Seit ihrer Geburt sind sich die beiden Zwillingsschwestern sehr nahe. Und so meint Marie (Kristin Suckow) dann auch zu spüren, dass etwas mit Amelie nicht stimmt, als diese vor ihr eine Geburtstagsparty verlässt. Am nächsten Morgen ruft deren Freund Jonas Lange (Max Hubacher) aufgeregt bei der Polizei an, dass Amelie nie von der Party nach Hause kam und sich auch nicht mehr gemeldet hat. Hauptkommissar Ingo Thiel (Heino Ferch) nimmt daraufhin die Ermittlungen auf, steht jedoch vor einem Rätsel, da jegliche Spuren fehlen. Könnte Jonas etwas mit der Sache zu tun haben? Für Dorothee Reinhard (Martina Gedeck), die Mutter der beiden Zwillinge, unvorstellbar, war er doch immer der ideale Freund …
Alles wie immer
Serien oder Filmreihen zeichnen sich oft dadurch aus, dass sie konstant ein Konzept beibehalten. Aus gutem Grund: Das Publikum will schließlich wissen, was es erwartet, wenn es auch beim nächsten Mal einschaltet. Sonst droht schlechte Laune. Bei den Geschichten um den Hauptkommissar Ingo Thiel ist das aber schon ein bisschen übertrieben. Natürlich erwartet man nicht, dass bei Krimis jedes Mal das Rad neu erfunden wird. Wenn aber nach Ein Kind wird gesucht (2017) und Ein Mädchen wird vermisst (2021) nun mit dem neuen Film Wo ist meine Schwester? schon wieder ein Szenario um einen verschwundenen jungen Menschen bemüht wird, ist das schon sehr eintönig. Denn das bedeutet, dass drei der vier bislang gedrehten Filme eine ähnliche Geschichte erzählen. Nur Die Spur der Mörder (2019) stach mit seinem Mafia-Szenario hervor.
Aber um ausgefeilte Fälle ging es schon die letzten Male nicht unbedingt. Zwar darf jedes Mal gerätselt werden, was mit den Menschen passiert ist, vielleicht auch wer dahinter steckt. Wichtiger war es oft aber, welche Auswirkungen die Verbrechen auf die Leute haben. Das funktionierte gerade beim Auftakt Ein Kind wird gesucht sehr gut, bei dem die Zuschauer und Zuschauerinnen mitansehen durften, wie eine Familie aufgrund der Umstände zerbricht. Bei Wo ist meine Schwester? wird das auch ein wenig versucht. Immer wieder kehren wir zur Zwillingsschwester zurück, zum Freund, zur Mutter. Sie alle scheinen in Trauer gefangen, sind gar nicht mehr so wirklich da. Sie sind auch nur bedingt füreinander da. Seltsam ist dabei vor allem, dass Dorothee Jonas näher zu stehen scheint als ihren Töchtern. Gerade eine Szene, in der sie ihm die Haare wäscht, ist schon etwas befremdlich.
Irritierend und langweilig
Ansonsten ist der Film jedoch leider ziemlich uninteressant. Wer hinter dem Verschwinden steckt, wird nicht wirklich verheimlicht. Im Gegensatz zum klassischen Whodunnit, bei dem zahlreiche Verdächtige aufgereiht werden, gibt es hier praktisch niemanden, der in Frage käme. Viel rätseln ist daher nicht. Das muss nicht zwangsläufig ein Problem sein. Hier ist es das aber, da die Figuren selbst nicht so viel hergeben. Irgendwie wusste Wo ist meine Schwester? nicht viel mit der Konstellation anzufangen. Selbst das Thema der Zwillinge und ihrer intuitiven Verbundenheit wird kaum ausgereizt. Lediglich für einen billigen und kaum überzeugenden „Trick“ im weiteren Verlauf wird diese Besonderheit benutzt.
Das ist auch deshalb schade, weil dem Film ein Ensemble zur Verfügung stand, das eigentlich prädestiniert gewesen wäre, um eine packende Mischung aus Familiendrama und Krimi zu machen. Max Hubacher (ZERV – Zeit der Abrechnung) und Martina Gedeck (Die Wand), das ist für reine Episodenfiguren schon ein hohes Niveau. Doch auch deren vereintes Talent kann nicht verhindern, dass Wo ist meine Schwester? ein ziemlich mäßiger Film ist, der keines der beiden Genres wirklich erfüllt und letztendlich Zeitverschwendung ist. Der TV-Film, der auf dem Filmfest Hamburg 2022 Premiere feierte, wechselt zwischen irritierend und langweilig. Die einst wegen ihrer dokumentarischen Inszenierung so sehenswert gestartete Reihe kommt einfach nicht mehr aus ihrem Tief heraus.
OT: „Wo ist meine Schwester?“
Land: Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Markus Imboden
Drehbuch: Katja Röder
Musik: Florian Tessloff
Kamera: Armin Golisano
Besetzung: Heino Ferch, Kristin Suckow, Max Hubacher, Sina Bianca Hentschel, Ronald Kukulies, Martina Gedeck, Phil Laude, Nina Wolf
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