Im New York der 1950er Jahre träumt der junge Tom Ripley (Matt Damon) davon, irgendwann einmal in die Liga der oberen Zehntausend aufzusteigen. Von seinem Ziel ist er jedoch weit entfernt und kann bestenfalls Arbeiten für sie erledigen, wie in seiner Stellung als Bediensteter in einem luxuriösen Klub. Als er bei einem Empfang der wohlhabenden Familie Greenleaf als Klavierspieler aushilft, fällt er dem Gastgeber aufgrund seiner geborgten Jacke der Universität Princeton auf. Er hält Ripley für einen ehemaligen Kommilitonen seines Sohnes Herbert Richie Greenleaf jr. (Jude Law), genannt „Dickie“, der nun schon seit vielen Jahren in einer kleinen Stadt in Italien lebt und wenig Interesse daran hat, irgendwann einmal das Erbe seines Vaters anzutreten. Tom soll nach Europa reisen und Dickie überreden, wieder zurück in die USA zu kommen. In Italien angekommen spricht Ripley, eine zufällige Begegnung vortäuschend, Dickie und seine Freundin Marge (Gwyneth Paltrow) an, die ihn, nach einer kurzen Unterhaltung, zu sich nach Hause einladen. Schon nach dem ersten Treffen ist Tom sehr angetan von dem Leben, das Dickie in Europa lebt, wie auch seiner Vorliebe für gutes Essen und gute Kleidungt. So gesteht er ihm, dass er im Auftrag seines Vaters unterwegs ist und was genau seine Mission ist, was sowohl er als auch Dickie auszunutzen gedenken.
Dank Toms Talent im Verstellen um im Fälschen von Unterschriften gelingt die Taktik und Dickies Vater lässt Ripley immer mehr Geld zukommen, was sie beide mit vollen Händen ausgeben, für Jazzplatten und Essen, doch auch fürs Toms Garderobe, der sich immer wohler in Italien und in der Gesellschaft seines Gastgebers fühlt. Immer mehr lernt er jedoch auch die dunklen Seiten seines neuen Freundes kennen.
Eine besondere Liebe zum Antihelden
Bereits 1960 wurde Patricia Highsmiths Roman Der talentierte Mr. Ripley mit Alain Delon in der Hauptrolle verfilmt, was zu der Zeit eine weitere Figur war, die Delons Ruf als einer der führenden Schauspieler Europas zementierte. Regisseur Anthony Minghella (Der englische Patient) war ebenfalls so begeistert von der Vorlage, dass er eine eigene Adaption des Stoffes drehen wollte, die etwas näher am Roman angelegt war, sich aber an einige bedeutenden Stellen Freiheiten nahm. Begeistert von seiner Leistung in Good Will Hunting besetzte er Matt Damon in der Rolle des Tom Ripley, und zeigte damit bereits an, dass seine Verfilmung einen ganz anderen Akzent setzen würde als die vorherigen.
Für Highsmith war Ripley eine Figur, die ihr ganz besonders am Herzen lag, was allein daran zu sehen ist, dass der Charakter im Zentrum von fünf Romanen der gefeierten Autorin ist. Zeit ihres Lebens zeigte sie sich fasziniert von dem Opportunismus und der fehlenden Moral ihres Helden und verteidigte diesen und seine Handlungen gar in Interviews oder Essays über ihre Werke. In Minghellas Verfilmung scheint der Akzent klar auf der ersten Seite des Charakters zu liegen, was man zugleich an der Darstellung Damons sieht. Er könne Unterschriften fälschen und andere Leute imitieren, sagt er Dickie Greenleaf in ihrem ersten Gespräch und gibt zugleich Auskunft über sich selbst, ist er doch weniger eine Person als mehr eine Art Projektionsfläche der Vorstellungen seines Gegenübers, ein „Mann ohne Eigenschaften“, um es mit den Worten des Autors Robert Musil zu beschreiben, oder einfach nur ein sehr geschicktes, menschliches Chamäleon. Im Gegensatz zu Delons Ripley ist Damons Version eine ganz andere Art von Verführer, der durch Imitation der Verhaltensweise der Reichen und Schönen in ihrem Kreis verkehren kann und in dem von Jude Law gespielten Dickie einen Gesinnungsgenossen zu sehen meint und bitter enttäuscht ist, als dieser ihn auf einmal fallenlässt.
Flüchte und Überheblichkeiten
Neben der Haupthandlung um Neid, Gier und verletzte Gefühle erzählt Minghellas Version des Stoffes zugleich von einer missglückten Flucht. Europa diente bereits seit den 1920er Jahren, unterbrochen nur von den Weltkriegen, als eine Zuflucht, vor allem für Künstler, die das Leben dort nicht nur als billiger empfanden, sondern sich auch kulturell in der „alten Welt“ besser aufgehoben sahen. New York City wirkt dagegen mit seiner vertikalen Hierarchie wie eine rigide Reflektion der Klassengesellschaft, wie man sie aus Europa kennt, mit einer Elite, die von ihren Wohnungen in den Wolkenkratzern auf den Rest der Welt herabblicken. Was für Menschen wie Dickie und Marge jedoch eine Flucht vor der Verantwortung ist, verklärt von romantischen Vorstellungen des „alten Europas“, ist für Ripley eine Chance des Aufstiegs, die dieser in jedem Fall nutzen will, „verführt“ durch Dickie, welcher ihm jenes „la dolce vita“ vorlebt.
Minghella und Kameramann John Seale unterstreichen diese Gegensätzlichkeit der „neuen“ und der „alten Welt“, ebenso wie ihre Verklärung durch ein Italien, was bisweilen wie das Foto auf einer alten Postkarte wirkt. Zugleich erscheint diese Welt, der perfekte Ort für eine Figur wie Ripley zu sein, der sich in ihr verstecken kann, ein neues Leben beginnen kann und ungestört im Dunklen agieren kann, immer erpicht darauf, sich nicht zu verraten und seinen erkämpfen Status zu verteidigen.
OT: „The Talented Mr. Ripley“
Land: USA
Jahr: 1999
Regie: Anthony Minghella
Drehbuch: Anthony Minghella
Vorlage: Patricia Highsmith
Musik: Gabriel Yared
Kamera: John Seale
Besetzung: Matt Damon, Jude Law, Gwyneth Paltrow, Philip Seymour Hoffman, Cate Blanchett, Jack Davenport, James Rebhorn, Philip Baker Hall
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
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Academy Awards | 2000 | Bester Nebendarsteller | Jude Law | Nominiert |
Bestes adaptiertes Drehbuch | Anthony Minghella | Nominiert | ||
Beste Musik | Gabriel Yared | Nominiert | ||
Bestes Szenenbild | Roy Walker, Bruno Cesari | Nominiert | ||
Beste Kostüme | Ann Roth, Gary Jones | Nominiert | ||
BAFTA | 2000 | Bester Film | Nominiert | |
Beste Regie | Anthony Minghella | Nominiert | ||
Bester Nebendarsteller | Jude Law | Sieg | ||
Beste Nebendarstellerin | Cate Blanchett | Nominiert | ||
Bestes adaptiertes Drehbuch | Anthony Minghella | Nominiert | ||
Beste Musik | Gabriel Yared | Nominiert | ||
Beste Kamera | John Seale | Nominiert | ||
Berlinale | 2000 | Goldener Bär | Nominiert | |
Golden Globes | 2000 | Bester Film (Drama) | Nominiert | |
Beste Regie | Anthony Minghella | Nominiert | ||
Bester Hauptdarsteller (Drama) | Matt Damon | Nominiert | ||
Bester Nebendarsteller | Jude Law | Nominiert | ||
Beste Musik | Gabriel Yared | Nominiert |
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