Besonders gut ist das Verhältnis zwischen den Geschwistern Alice (Kristen Bell) sowie Paul (Ben Platt) und ihrer Mutter Donna (Allison Janney) nicht. Eigentlich könnten sie gut darauf verzichten sie zu sehen, zumal sie gerade selbst mehr als genügend Probleme haben. Alice hat an der perspektivlosen Affäre mit ihrem verheirateten Boss zu knabbern. Paul wiederum hat diverse Differenzen mit seinem Partner Dominic (Karan Soni), weil er das Gefühl hat, diesem nicht mehr zu genügen. Jetzt heißt es aber erst einmal zur Hochzeit ihrer Halbschwester Eloise (Cynthia Addai-Robinson) zu fahren, zu der sie alle eingeladen sind. Das bedeutet auch für Donna, dass sie ihren ersten Ehemann Henrique (Isaach De Bankole) wiedersehen wird, der Vater von Eloise, und sich mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen. Einfach ist das nicht, denn je näher die Hochzeit rückt, umso größer werden die Spannungen …
Das Familienchaos vor einer Hochzeit
Wenn es in Filmen darum geht, entfremdete Verwandte zusammenzubringen, dann stehen neben Geburtstagen und Beerdigungen vor allem Hochzeiten hoch im Kurs. Schließlich strömen sie dann aus allen Ecken und Enden herbei, bei einem solchen Event kann man sich kaum drücken oder aus dem Weg gehen. Das wiederum bedeutet, dass es in den Filmen gern mal knallt. Alte Konflikte plus viel Enge, das gleicht oft einem Pulverfass, bei dem es auch gar nicht so viel braucht, damit es hochgeht. Bei Einfach mal was Schönes eskalierte es kürzlich kräftig, wenn drei grundverschiedene Schwestern und die betrunkene Mutter bei der neuen Hochzeit des Vaters aufeinandertreffen. Und auch bei der Amazon Prime Video Komödie Der schlimmste Tag im Leben darf sich das Publikum mental schon einmal auf viel Krach einstellen.
Die Hochzeit an sich spielt dabei eine überraschend geringe Rolle. Stattdessen konzentriert sich die Adaption eines Romans von Grant Ginder darauf, wie die verschiedenen Familienmitglieder mit sich, mit anderen oder mit der allgemeinen Situation hadern. Das hätte ohne Zweifel als Drama funktionieren können, ernst genug sind die Themen. Beispielsweise erfahren wir von einer Fehlgeburt von Alice. Paul wiederum hat mit Selbstzweifeln zu kämpfen, wenn er das Gefühl hat, nicht gut genug zu sein. Bei Donna liegt sowieso viel im Argen. Anstatt diese Themen aber ernsthaft angehen zu wollen, setzt Der schlimmste Tag im Leben dabei in erster Linie auf Humor. So geraten die Figuren immer wieder in unangenehme, teils sehr peinliche Situationen, bei denen das Publikum offensichtlich lachen sollte.
Zwischen Ernst und derbem Humor
Doch das ist dann eben auch das Problem: Nur weil etwas lustig sein soll, wird es das nicht automatisch. Wortwitz gibt es hier keinen. Auch bei den Figuren ist nicht viel zu holen, da diese nicht übermäßig interessant beschrieben sind. An manchen Stellen macht das Ensemble die Schwächen im Drehbuch wieder wett. Aber eben nur an manchen. Selbst komödiantisch zweifelsfrei begabte Schauspielerinnen wie Allison Janney (I, Tonya) und Kristen Bell (The Woman in the House Across the Street From the Girl in the Window) brauchen ein Material, auf dem sie aufbauen und sich damit ausdrücken können. Der schlimmste Tag im Leben lässt ein solches Material vermissen, wenn auf plumpe Gags der derberen Sorte gesetzt wird. Das darf man natürlich machen. Es sollte dann nur irgendwie zur Geschichte passen.
Regisseurin Claire Scanlon (Set It Up) gelingt es leider nicht, die verschiedenen Tendenzen des Films zusammenzuführen und zu einem stimmigen Ganzen zu kombinieren. Den deutschen Titel Der schlimmste Tag im Leben auf den Film selbst zu übertragen, mag da zwar übertrieben sein. Aber es passt doch ins Bild, dass der deutlich reizvollere englische Titel The People We Hate at the Wedding zugunsten einer generischen „Übersetzung“ aufgegeben wurde. Denn so uninteressant der deutsche Titel, so uninteressant ist auch der Film. Die zeitgleich veröffentlichte Amazon Prime Video Liebeskomödie Sachertorte mag auch nicht das größte Beispiel für Originalität und Kreativität sein. Immerhin gibt es dort aber charmante und amüsante Momente – beides darf man hier nicht erwarten.
OT: „The People We Hate at the Wedding“
Land: USA
Jahr: 2022
Regie: Claire Scanlon
Drehbuch: Lizzie Molyneux-Logelin, Wendy Molyneux
Vorlage: Grant Ginder
Musik: Tom Howe
Kamera: Oliver Stapleton
Besetzung: Allison Janney, Ben Platt, Cynthia Addai-Robinson, Kristen Bell, Karan Soni, Dustin Milligan, Tony Goldwyn, Isaach de Bankolé, Jorma Taccone, Julian Ovenden
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