Contigo Capitan Netflix
© Bruna Prado/Tomas Cuesta/Daniela Talavera/Netflix

Contigo Capitán

Contigo Capitan Netflix
„Contigo Capitán“ // Deutschland-Start: 5. Oktober 2022 (Netflix)

Inhalt / Kritik

Paolo Guerrero (Nikko Ponce) kann es nicht fassen. Nach 36 Jahren Abstinenz hat sich Peru endlich wieder für eine Fußball-Weltmeisterschaft qualifiziert, doch mitten im Jubel erreicht den Kapitän der Nationalmannschaft ein Hiobsbotschaft. Beim Qualifikationsspiel gegen Argentinien soll er Kokain im Blut gehabt haben, was eine lange Sperre und somit auch sein persönliches Aus für das Turnier in Russland bedeuten würde. Doch woher kommt die positive Probe? Hat ein Grippemedikament den Test verunreinigt oder will jemand den peruanischen Star vielleicht sogar sabotieren? Inmitten dieser Spekulationen und Gerüchte über ihn versucht Paolo gemeinsam mit seinen engsten Vertrauten Chino (Rodrigo Palacios) und Tato (Oscar Beltrán) seine Unschuld zu beweisen, um sich den großen Traum von der WM in Russland doch noch zu erfüllen. Doch das Vorhaben stellt sich keineswegs als einfach heraus, fühlt sich Paolo doch vor allem von seinem eigenen Verband zunehmend im Stich gelassen.

Wie viel Wahrheit steckt drin?

Das war schon ein ganz schönes Hin und her, was 2018 vor der Weltmeisterschaft in Russland rund um Paolo Guerrero entstanden ist. Nachdem ein Dopingtest positiv auf Kokain angeschlagen hatte, wurde der peruanische Fußballer zunächst für ein Jahr, dann für 6 Monate und anschließend für 14 Monate gesperrt. Letztere Sperre wurde dabei zwischenzeitlich ausgesetzt, um Guerrero eine Teilnahme am wohl größten Turnier seiner Karriere zu ermöglichen. Die 6-teilige Netflix Serie Contigo Capitán erzählt nun diese Ereignisse vom Zeitpunkt des Tests bis hin zur WM nach und beruft sich dabei auf Interviews von Guerrero selbst und dessen Familie. Darauf wird auch nach jeder Episode im Abspann mehr als deutlich aufmerksam gemacht.

Die Serie stellt dabei den Fußballer als klares Unschuldslamm dar, das sich von der FIFA, der WADA und auch von der Presse ungerecht behandelt fühlt und alles daran setzt, seine Unschuld zu beweisen. Und genau bei dieser Inszenierung bietet sich ein spannendes und kontrastreiches Bild. Die westliche Presse stellt Guerreros Taktiken und Aussagen in den einzelnen Prozessen immer wieder als kurios, lächerlich oder eigenartig dar, während Contigo Capitán alles unglaublich ernst nimmt. Da klingt die versehentliche Einnahme von Koka-Tee zur Behandlung einer Magenverstimmung schon eher nach einer großen fußballpolitischen Verschwörung als nach einer an den Haaren herbeigezogene Ausrede.

Allgemein zeigt die Serie sehr deutlich die unterschiedlichen Wahrnehmung des peruanischen Fußballers. In seiner Heimat wird Guerrero nahezu verehrt – hier in Europa ist er eher für Fehltritte auf und neben dem Platz bekannt. Ein Flaschenwurf gegen einen Fan der eigenen Mannschaft sowie ein überharter Tritt gegen einen gegnerischen Torwart sorgten jeweils für heftige Sperren und Geldstrafen. Diesen impulsiven und aggressiven Aspekt des Fußballers lässt die Serie in ihren 6 Folgen komplett aus, was die Frage aufwirft, ob es sich bei Contogo Capitán nicht vielleicht doch um geschönte und alternative Geschichtsschreibung handelt. Wie viel am Ende der Wahrheit entspricht, sei mal dahingestellt, ein bitterer Beigeschmack bleibt allerdings bei Betrachtung der Fakten

Ein Unsympath am Telefon

Auch abseits der eben aufgeführten Thematik weiß die Netflix-Produktion nicht wirklich zu überzeugen. Allen voran der Protagonist funktioniert zu großen Teilen überhaupt nicht. Wenn Guerrero seine Ex-Frau samt Sohn Alessio zum Prozess nach Lausanne einfliegen lässt und plötzlich eingeschnappt ist, dass diese wieder zurück in ihre Heimat müssen, damit sie ihren Job nicht verliert, dann ist das nicht nur unfassbar unsympathisch, sondern dazu auch noch extrem egoistisch. Alles dreht sich um ihn, Figuren um Guerrero herum sind immer nur dazu da um ihm zu helfen oder ihm zur Seite zu stehen und wenn mal jemand versucht, die eigenen Bedürfnisse zu befriedigen, dann ist der Fußballer direkt eingeschnappt und enttäuscht. Angesichts der Handlung ist ein so unsympathischer Protagonist stark problematisch, worüber auch das blasse Schauspiel von Nikko Ponce nicht hinwegtäuschen kann.

Und auch der Handlungsverlauf steigert die Qualität der Serie nicht. Guerrero und seine Freunde telefonieren hier mit einem Experten, fahren dann zu einem Anwalt, hetzen von Prozess zu Prozess und haben dabei immer wieder das Telefon am Ohr. Gespräche und Neuigkeiten, die die Handlung vorantreiben sollen, werden fast ausschließlich über Telefonate oder Medienberichte eingestreut. Zwischenmenschliche Beziehungen fallen also schier gänzlich weg, was die Serie zu einer repetitiven und in die Länge gezogene Aneinanderreihung von Handymontagen macht. Das mag am Anfang erfrischend sein, fällt aber spätestens nach zwei Episoden negativ auf. Alles in allem hätte man den zugrunde liegenden Stoff auch gut und gerne in einem 90-minütigen Spielfilm verarbeiten können.

Credits

OT: „Contigo Capitán“
Land: Peru
Jahr: 2022
Regie: Javier Fuentes-Léon, Daniel Vega Vidal
Kamera: Arnaldo Rodriguez
Besetzung: Nikko Ponce, Rodrigo Palacios, Tatiana Espinoza, Tono Vega, Carlos Victoria, Alex Amato, Hugo Salazar

Bilder

Trailer

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Contigo Capitán
fazit
Was macht man, wenn der größte Traum droht zu platzen? Alles daran setzen, dies zu verhindern. Trotz dieser Ausgangslage lässt „Contigo Capitán“ jegliche Leidenschaft vermissen und verliert sich lieber in endlos langen Telefonaten und Pressemontagen, statt Paolo Guerreros verzwickte Lage angemessen zu verfilmen. Am Ende wirkt die Serie dann sogar noch wie geschönte Geschichtsschreibung.
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