Seit einigen Jahren schon lebt der Spanier Leo Castaneda (Antonio de la Torre) in Brüssel, wo er sein Geld als U-Bahn-Fahrer verdient. Eines Tages muss er hilflos mitansehen, wie ein Jugendlicher vor seine Bahn springt, jedes Bremsen ist zu spät. Noch größer ist der Schock aber, dass es sich bei dem Jugendlichen um seinen eigenen Sohn handelt, den er seit Jahren nicht mehr gesehen hat. Zwar nehmen der Kommissar (Olivier Gourmet) und dessen Tochter Virginie (Marine Vacth), die ebenfalls bei der Polizei arbeitet, sofort die Ermittlungen auf. Doch Antworten, warum der Junge sich das Leben nehmen wollte, haben sie ebenfalls nicht zu bieten. Überzeugt davon, dass an der Geschichte mehr dran ist, nimmt Leo daraufhin die Sache selbst in die Hand und sucht auf eigene Faust nach Antworten – was ihm eine Reihe von Scherereien einbringt …
Ein Vater will Rache für seinen toten Sohn
Ein Kind zu verlieren, gehört sicherlich zu den schlimmsten Erfahrungen, die ein Mensch machen kann. Dabei zuzusehen, wie es sich das Leben nimmt und man selbst nichts dagegen tun kann, ist dann die Hardcore-Variante eines solchen Schicksalsschlages. Klar: Dass sich der Junge ausgerechnet vor die U-Bahn wirft, die der Vater gerade fährt, ist nicht unbedingt der glaubwürdigste Zufall. Man hätte das sicherlich auch auf eine weniger konstruierte Weise lösen können. Aber Glaubwürdigkeit ist nicht das oberste Ziel von Die Mörder meines Sohnes. Anstatt aus diesem Ereignis ein Drama zu machen, wie es bei einem solchen Ereignis ohne Weiteres möglich gewesen wäre, ist der Selbstmord nur der Auftakt für eine Mörderjagd, die durch die ganze Stadt führt.
Giordano Gederlini, der zuvor am Drehbuch von Die Wütenden – Les Misérables mitgearbeitet hat und mit Die Mörder meines Sohnes sein Debüt als Regisseur gibt, legt eine Mischung aus Krimi und Rachethriller vor. Auf der einen Seite begibt sich der Protagonist auf eine Spurensuche und versucht die letzten Schritte seines Sohnes zu rekonstruieren. Doch wie der deutsche Titel bereits vorab verrät: Es handelt sich hier nicht um den bloßen Selbstmord eines unglücklichen Menschen. Vielmehr hängen da noch andere Leute drin, die ihren Anteil an dem tragischen Ereignis haben. Und wie das bei vielen Thrillern der Fall ist, will Leo das nicht ungesühnt lassen. Wer auch immer Schuld daran trägt, soll seine gerechte Strafe bekommen.
Doppeltes Katz-und-Maus-Spiel
Was Die Mörder meines Sohnes von herkömmlichen Rachethrillern unterscheidet: Auch der Protagonist hat eine Vorgeschichte, die enthüllt werden muss. So ist er nicht der gewöhnliche U-Bahn-Fahrer, der er nach außen hin zu sein scheint. Das muss auch die Polizei feststellen, als sich Leo in Widersprüche verstrickt und deutlich kompetenter bei seiner Mission ist, als man erwarten würde. Das Publikum verfolgt auf diese Weise zwei Parallelhandlungen. Bei der einen geht es um Leo, der versuchen muss, die Wahrheit über seinen Sohn herauszufinden. Die andere folgt dem Ermittlungsduo, das seinerseits Leo verfolgt und mehr über den herauszufinden versucht. Auch wenn es dabei zwangsläufig irgendwann auf eine Überschneidung hinausläuft, eine Zeit lang ist es doch ganz unterhaltsam, wie es zu einem doppelten Katz-und-Maus-Spiel kommt.
Während das alles durchaus gelungen ist, schwächelt der eigentliche Inhalt. Selbst wer sich nicht an der besagten Zufälligkeit des Einstiegs stört, wird irgendwann feststellen, dass das bei Die Mörder meines Sohnes alles schon sehr konstruiert und auch überzogen ist. Die Geschichte um Vater und Tochter, die beide bei der Polizei arbeiten, kommt zudem nie so wirklich vom Fleck. Das fällt auch deshalb auf, weil Die Wütenden – Les Misérables seinerzeit durch seine dokumentarische Anmutung eine solche Wucht entwickelte. Etwas Vergleichbares gibt es hier nicht. Das ist schade, weil Atmosphäre und Schauspiel passen, Hauptdarsteller Antonio de la Torre (Die Morde von Madrid) macht als undurchsichtiger Rächer eine gute Figur. Die gelegentlichen Actionszenen können sich ebenfalls sehen lassen. Insgesamt reicht es bei dem Krimithriller dadurch für das obere Mittelfeld und ein solides Debüt.
OT: „Entre la vie et la mort“
Land: Frankreich, Spanien, Belgien
Jahr: 2022
Regie: Giordano Gederlini
Drehbuch: Giordano Gederlini
Musik: Laurent Garnier
Kamera: Christophe Nuyens
Besetzung: Antonio de la Torre, Marine Vacth, Olivier Gourmet, Fabrice Adde, Christophe Seureau, Nessbeal
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