Die Schwimmerinnen The Swimmers Netflix
© Ali Güler/Laura Radford/Netflix

Die Schwimmerinnen

„Die Schwimmerinnen“ // Deutschland-Start: 10. November 2022 (Kino) // 23. November 2022 (Netflix)

Inhalt / Kritik

Yusra (Nathalie Issa) und Sara Mardini (Manal Issa) sind nicht nur Schwestern. Die beiden jungen Frauen eint auch der Traum, als Schwimmerinnen eines Tages an den Olympischen Spielen teilzunehmen. Das Talent haben sie, ihre Zeiten in den einzelnen Disziplinen scheinen ihnen alle Wege zu öffnen. Doch die Lage in ihrer Heimat Syrien wird immer schwieriger, die Gefahren des Krieges rücken näher. Um diesem zu entkommen, treten die beiden gemeinsam mit ihrem Cousin Nizar (Ahmed Malek) die Flucht über das Mittelmeer an. Ihr Wunsch ist es, nach Deutschland zu gelangen und von dort aus weiter für das syrische Nationalteam zu schwimmen. Der Rest der Familie solle zu einem späteren Zeitpunkt nachkommen, so der Plan. Aber schon der Weg dorthin ist mit zahlreichen Hindernissen verbunden …

Menschen auf der Flucht

Eine Zeit lang waren sie fester Bestandteil der deutschen Kinolandschaft: Filme über Flüchtlinge. Vor allem im Dokumentarbereich gab es unzählige Titel, aber auch der eine oder andere Spielfilm war dabei. Der bekannteste darunter war mit Sicherheit Willkommen bei den Hartmanns. Inzwischen wurde es deutlich ruhiger in der Hinsicht. Nach wie vor kommen aber weiterhin Titel heraus, die unter Beweis stellen, wie dankbar dieses Thema noch immer ist, um bewegende Geschichten zu erzählen. So lief vor einigen Wochen die Serie Liberame – Nach dem Sturm im Fernsehen, bei der ein gemütlicher Segeltörn in der Katastrophe und jeder Menge moralischer Fragen endete. Wer es lieber versöhnlicher mag, für den gibt es jetzt Die Schwimmerinnen, das nach einer kurzen Stippvisite im Kino auf Netflix erschienen ist.

Das bedeutet nicht, dass die britisch-US-amerikanische Coproduktion nicht auch ans Eingemachte geht. Vor allem in den ersten beiden Dritteln schont Regisseurin und Drehbuchautorin Sally El Hosaini das Publikum nicht. So veranschaulicht sie, wie gefährlich die Lage in Syrien geworden ist. Dafür setzt sie auf massive Kontraste, wenn sich das alltägliche Leben der jungen Frauen mit dem Kriegsschrecken abwechselt. Die Träume der beiden und die Lebensfreude, sie passen nicht zu den fallenden Bomben, die jederzeit auch sie treffen könnten. Die Schwimmerinnen gibt dem Thema Flucht ein Gesicht und macht deutlich, weshalb diese ganzen Menschen ihre Heimat hinter sich lassen mussten. Auf diese Weise werden die beiden Protagonistinnen und ihr Cousin zu stellvertretenden Symbolen, bei denen individuelle und gesellschaftliche Schicksale ineinander übergehen.

Schwaches letztes Drittel

Vor allem aber der Mittelteil ist geeignet, um das Publikum zu schockieren und für die Figuren einzunehmen. Die Schwimmerinnen zeigt auf, was es bedeutet, alles auf sich nehmen zu müssen und mit welchen Gefahren eine solche Flucht verbunden ist. Als wäre es nicht auch so schon schwierig genug, die Überfahrt zu überstehen, bei der viele ihr Leben lassen, geraten sie an Leute, welche die Not ausnutzen. Man muss hier schon sehr hartgesotten sein, um nicht von dem Schicksal der drei und der vielen Leidgenossen ergriffen zu sein. Dass das Ende der Überfahrt vorher schon feststeht – es handelt sich hier schließlich um eine wahre Geschichte – mindert zwar theoretisch die Spannung. Es gibt zu keiner Zeit wirkliche Zweifel, dass sie durchkommen. Der Abschnitt ist aber selbst mit diesem Wissen spannend genug, um bis zum Ende dranzubleiben.

Leider baut das Drama, welches auf dem Toronto International Film Festival 2022 Premiere feierte, im dritten Teil deutlich ab. Thematisch relevant ist zwar auch dieser, wenn es um die Frage geht, wie das Leben von Flüchtlingen in der Fremde aussieht. Und natürlich hat es einen beträchtlichen Wohlfühlfaktor, wenn der Traum von der sportlichen Karriere fortgeführt wird. Leider vertraut El Hosaini während dieser Phase aber nicht darauf, dass die Geschichte und die schauspielerischen Leistungen ihres Ensembles ausreichen. Und so finden sich in Die Schwimmerinnen zunehmend Dialoge, die mit dem Holzhammer verteilt werden. Jeder Gedanke wird plump ausgebreitet, damit auch ja alle im Publikum verstehen, was sie selbst denken und fühlen sollen. Kitsch und Pathos werden mit offenen Armen empfangen. Das ist schade, wenn nicht gar ärgerlich. Es reicht in der Form zwar in der Summe noch für einen soliden Film. Der Stoff hätte aber mehr verdient.

Credits

OT: „The Swimmers“
Land: UK, USA
Jahr: 2022
Regie: Sally El Hosaini
Drehbuch: Sally El Hosaini
Musik: Steven Price
Kamera: Christopher Ross
Besetzung: Nathalie Issa, Manal Issa, Ahmed Malek, Matthias Schweighöfer, Ali Suliman, Kinda Alloush, James Krishna Floyd

Bilder

Trailer

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fazit
„Die Schwimmerinnen“ beginnt als starke Schilderung einer Flucht und mutet dabei dem Publikum jede Menge zu. Leider sind aber auch die Dialoge im letzten Drittel eine Zumutung, wenn Gefühle und Gedanken mit dem Holzhammer ins Publikum geprügelt werden, Kitsch und Pathos inklusive.
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