
Es ist ein trauriger Abschied für Prof. Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers), als das mit ihm seit vielen Jahren befreundete Ehepaar Friedhelm (Jan Georg Schütte) und Veronika Fabian (Proschat Madani) die Zelte abbricht und in Mittelamerika eine neue Heimat sucht. Kommissar Frank Thiel (Axel Prahl), der ebenfalls unter den Gästen der Abschiedsfeier war, hat derweil einen wichtigen Fall zu lösen. Wer hat den Anwalt Nikolas Weber (Hadi Khanjanpour) ermordet? War es der Mafiaboss Nino Agostini (Claudio Caiolo), für den Weber gearbeitet hatte? Oder steckt womöglich Erik Nowak (Hendrik Heutmann) dahinter, ein ehemaliger Kompagnon?
Ein Tatort-Duo im Dauereinsatz
Es heißt ja manchmal, dass das Fernsehen schnelllebig sein soll. Bei vielen neuen Serien ist unklar, ob sie es bis zu einer zweiten Staffel schaffen. Und selbst wer die Einstiegshürde geschafft hat, muss jederzeit damit rechnen, dass ihm der Stecker gezogen wird. Beim Tatort ist das bekanntlich anders. Nicht nur dass seit mittlerweile über 50 Jahren Filme produziert werden. Bei den einzelnen Ermittlungsteams, die über ganz Deutschland verteilt sind, sind welche, die seit Jahrzehnten schon im Einsatz sind. Zu denen zählt auch das Münster-Duo Boerne und Thiel, die seit ihrem Debüt Der dunkle Fleck im Oktober 2002 mehr als 40-mal inzwischen aufgetreten sind und dabei beständig ein zweistelliges Millionenpublikum anziehen. Mit Ein Freund, ein guter Freund soll nun das 20-jährige Jubiläum gefeiert werden.
Doch auch wenn man das bei dem Titel denken könnte: Der 1216. Teil der ARD-Krimireihe handelt nicht von der Freundschaft zwischen den beiden Protagonisten, die im Laufe der Jahre diverse Höhen und Tiefen durchgemacht hat. Stattdessen bezieht er sich auf das Verhältnis von Boerne zu den Fabians, die trotz der anfänglichen Abschiedszeremonie doch noch von großer Bedeutung sein werden. Das ist man aus Münster gewohnt, da werden immer mal wieder Verbindungen ins Private offenbart. Wobei Tatort: Ein Freund, ein guter Freund an der Stelle zweigleisig fährt. Während Thiele auf Mörderjagd ist, folgen wir Boerne bei seiner eigenen Geschichte, bevor irgendwann wenig überraschend die zwei Stränge doch noch zusammenfinden. Ein Münster Tatort, bei dem die zwei nicht irgendwie zusammenarbeiten, das ist kaum zu verkaufen.
Kein Grund zum Feiern
Ein weiterer Faktor, der nicht fehlen darf: Humor. An blöden Sprüchen, insbesondere von Boerne, mangelt es nicht. Die Reihe ist schließlich für seine Überheblichkeit bekannt, unter der alle anderen zu leiden haben – besonders Alberich (ChrisTine Urspruch). Was jedoch bei Tatort: Ein Freund, ein guter Freund fehlt, ist die Skurrilität, die immer mal wieder frühere Fälle begleitet hat. Mag sein, dass man sich zum Jubiläum bewusst zurücknehmen und doch mehr in den Krimi an sich investieren wollte. Drehbuchautor Benjamin Hessler hat zumindest bei früheren Fällen bewiesen, dass er durchaus für die bekannten Blödeleien zu haben ist – siehe Es lebe der König!. Andererseits reduzierte er kürzlich bei Harter Brocken: Das Überlebenstraining auch schon den Humorgehalt einer Reihe, die eigentlich für diesen bekannt war. Insofern hat er vielleicht grundsätzlich keine große Lust auf Witze.
So oder so, der Spaßfaktor hält sich hier doch ziemlich in Grenzen. Die einzelnen Anläufe wirken lustlos, mehr wie ein Pflichtfaktor als wie eine tatsächliche Inspiration. Aber auch der Kriminalfall ist nicht übermäßig interessant. Zumindest zum Teil ahnt man doch recht früh, was da genau gespielt wurde. Tatort: Ein Freund, ein guter Freund ist damit der Nächste in einer ganzen Reihe durchschnittlicher Titel, die man beim Dauerbrenner oft findet. Wirklich drüber ärgern muss man sich nicht. Die Wahrscheinlichkeit sich zu langweilen, ist da doch höher. Wer unbedingt einen Krimi am Sonntagabend braucht, macht damit nichts grundlegend verkehrt. Zum Feiern ist einem beim Anschauen aber kaum zumute.
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