungsbedürftig ist. Man nimmt ihm die Mischung aus Abenteurer, Verbrecher und Gutmensch ab, einen gestrandeten Slum-Träumer.
Nur, so richtig spannend ist das Ergebnis dann doch nicht. Die ausführlichen Beschreibungen in dem Roman, der auch eine Verarbeitung persönlicher Erfahrungen von Roberts ist, werden als Serienfassung zu einer etwas zählen Angelegenheit. Das gilt insbesondere, wenn man sich mehrere Folgen am Stück anschaut und dabei die Geschichte kaum vom Fleck kommt. Shantaram ist keine Serie, die sich übermäßig zum Bingen eignet, selbst wenn im weiteren Verlauf dann doch wieder etwas mehr geschieht. Sehenswert ist die Geschichte um den unfreiwilligen Auswanderer zwar schon. Aber mehr als einmal würde man sich wünschen, dass sich das Team hier doch etwas kürzer gefasst hätte, anstatt dem Drang nachzugehen, alles immer in epischer Breite erzählen zu wollen.
OT: „Shantaram“
Land: USA
Jahr: 2022
Regie: Bharat Nalluri, Justin Kurzel, Iain B. MacDonald
Drehbuch: Eric Warren Singer, Steve Lightfoot, David Manson, Ben Dubash, Ken Kristensen, Marion Dayre, Bornila Chatterjee, Eric Binswanger, Bruce Marshall Romans, Aaron Sprecher
Idee: Eric Warren Singer, Steve Lightfoot
Vorlage: Gregory David Roberts
Musik: Adam Peters
Kamera: Stefan Duscio
Besetzung: Charlie Hunnam, Fayssal Bazzi, Sujaya Dasgupta, Antonia Desplat, Elham Ehsas, David Field, Matthew Joseph, Rachel Kamath
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