Welle Wahnsinn ist ein von Don Chaos (Dieter Hallervorden) moderierter Radiosender, der von 6 Uhr morgens bis Mitternacht on air ist. Während das laufende Programm hauptsächlich aus durchgeknallten Songs besteht, wird es immer wieder von Sketchen oder Werbedurchsagen unterbrochen. Abgesehen davon, dass der Titel durch den ersten Doppelkonsonanten und die Alliteration im Titel leicht von der Zunge rollt, würde er heutzutage wohl keine weitere Beachtung hervorrufen. In einer Zeit, in der in bestimmten Kreisen scheinbar jedes Wort auf die Goldwaage gelegt und nach Gründen gesucht wird, sich aufzuregen, kann leicht vergessen werden, dass es dieses Phänomen schon länger gibt, und es umgekehrt Worte gibt, die früher einmal für Furore sorgten, heute jedoch im ganz normalen Sprachgebrauch etabliert sind.
Im vorliegenden Falle war es allerdings ähnlich lächerlich wie manche der heutigen Debatten, da der Begriff „Wahnsinn“ bereits im vorangegangenen Jahrhundert nicht mehr als Bezeichnung für die entsprechende Geisteskrankheit, sondern längst im positiveren von durchgeknallt, toll (übrigens auch ein Wort, das eine vergleichbare Wandlung durchmachte) verwendet wurde. Zwar durchaus auch im negativen Sinne, aber nie als Verhöhnung einer ernsthaften Krankheit; ein Jahr später etwa erschien der Song Wahnsinn von Wolfgang Petry. Es ist wie es ist, die Serie wurde deshalb jedenfalls nach zwei Episoden abgesetzt.
Gewöhnungsbedürftige Musik
Dennoch ist es fraglich, ob es die Serie inhaltlich geschafft hätte, lange on air zu bleiben. Das Konzept sieht eine deutlich musikalischere Auslegung vor als Hallervordens sonstiges Programm geboten hatte. Zwar hat der Komiker auch in Nonstop Nonsens gesungen, es kamen im Laufe der Zeit sogar genügend Lieder zusammen, um sie im Rahmen einer Sonderfolge noch einmal aneinanderzureihen, aber noch nie lag der Fokus so stark auf dem Musikalischen. Das ist nicht nur gewöhnungsbedürftig, es zeigt manchmal auch die damit einhergehenden Limitierungen auf. Helga Feddersen war eine begabte Schauspielerin und hatte sicher viele weitere Talente. Koloraturen zu singen gehörte leider nicht dazu. Der Song Rita Opernstar in der ersten Folge handelt von einem Mann (Hallvervorden), der durch den Gesang seiner Frau (Feddersen) in den Wahnsinn getrieben wird. Es ist also immerhin davon auszugehen, dass Feddersens Part bewusst nicht gut klingen soll, das macht die Sache jedoch eben leider nicht besser.
Koloraturen verlangen einem Sänger so schon genug ab, aber dann wurde für diesen Song auch ausgerechnet die anspruchsvollste Koloratur aus der zweiten Arie der Königin der Nacht gewählt, der ambivalenten Antagonistin aus der großen deutschen Oper Die Zauberflöte von Wolfgang Amadeus Mozart. Zusätzlich zum Schwierigkeits- kommt also noch der Bekanntheitsgrad der Passage, sodass Feddersens Part den Vergleich schon von vorneherein verliert, und am besten von einer richtigen Opernsängerin hätte nachsynchronisiert werden sollen.
Fernab jeder Verspottung irgendwelcher geistiger Krankheiten liegt der Fokus der Show auf verrückten Dingen, Situationen oder Menschen. Mit dem Song Rita Opernstar wurde ja schon ein solches Beispiel aufgezeigt; in der zweiten Folge etwa wird in einem Sketch ein familienfreundliches Automobil ohne sportliche Ambitionen, dafür mit Buttermilchantrieb und einem nicht drehbaren Lenkrad präsentiert. Im Grunde ist alles in der Serie bekloppt, nur eben im witzigen Sinne und niemals abwertend. Auf Dauer hätte sich das Konzept aber vermutlich nicht unbedingt tragen können. Zwei Folgen davon sind so schon genug, vor allem da es gerade bei den vielen Songs schwankende Qualität gibt.
OT: „Welle Wahnsinn“
Land: Deutschland
Jahr: 1982
Regie: Thomas Nikel
Drehbuch: Dieter Hallervorden
Musik: Kai Rautenberg, Jürgen Sauermann
Kamera: Reginal Naumann, Michael Koller
Besetzung: Dieter Hallervorden, Rotraud Schindler, Kurt Schmidtchen, Manfred Lehmann, Helga Feddersen
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