Der Schock ist groß, als Marcel Wallner (Felix Everding) in seiner Kabine erstochen vorgefunden wird. Wer könnte es nur auf den beliebten Eishockeystar abgesehen haben? Bei der Suche nach Antworten werden Sonja Schwarz (Chiara Schoras) und ihr Partner Jonas (Gabriel Raab) auf die dubiosen Machenschaften des Spielerberaters Sebastian Glasner (Julian Weigend) aufmerksam. Schließlich ging es bei dem Verstorbenen um jede Menge Geld. Oder ist die Antwort vielleicht doch im Privaten zu suchen? So stellt sich heraus, dass Marcel zwar mit Nathalie (Zsá Zsá Inci) verheiratet war und ein Kind mit ihr hat. Gleichzeitig hatte er aber auch eine Affäre mit Anton (Vladimir Burlakov), der unter dem Künstlernamen Isabella als Sänger auftritt …
Sport und Homosexualität
Bei Der Bozen-Krimi konnte man sich lange auf zwei Sachen verlassen. Zum einen gab es immer schöne Bilder aus der Gegend, gerade aus der bergigen Natur. Schließlich handelt es sich um eine der ARD-Krimireihen am Donnerstagabend, die irgendwie auch verkappte Imagefilme sind, mit ganz viel Urlaubsgefühl, das es zur klassischen Mördersuche obendrauf gibt. Zuletzt war etwa Vergeltung sehr schön anzusehen. Der andere Punkt ist die Mafia: Viele, viele Folgen lang waren Schwarz und ihr Team auf der Jagd nach diversen Mafiosi. Beide Punkte spielen in Familienehre, dem 16. Teil der Reihe, keine wirkliche Rolle mehr. Von einem kurzen Ausflug an einen See im Rahmen eines Flashbacks einmal abgesehen, ist von der Natur wenig zu sehen. Das organisierte Verbrechen hat auch Sendepause.
Stattdessen nimmt uns der Film mit in die Welt des Sports, genauer des Eishockeys. Wobei auch das nur bedingt in der Geschichte behandelt wird. Es geht hier dann doch nicht darum, vergleichbar zu Das Netz – Spiel am Abgrund neulich das von Grund auf kriminelle System anzuprangern, das im Profisport keine Seltenheit ist. Das wird höchstens gestreift. Wichtiger war es Drehbuchautor Mathias Klaschka (Solo für Weiss: Todesengel) offensichtlich, die Homophobie in diesem Bereich anzusprechen. Der Bozen-Krimi: Familienehre positioniert sich hier ganz klar und kritisiert die Engstirnigkeit, die es nicht nur dort, sondern auch in der Familie von Anton gibt. Dieser lebt im Gegensatz zu Marcel seine Homosexualität offen aus, wurde dafür aber von seiner Familie verstoßen. Der Mord an dem Eishockeyspieler wird auf diese Weise nur zu einem Anlass, um völlig andere Themen anzusprechen.
Plump und wenig spannend
Prinzipiell ist das nicht verkehrt. Viele Krimis nutzen inzwischen klassische Ermittlungen bei einem Verbrechen dazu, um sich gesellschaftlich zu äußern, mehr zu sein als bloße Abendunterhaltung – zum Leidwesen mancher Zuschauer und Zuschauerinnen, die einfach nur abschalten wollen. Es bräuchte dann nur ein gewisses Fingerspitzengefühl, damit sich die verschiedenen Elemente organisch zusammenführen. Bei Der Bozen-Krimi: Familienehre fehlt das. Die Absicht hinter dem Film ist zweifelsfrei gut. Gut gemeint ist bekanntlich aber nicht automatisch gut gemacht. Immer wieder wird hier ganz plump der Holzhammer geschwungen, nur um ja sicherzugehen, dass auch alle davon getroffen werden. Hinzu kommen schauspielerische Darbietungen, die nicht unbedingt die nuanciertesten oder natürlichsten sind, was den Eindruck eines reinen Belehrungsfernsehen noch verstärkt.
Wenn wenigstens der Kriminalfall spannend wäre. Aber auch in der Hinsicht ist nicht so wahnsinnig viel zu holen. Während nach dem Mord tatsächlich noch eine Reihe von Wegen offen sind und das Publikum entsprechend viel rätseln darf, halten sich die Optionen nach einem baldigen Wendepunkt und durch den großen Fokus auf die Homosexualität in Grenzen. Da gibt es kaum jemanden, der überhaupt in Frage käme. Da die Auflösung nicht sonderlich interessant ist, können Krimifans Der Bozen-Krimi: Familienehre ignorieren, da gibt es zu viel Besseres in dem Genre. Andere Teile in der Reihe waren zwar noch schlechter. Wäre da aber nicht die lobenswerte Absicht, es gäbe keinen Grund, sich das hier überhaupt anschauen zu wollen.
OT: „Der Bozen-Krimi: Familienehre“
Land: Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Thomas Nennstiel
Drehbuch: Mathias Klaschka
Musik: Fabian Römer, Steffen Kaltschmid
Kamera: Joachim Hasse
Besetzung: Chiara Schoras, Gabriel Raab, Charleen Deetz, Lisa Kreuzer, Hanspeter Müller-Drossaart, Zsá Zsá Inci, Julian Weigend, Stefan Rudolf, Marita Breuer, Antonia Breidenbach, Felix Everding, Vladimir Burlakov
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