Als Peter (Stefan Kurt) 65 wird und damit in Rente geht, wird groß gefeiert. Alle sind sie zusammengekommen, um den neuen Lebensabschnitt zu beginnen, den er mit seiner Frau Alice (Esther Gemsch) vor sich hat. Während er sich darauf freut, jetzt mehr Ruhe zu haben, verfolgen seine Kinder Susanne (Isabelle Barth) und Julian (Martin Vischer) andere Pläne. Eine Kreuzfahrt für die Eltern haben sie ihm zur Feier geschickt. Seine Begeisterung darüber hält sich in Grenzen, er willigt letztendlich aber ein und versucht, das Beste aus der Situation zu machen. Alice hingegen hat große Hoffnungen, möchte sie doch die Gelegenheit nutzen, um ein bisschen Schwung in die eingeschlafene Ehe zu bringen. Aber noch bevor sie ablegen, erhalten diese Hoffnungen einen großen Dämpfer, als sich Peters Freund Heinz (Ueli Jäggi) der Reise anschließt …
Eine späte Reise
Mit einem Kreuzfahrtschiff durch die Welt zu tuckern, kann sehr unterschiedliche Folgen haben. Während Das Traumschiff seit mittlerweile vier Jahrzehnten unbeirrt behauptet, dass der Luxus uns alle zu besseren und glücklicheren Menschen macht, gab es zuletzt Filme, die das genaue Gegenteil erzählen. Dort wird eine Reise zum Anlass einer Demontage. Während der Cannes-Gewinner Triangle of Sadness unterwegs zu einer Satire wird, die spöttisch die High Society absaufen lässt und gesellschaftliche Hierarchien auf den Kopf stellt, da bleibt Die goldenen Jahre eine Nummer kleiner. Allgemeingültige Aussagen, wie man sei beim Kollegen findet, sind hier nicht zu finden. Vielmehr geht es um individuelle Entdeckungsreisen dreier Menschen jenseits der 60, die für sich selbst nach einem Zielhafen suchen.
Das Thema wurde in den letzten Jahren von zahlreichen Filmen aufgegriffen. Oft sind es dort Frauen im fortgeschrittenen Alter, die noch einmal etwas ausprobieren und erleben möchte. Bei McLenBurger – 100% Heimat will beispielsweise die Protagonistin ein eigenes Restaurant eröffnen. Edie – Für Träume ist es nie zu spät führt hinauf in die Berge, wo sich die Hauptfigur jenseits der 80 einen Traum erfüllen möchte. In Britt-Marie war hier wartet eine neue Karriere als Fußballtrainerin. Ganz so groß sind die Aspirationen von Alice nicht. Ihr würde es ja schon reichen, wenn Peter zu Hause mit anpackt und ihr mehr Aufmerksamkeit schenkt. Hin und wieder Sex und Zärtlichkeit, das wäre schon sehr nett. Davon gab es zuletzt nicht sehr viel.
Die Suche nach dem individuellen Glück
Was anfangs wie eine reine Ehekomödie aussieht, weitet mit der Zeit zunehmend die Perspektive. Es geht dann nicht mehr nur um die beiden, sondern ganz allgemein die Frage: Was will ich mit meinem Leben anfangen? In welcher Form kann ich mein Glück finden? Die goldenen Jahre liefert darauf keine Antworten, sondern ist ein grundsätzlich sympathisches Plädoyer dafür, offen zu sein, Neues auszuprobieren und sich von Erwartungen und Kategorien zu lösen. Bis die Figuren bei dieser Erkenntnis ankommen, müssen sie jedoch zahlreiche schwierige Hindernisse überwinden. Zumindest streckenweise wird der Film so zu einem Roadmovie, wenn auf dem Wasser wie auf dem Land weite Strecken zurückgelegt werden, als Spiegel einer inneren Reise, zu den unterschiedlichsten Orten führt.
Das ist dann schon alles irgendwie nett. Aber leider nicht wirklich mehr als das. Ein großzügiges Publikum wird die filmische Reise als entspannt bezeichnen, bei der man sich treiben lassen kann. Man darf aber auch sagen, dass Die goldenen Jahre über weite Strecken einfach vor sich hinplätschert. Die Komödie, die auf dem Zurich Film Festival 2022 Weltpremiere feierte, hat zwar eine Handvoll überraschender Wendungen, dreht sich oft aber im Kreis. Sie lässt auch Biss vermissen, wenn die Sinnsuche zu einer harmlosen Nabelschau verkommt. Das kann man sich gut anschauen, wenn man es sich ein bisschen gemütlich machen will. Richtig viel zu lachen gibt es dabei aber nicht, Höhepunkte sind rar gesät.
OT: „Die goldenen Jahre“
Land: Schweiz, Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Barbara Kulcsar
Drehbuch: Petra Biondina Volpe
Musik: Carsten Meyer
Kamera: Tobias Dengler
Besetzung: Esther Gemsch, Stefan Kurt, Ueli Jäggi, Gundi Ellert, Isabelle Barth, Martin Vischer, André Jung, Teresa Harder
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