Seit seiner Kindheit kennt Naoto (Kengo Kora) nichts anderes, als sich wie ein Ausgeschlossener zu fühlen. Weder seine Eltern noch seine Klassenkameraden brachten ihm genügend Beachtung entgegen, was darin gipfelte, dass sein Fehlen auf Klassenfotos noch nicht einmal bemerkt wurde. Auch Frauen haben den Außenseiter meist links liegen lassen, was es zu einem besonderen Moment macht, als ihn eines Tages die schöne Chihiro (Kanako Nishikawa) anspricht. Es kommt zu einem Treffen und die junge Frau scheint sich sogar für Naotos Hobby, das Aufziehen von Guppys, zu interessieren, sodass er eine weitere Verabredung gar nicht abwarten kann. Zu dieser kommt es aber nicht und die beiden sehen sich erst viele Jahre später wieder, als Chihiro bereits verheiratet ist und Naoto Inhaber eines Zooladens geworden ist, in der er vornehmlich Zierfische hält. Als sie eines Tages dann doch seine Laden betritt, glaubt, er seinem Traum wieder ein Stück näher zu sein, doch sie erinnert sich weder an ihn noch an ihr Treffen vor vielen Jahren.
Aufgrund des aufgelösten Zustandes seines Schwarms meint Naoto, dass etwas in ihrer Ehe nicht stimmt, beginnt ihr aufzulauern und ihr Haus zu überwachen von der gegenüberliegenden Wohnung aus. Sein Verdacht bestätigt sich, denn nachdem er in der Abwesenheit der Eheleute in das Haus eindringt, findet er Spuren von Missbrauch und Betrug an Chihiro. Nun steckt er in einer Zwickmühle, denn wenn er beschließt, Chihiro zu helfen, muss er berichten, wie er an die Beweise gekommen ist, wobei er zugleich den Drang verspürt, der Gewalt ihres Ehemannes ein Ende setzen zu wollen.
Die große Angst vor den Augen des Anderen
Während beispielsweise das Horrorgenre oftmals Monster beschwört, um an die Ängste des Zuschauers anzuknüpfen, sind es Filmen wie Alfred Hitchcocks Psycho oder Michael Powells Augen der Angst vielmehr die Blicke eines Fremden und die damit verbundene Hilflosigkeit eines Menschen, welche die Angst in uns auslösen sollen. Auf einen ähnlichen Effekt baut Under Your Bed von Regisseurin Mari Asato, basierend auf dem gleichnamigen Roman des Autors Kei Ohishi. Nachdem der Film unter anderem im Programm der Nippon Connection 2020 vertreten war, folgt dank Busch Media Group die Heimkinoauswertung des spannenden, aber problematischen Thrillers auch hierzulande.
Wie bereits angemerkt ist das Bild des Stalkers eine gern genommenes Thema, gerade im Horror- oder Thrillergenre. In diesem Falle versetzt Mari Asato, die auch das Drehbuch schrieb, ihren Zuschauer direkt in die Fußstapfen eines solchen Menschen, lässt uns dessen Vorgeschichte verfolgen, sowie seine Beziehung zum Objekt seiner Leidenschaft und Obsession. Zwar ist ein moralisches Dilemma im Kern einer Geschichte eine sehr lohnenswerte Idee, doch spätestens wenn Naoto Zeuge häuslicher Gewalt wird, wird es problematisch, wenn dieses nicht aufgegriffen oder näher thematisiert wird. Die Tatsache, dass die psychologische Ausbeutung des Protagonisten teils sogar romantisiert wird, wird wohl vielen Zuschauern sauer aufstoßen, zumindest aber ist es eine ungenutzte Gelegenheit innerhalb der Geschichte.
Das Dilemma des Zuschauens
Aus technischer Sicht ist Under Your Bed hingegen gelungen. Die Kamera imitiert den Blick des Stalkers und gibt dem Zuschauer eine oftmals sehr unbequeme Perspektive auf das Geschehen, was ästhetisch gelungen ist, aber noch zu der oben genannten Problematik beiträgt. Was das Drehbuch nicht zu leisten imstande ist, kann zumindest die Darstellung Kengo Koras liefern, wegen der sich ein Blick auf den Film sehr lohnt. In seinem Spiel drückt sich der sensible Außenseiter ebenso aus wie der etwas gruselige Zuschauer, der bisweilen sehr nahe am Psychopathen gebaut ist. Das Dilemma eines Mannes, der seinem Status als Zuschauer entkommen will, gleichzeitig aber seiner dunklen Obsession droht zu verfallen, ist gut gespielt und komplexer als die Handlung an sich.
OT: „Under Your Bed“
Land: Japan
Jahr: 2019
Regie: Mari Asato
Drehbuch: Mari Asato
Musik: Teje
Kamera: Yoichi Kamakari
Besetzung: Kengo Kora, Kanako Nishikawa, Kenichi Abe, Yugo Mikawa, Ryosuke Miyake
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