Der Schock ist groß bei Suze Trappet (Virginie Efira), als sie erfährt, dass sie schwerkrank ist und ihr nur noch wenig Zeit bleibt. Diese will sie nutzen, um ihren Sohn wiederzufinden, den sie als Jugendliche auf Druck der Eltern zur Adoption freigeben musste. Dabei findet sie in dem Computernerd und Sicherheitsexperte JB (Albert Dupontel) eine unerwartete und nicht ganz freiwillige Hilfe. Eigentlich wollte dieser ja selbst sterben, nachdem er bei einer Beförderung übergangen wurde. Dummerweise ging der Selbstmordversuch aber komplett daneben, weswegen er von der Polizei gesucht wird und nur Suze ihm noch helfen kann. Gemeinsam mit dem blinden Archivar Serge Blin (Nicolas Marié) machen sie sich auf die Suche nach dem Sohn. Einfach ist das nicht, denn es gibt keine offiziellen Dokumente …
Zwischen absurd und tragisch
Bekannt geworden ist Albert Dupontel eigentlich als Schauspieler. Parallel hat er sich aber auch als Regisseur in seiner Heimat Frankreich einen Namen gemacht. Hierzulande hat man davon jedoch eher weniger mitbekommen. Selbst sein Kassenerfolg See You Up There wurde nie offiziell veröffentlicht, war lediglich im Filmfest-Rahmen in Deutschland zu sehen. Zunächst sah es danach aus, als ob auch Was dein Herz dir sagt – Adieu ihr Idioten!, sein inzwischen siebter Langfilm als Regisseur, dieses Schicksal teilen würde. Obwohl wie schon der Vorgängerfilm mehr als zwei Millionen Franzosen und Französinnen eine Kinokarte für die Tragikomödie kauften – während Corona wohlgemerkt – und zahlreiche César-Preise eingeheimst wurden, war lange kein deutscher Start angekündigt. Jetzt ist der Film doch da, was für ein hiesiges Publikum eine gute Nachricht ist.
Dabei ist Was dein Herz dir sagt – Adieu ihr Idioten! eigentlich kein Crowdpleaser, selbst wenn die Besucherzahlen und die diversen Filmpreise das nahelegen. So fängt der Film düster an, wenn eine todkranke Frau auf einen lebensmüden Mann trifft. Aber eben auch komisch: Die Art und Weise, wie JB seinem Leben ein Ende setzen möchte und damit ein riesiges Chaos verursacht, ist gleichermaßen absurd wie tragisch. Beides wird sich auch den Rest über wiederfinden, im ständigen Wettstreit und doch harmonisch miteinander verbunden. Meistens dominiert bei Dupontel zwar das Humoristische. Doch er lässt einen nie völlig vergessen, dass am Anfang dieser Odyssee zwei Unglücke stehen, die früher oder später das Duo bzw. Trio einholen werden. Und auch der Rückblick auf das Leben von Suze ist herzerweichend.
Das Menschliche im Seltsamen
Bis es so weit ist, darf die ungleiche Truppe allerdings so manche seltsame Erfahrung machen, die Zuschauer und Zuschauerinnen im Schlepptau. Das Drehbuch braucht dafür noch nicht einmal übermäßig skurrile Figuren, mit denen beispielsweise im Roadmovie für Abwechslung gesorgt werden soll. Blin, der blinde Archivar mit Polizei-Phobie, fällt zwar schon unter die Beschreibung und wird zeitweise zu einem wertvollen Begleiter. Aber auch ohne dessen Mithilfe findet Was dein Herz dir sagt – Adieu ihr Idioten! immer wieder komische Situationen. Verstärkt wird das Gefühl durch die Optik, welche beispielsweise auf städtische Hintergründe aus dem Computer setzt. Das Ergebnis ist zwar nicht ganz so bizarr wie in Hinterland, aber es reicht, um die Welt etwas weniger real erscheinen zu lassen.
Zusammengehalten wird dieser Spagat aus Skurrilität und Trauer durch das Ensemble. Vor allem die belgische Star-Schauspielerin Virginie Efira (Warten auf Bojangles) zeigt wieder einmal ihre darstellerische Klasse und lässt einen während dieser sonderbaren Reise in die Vergangenheit mitfühlen. Auch wenn es zwischenzeitlich reichlich schräg und schwarzhumorig wird, sie ist das menschliche Zentrum, um das sich alles kreist. Was dein Herz dir sagt – Adieu ihr Idioten! mag es dabei nicht durchweg gelingen, den Humor auf dem anfänglichen Niveau zu halten. Dafür entschädigt ein Ende, wie man es sich im Kino häufiger mal trauen sollte und das noch einmal die Ambivalenz dieser etwas anderen Odyssee festhält, wenn Glück und Unglück nah beieinander liegen.
OT: „Adieu les cons“
Land: Frankreich
Jahr: 2020
Regie: Albert Dupontel
Drehbuch: Albert Dupontel
Vorlage: Soman Chainani
Musik: Christophe Julien
Kamera: Alexis Kavyrchine
Besetzung: Virginie Efira, Albert Dupontel, Nicolas Marié
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
---|---|---|---|---|
César | 2021 | Bester Film | Sieg | |
Beste Regie | Albert Dupontel | Sieg | ||
Bestes Original-Drehbuch | Albert Dupontel | Sieg | ||
Beste Hauptdarstellerin | Virginie Efira | Nominiert | ||
Bester Hauptdarsteller | Albert Dupontel | Nominiert | ||
Bester Nebendarsteller | Nicolas Marié | Sieg | ||
Beste Musik | Christophe Julien | Nominiert | ||
Beste Kamera | Alexis Kavyrchine | Sieg | ||
Bestes Szenenbild | Carlos Conti | Sieg | ||
Bester Ton | Jean Minondo, Gurwal Coïc-Gallas, Cyril Holtz | Nominiert | ||
Bester Schnitt | Christophe Pinel | Nominiert | ||
Beste Kostüme | Mimi Lempicka | Nominiert | ||
Goya | 2022 | Bester europäischer Film | Nominiert | |
Prix Lumières | 2021 | Beste Regie | Nominiert | |
Bestes Drehbuch | Nominiert | |||
Beste Hauptdarstellerin | Virginie Efira | Nominiert | ||
Bester Hauptdarsteller | Albert Dupontel | Nominiert |
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