Als mehrere Frauenleichen entdeckt werden, die geschminkt, frisiert und mit einem Tattoo versehen wurden, scheint alles auf den bekannten Serienmörder Eberhard Wernickes (Martin Wuttke) hinzuweisen. Die Sache hat nur einen Haken: Der sitzt seit Jahren schon hinter Gittern und hat die Psychiatrie seither nicht mehr verlassen. Handelt es sich bei dem neuen Täter nur um einen Nachahmer oder zieht Wernickes noch immer die Strippen und leitet jemand anderen da draußen an? Die junge Kommissarin Ria Larsen (Karoline Schuch) steht vor einem rätselhaften Fall. Dabei ist es nicht nur Druck, möglichst schnell Ergebnisse zu liefern, der ihr zu schaffen macht. Sie muss sich zudem ihrem erfahrenen Kollegen Mattern (Ronald Kukulies) entgegenstellen, der nicht glücklich darüber ist, dass Larsen das Sagen hat …
Krimi mit Anlaufschwierigkeiten
Bei jedem neuen Krimi, der auf einem der öffentlich-rechtlichen Sender ausgestrahlt wird, liegt der Verdacht nahe, dass dies der Auftakt zu einer ganzen Reihe werden sollte. Bei Die Toten am Meer wollte das bislang aber nicht so wirklich klappen. Zwar wurde der Film dieses Jahr tatsächlich mit Die Toten am Meer: Der Wikinger fortgesetzt. Allerdings hatten die Fans zwei Jahre warten müssen, bis es weiterging. Dass Hauptdarstellerin Karoline Schuch nach nur einem Film wieder ausstieg und ihre Rolle neu besetzt wurde, sorgte zudem für Irritationen und machte nicht unbedingt Mut im Hinblick auf die Langlebigkeit. Dabei hatte der Auftakt durchaus Potenzial für weitere Fälle, gehörte in der Flut an TV-Krimis, die Woche für Woche für Woche erscheinen, zu den besseren Titeln.
So ist das Setting an der Nordsee schon sehenswert. Klar, ein wirkliches Alleinstellungsmerkmal ist das inzwischen nicht mehr. Mit Nord Nord Mord, Nord bei Nordwest, Friesland und anderen Reihen ist die Idee, vor idyllisch-rauen Küsten auf Mörderjagd zu gehen, keine besonders neue. Hinzu kommen die diversen skandinavischen Krimis, die ebenfalls in der Gegend auf Publikumsfang sind. Aber es ist auch in dieser Ausgabe ein schön anzusehender Schauplatz, der stark zur Atmosphäre des Films beiträgt. Dazu passt auch der raue Ton, wenn Freundlichkeit keine Spezialität der Gegend ist. Nicht einmal unter Kollegen und Kolleginnen scheint man sich wohlgesonnen. In Die Toten am Meer kämpfen irgendwie alle für sich – oder gleich direkt gegeneinander.
Zwei Mörder und viele Fragen
Das muss man im Einzelfall nicht immer verstehen. Während die Konflikte zwischen Larsen und Mattern zumindest nachzuvollziehen sind, wenn ein Alphamännchen tödlich in seiner Männlichkeit verletzt ist, sich einer Frau unterordnen zu sollen, ist das bei anderen schon schwieriger. Da scheint viel aus Prinzip zu geschehen, weniger weil sich das aus der Situation ergeben würde. Das kann schon etwas nervig zu sein. Hinzu kommt, dass Wernickes so überzogen ist, dass er mehr wie eine Karikatur wirkt. Aber das wird zum Glück nicht zu störend im Gesamtbild. Die Toten am Meer ist da doch deutlich erträglicher als der Nachfolger Der Wikinger, bei dem man irgendwann wirklich die Schnauze voll hatte von den ständigen Streitereien.
Aber auch was den Kriminalfall als solchen betrifft, hat der erste Teil die Nase vorn. Das Anfangsszenario erinnert bewusst an Das Schweigen der Lämmer, wenn ein inhaftierter Serienmörder den Weg zu einem neuen weisen muss. Nur dass die zwei Mörder hier irgendwie zusammenhängen müssen, so viel wird von Anfang an klar. Wie genau wird genretypisch erst zum Schluss verraten. Zuvor gibt es viele Theorien und damit einhergehend viele falsche Abzweigungen. Und eben viel Streit, wenn von Mord zu Mord die Nerven noch mehr blank liegen. Das Ergebnis mag nicht allzu clever sein, ein kunstvoll verschachteltes Rätsel hat Drehbuchautorin Heike Voßler nicht gerade entworfen. Aber es reicht doch aus, um insgesamt ein solider Krimi zu sein, mit dem man sich anderthalb Stunden füllen kann.
OT: „Die Toten am Meer“
Land: Deutschland
Jahr: 2020
Regie: Johannes Grieser
Drehbuch: Heike Voßler
Musik: Jens Langbein, Robert Schulte Hemming
Kamera: Wolf Siegelmann
Besetzung: Karoline Schuch, Charlotte Schwab, Christoph Letkowski, Ronald Kukulies, Max Herbrechter, André Szymanski, Martin Wuttke, Markus John
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