Ein Jahr ist es inzwischen her, dass Thomas (Marc Limpach) spurlos verschwunden ist. Während seine Frau Sabine (Meike Droste) versucht, so gut es geht den Alltag fortzusetzen, will sich sein Sohn Paul (Levi Eisenblätter) nicht damit zufriedengeben. Und so macht er sich gemeinsam mit seinem besten Freund Max (Jonas Oeßel) während der Sommerferien daran, endlich herauszufinden, was damals wirklich geschehen ist. Hatte Thomas, der an einer bipolaren Störung litt, wieder eines seiner Tiefs, die ihn dazu veranlassen, die seltsamsten Dinge zu tun? Oder ist doch etwas ganz anderes vorgefallen? Als Anhaltspunkt für die Suche sollen dabei Aufzeichnungen des Vermissten dienen, der fest davon überzeugt war, dass in der Nähe eine legendäre Höhle auf ihre Wiederentdeckung wartet. Und eben diese Höhle erhoffen sich die beiden Jungs zu finden, als sie eines Tages davonschleichen und ihr Abenteuer starten …
Aus Liebe zur Natur
Dass André Hörmann die Natur liebt, das merkt man seinen Filmen an. So startete Anfang des Jahres sein Dokumentarfilm Mahendra Highway in unseren Kinos, in denen der deutsche Regisseur uns auf eine schwindelerregende Reise durch Nepal mitnahm. Von schneebedeckten Bergen über saftige Plantagen bis zum Regenwald reichte die Palette, die er uns vor Augen führte. Bei seinem ersten Spielfilm Nachtwald – Das Abenteuer beginnt! ist das alles zwar eine ganze Spur kleiner, spielt dieser doch „nur“ auf der Schwäbischen Alb. Da ist die Abwechslung zwangsläufig etwas geringer, wenn wir uns gemeinsam mit den beiden Jungs durch den Wald schlagen. Aber auch hier versteht es Hörmann, sich die Schönheit der Natur zunutze zu machen und sie für das Publikum ansprechend zu inszenieren.
Um einen Heimatfilm handelt es sich bei Nachtwald jedoch nur bedingt. Da ist zum einen der Abenteueraspekt, der bereits in dem Titel angesprochen wird. Hörmann mag es aber auch dort etwas kleiner. Da müssen normalerweise keine großen Gefahren gemeistert werden. Hauptsächlich besteht die Anforderung darin, allein durch den Wald zu kommen und dabei die Hinweise richtig zu deuten, die Pauls Vater hinterlassen hat. Dabei ist nicht einmal klar, ob an diesen wirklich etwas dran ist oder er auch in der Hinsicht einfach nur gesponnen hat. In Rückblenden wird deutlich, dass Thomas einige kuriose Ansichten und Marotten pflegte, darunter auch der Hand, in den unmöglichsten Situationen Star Wars zitieren zu wollen. Das ist natürlich harmlos, aber doch auch peinlich. Vor allem für einen Jungen, der gerne einen normalen Vater hätte.
Die Geschichte einer Freundschaft
Der Jugendfilm, der auf dem Filmfest München 2021 Premiere feierte, ist damit eigentlich zwei Filme in einem. Auf der einen Seite ist er das besagte Abenteuer, wenn wir mit den beiden Protagonisten durch den Wald streifen und ihnen die Daumen drücken, dass sie die gesuchte Höhle finden werden. Nachtwald ist aber auch die Geschichte von zwei Freunden, die jeweils auf ihre Weise Außenseiter sind. So wird Paul für seinen Vater gehänselt – und das selbst von Erwachsenen, die etwas mehr Rücksichtnahme zeigen sollten. Max wiederum ist etwas kräftiger gebaut, was er mit Humor zu überspielen versucht. Wie nahe ihm das alles geht, wird aber in einer Szene deutlich, in der ausgerechnet Paul sein Gewicht kommentiert und deshalb zu einer harten Prüfung der Freundschaft wird.
Darin kann sich die junge Zielgruppe wiederfinden, selbst wenn es in keiner vergleichbaren Ausnahmesituation ist. Themen wie Mobbing, Selbstzweifel oder Freundschaft spielen in dem Alter schließlich immer eine Rolle. Die Sehnsucht, eigene Abenteuer zu erleben, ist ohnehin universell. Letztere macht Nachtwald auch für ein erwachsenes Publikum sehenswert. So hat der Film eine leicht nostalgische Atmosphäre, wenn hier daran erinnert wird, wie es früher war, gemeinsam die Welt erobern zu wollen. Sommerferien, das war als Kind immer eine ganz besondere Zeit. Hörmann erinnert daran, während er sich selbst seine eigene Kindheit wieder ins Gedächtnis holt. Auch wenn die Hintergründe der Geschichte natürlich ernst ist, so weckt der Film doch die Lust, selbst wieder rauszugehen und nach großen Schätzen Ausschau zu halten, die gefühlt hinter jeder Ecke auf einen warten könnten.
OT: „Nachtwald“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: André Hörmann
Drehbuch: Katrin Milhahn, André Hörmann
Musik: Marian Lux
Kamera: Michael Hammon
Besetzung: Levi Eisenblätter, Jonas Oeßel, Marc Limpach, Meike Droste
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