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Carlo Ljubek als Kinder-/Jugendtherapeut in der Serie "Safe" (© ZDF/Julia von Vietinghoff)

Carlo Ljubek [Interview]

In der Serie Safe spielt Carlo Ljubek einen Therapeuten in Berlin und beschäftigt sich mehrere Folgen lang mit verhaltensauffälligen Kindern und Jugendlichen. Zum Start der Serie am 8. November 2022 auf ZDFneo haben wir uns mit dem Schauspieler über die Arbeit an dem Drama, Einfühlungsvermögen und den Umgang mit psychischen Erkrankungen unterhalten.

 


Was hat Sie an der Serie gereizt? Warum wollten Sie bei Safe mitmachen?

Gerade die Frage, wie wir in der Gesellschaft mit psychischen Erkrankungen umgehen, hat mich sehr interessiert. Menschen werden heute noch immer schnell stigmatisiert. Ist es Schwäche, wenn ein Mensch mit seinen Kräften am Ende ist? Wenn jemand Trauer erlebt und nicht weiß, wie diese zu bewältigen ist? In einer Zeit, die so schnelllebig, dicht und oft überfordernd ist wie unsere, kommt die Beschäftigung und Auseinandersetzung mit dem Seelischen oft zu kurz. Seelisch erkrankte Menschen landen dann oft in einer Schublade, gelten als nicht leistungsfähig und geraten schnell an den Rand der Gesellschaft. Das ist gerade auch bei Kindern schwierig, die noch nicht genau formulieren können, wo und wie sie verletzt sind – anders als wenn sie z. B. stürzen und sich physisch verletzen, wo sofort ein Schmerz offensichtlich ist. Als Eltern mit dem eigenen Kind therapeutische Hilfe zu suchen, das ist schon ein ziemlicher Schritt. Deswegen ist Safe für mich wichtig und erzählt ein hochspannendes Thema – nicht nur für Eltern.

Könnten Sie uns mehr über Ihre Figur erzählen? Wen spielen Sie genau?

Ich spiele einen Kindertherapeuten, der selbst Familienvater ist und in Trennung lebt. Er hat eine pubertierende Tochter und kennt deshalb diese Probleme. Selbst als Therapeut ist er nicht davor gefeit.

Warum macht er diese Arbeit?

In der Serie erfahren wir relativ wenig über ihn und seine Vorgeschichte. Es geht ja nicht um ihn, sondern um die Kinder, die er betreut. Ich denke aber, dass er ein sozial eingestellter Mensch ist, dessen Arbeit sich aus seinem Bedürfnis entwickelt hat, anderen Menschen zu helfen.

Immer mehr Menschen nehmen inzwischen eine solche therapeutische Hilfe in Anspruch. Ist der Bedarf größer geworden oder hat die Tabuisierung abgenommen?

Die Frage ist aber, wird man dem Thema schon ausreichend gerecht und ist genügend Aufmerksamkeit in der Gesellschaft darauf gerichtet? Ich habe den Eindruck, die Menschen sind offener und sensibler geworden, was das Thema angeht. Es wird mehr darüber gesprochen. Wobei es natürlich auch sehr davon abhängt, in welchem Umfeld man aufwächst. Wer in einem Umfeld groß wird, in dem solche Themen abgetan werden und wo es keinerlei Kontaktmöglichkeiten in dieser Hinsicht gibt, der wird sich schwertun, diese Hilfe zu suchen oder anzunehmen. Der wird vielleicht nicht einmal wissen, dass es diese Hilfe gibt. Bei Kindern ist es noch schwieriger, da ihnen oft das Bewusstsein dafür fehlt. Kein Kind wird von sich aus sagen, dass es psychologische Hilfe braucht.

Was braucht es aus Ihrer Sicht, um speziell Kinder therapieren zu können?

Ich bin da selbst kein Spezialist. Ich habe im Vorfeld der Serie mit mehreren Kindertherapeut*innen Gespräche geführt und wir hatten eine tolle Begleitung, die uns während des Drehs unterstützt hat. Bei der Therapieform, Nicht-direktive Spieltherapie nach Virginia Axline, von der wir in Safe erzählen, geht es darum, erst einmal Vertrauen zu den Kindern aufzubauen und ihnen das Gefühl zu geben, dass sie in Ordnung sind, wie sie sind. Ein Therapeut braucht sicher ein besonderes Einfühlungsvermögen und darf nicht zu sehr in diese Welten eingreifen.  Es geht nicht darum, das Verhalten zu beurteilen und den Kindern zu sagen, was richtig und was falsch ist. Damit werden wir in der Welt da draußen auch so schon oft genug konfrontiert, ob es in der Schule ist oder im Sportverein. Menschen werden überall beurteilt. Wenn ein Mensch aber wütend oder traurig ist, dann ist das weder gut noch schlecht, sondern es ist erst einmal so.

Als Schauspieler brauchen Sie ebenfalls Einfühlungsvermögen, wenn Sie sich bei jedem neuen Projekt in Ihre Figur hineinversetzen müssen. Ist Einfühlungsvermögen etwas, womit man geboren ist, also eine Art Talent, oder etwas, das man sich erarbeiten kann und muss?

Es ist schwer für mich zu sagen, wie viel davon wirklich angeboren ist und wie viel später hinzukommt. Ich denke auch da, dass das Umfeld eine Rolle spielt. Wer entsprechende Werte, Verhaltensweisen, Gedanken mitbekommen hat, der wird sich vermutlich leichter in andere Menschen und Situationen hineinfühlen können. Bei der Schauspielerei ist es so, dass jeder sein eigenes Handwerkszeug mitbringt. Jeder/jede hat seinen/ihren eigenen Ansatz sich dem Charakter der Figur zu nähern. Die Herangehensweisen sind so vielfältig – Menschen so unterschiedlich. Deshalb kann man das so glaube ich nicht verallgemeinern. Es hängt wohl auch vom Projekt ab. Bei Safe habe ich das erste Mal über so einen langen, intensiven Zeitraum mit Kindern gearbeitet habe. Das war eine wunderbare und auch sehr neue Erfahrung für mich. Als Schauspieler konnte ich mich noch so gut vorbereiten und meine Texte lernen, bei der Arbeit mit Kindern musste ich mich aber darauf einlassen können, dass sie ihren eigenen Kopf haben und mich immer wieder überraschen.

Jetzt, da die Serie hinter Ihnen liegt, was haben Sie aus der Arbeit für Safe für sich mitgenommen?

Dass ich vielleicht erst zweimal durchatmen sollte, bevor ich in eine Diskussion einsteige. Oft ist es besser, wenn ich erst einmal zu verstehen versuche, was mein Gegenüber da sagen will und wie es ihm oder ihr damit geht. Das heißt nicht, dass ich derselben Meinung sein muss. Aber es würde Begegnungen miteinander oft einfacher machen, zunächst zu akzeptieren, was andere sagen, anstatt gleich in die Gegenargumentation einsteigen zu wollen. Zu einem Gespräch einzuladen, schafft Vertrauen und bringt oft mehr, als von Anfang an überzeugen zu wollen.

Und was hoffen Sie, dass das Publikum für sich aus der Serie mitnimmt?

Es ist immer schwierig, für das Publikum sprechen zu wollen. Safe sollte auch gar nichts vorgeben, sondern sanft und ohne jede Manipulation erzählen und einen Blick darauf werfen, wie Kommunikation funktionieren kann. Wie sich Vertrauen aufbauen lässt. Ich hoffe, dass das Publikum sich darauf einlässt.

Letzte Frage: Was sind Ihre nächsten Projekte?

Zuletzt habe ich die Netflix-Serie Sleeping Dog gedreht, an der Seite von Max Riemelt, Martin Wuttke und Peri Baumeister. Das war mir eine große Freude mit solchen Kolleg:innen zu arbeiten. Davor habe ich den Kinofilm Sophia, der Tod und ich gemacht, bei dem Charly Hübner Regie geführt, und Lena May Graf das Drehbuch geschrieben hat. Außerdem spiele ich nach wie vor Theater am Deutschen Schauspielhaus Hamburg.

Vielen Dank für das Gespräch!

Zur Person
Carlo Ljubek wurde am 21. Mai 1976 in Bocholt geboren. Mit 16 schloss er eine Ausbildung zum Industriekaufmann auf und machte anschließend von 1999 bis 2002 eine Schauspielausbildung an der Otto-Falckenberg-Schule. Seine Schauspielkarriere begann auf der Bühne, unter anderem trat er in München, Köln und Wiesbaden auf, seit einigen Jahren in Hamburg. Der Schauspieler mit kroatischen Wurzeln ist auch viel im Fernsehen zu sehen.



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