Für den 16-jährigen Jonny (Eden H. Davies) gibt es nur Party, Alkohol und Drogen im Leben. Zumindest oberflächlich scheint er die Feierei mit seinen Freunden zu genießen. Wie es ihm wirklich geht, weiß nur sein Vater (Aidan McArdle). Als dieser plötzlich an einem Aortenaneurysma stirbt, bricht für Jonny eine Welt zusammen – auch wenn er es sich nach außen hin nicht anmerken lässt. Einzig in Mei (Callina Liang) findet er eine Vertraute: Ihr Vater ist auch nicht mehr am Leben. Aber irgendetwas stimmt an der Geschichte nicht …
Wacklig und unpassend
Tell Me Everything ist eine der Serien, die zur Einweihung des neuen Streamingdienstes ITVX am 8. Dezember veröffentlicht werden. Beim britischen Sender ITV2 wird sie in unbekannter Zukunft ausgestrahlt. Kurioserweise ist sie deutschsprachigen Zuschauer bereits ab heute zugänglich, sei es in der ZDFmediathek oder später als reguläres Abendprogramm im Fernsehen. Hier natürlich leider nur in deutscher Synchronisation, die nicht immer so recht passen möchte. Die Textnachrichten, die sich die Teenager gegenseitig schicken, werden ebenfalls in übersetzter Form präsentiert – zumindest überwiegend. In der sechsten Folge scheint das vergessen worden zu sein, wenn da auf einmal englische Worte über den Bildschirm flimmern.
Der Einstieg von Tell Me Everything ist nicht sehr vielversprechend. Die Kamera wackelt viel, die flackernden Lichter scheinen den Zuschauer auf einen psychedelischen Trip schicken zu wollen. Da die Jugendlichen sich mit Alkohol und Drogen zuschütten, soll das wohl analog zu der auf Konstantin Stanislawski zurückgehenden Lehre für Schauspieler so etwas wie Method Photography sein, aber das ist schon alles eher unangenehm hier. Zum Glück gibt sich das relativ schnell wieder. Inhaltlich geht es jedoch nicht unbedingt besser weiter. Bei der Beerdigung lässt Jonny im Gespräch mit dem Pfarrer nicht nur unpassende unflätige Bemerkungen fallen, seine Großcousine flirtet auch noch in übergriffiger Weise mit dem 16-jährigen Jungen. Weil er nichts mit sich anzufangen weiß, macht er ein Selfie mit seinen Freunden und postet es mit dem Kommentar „TrauerFEIER“. Dass ihm erlaubt wird, einer der Sargträger zu sein, ist auch ziemlich unrealistisch. Nach einigen weiteren Fehltritten wird er später beim Sex mit besagter Großcousine erwischt. Seine kreischende Mutter beschwichtigt er mit einem: „Alles gut, wir habens geklärt. So verwandt sind wir gar nicht.“
Nicht wirklich interessant
Was das alles soll, ist schon nicht so ganz zu begreifen. Jonny leidet angeblich an undiagnostizierter Depression, und mit dem was uns gesagt wird, ließen sich tatsächlich Argumente für die Richtigkeit dieser Aussage finden. Mit dem was uns gezeigt wird dagegen eher weniger. Natürlich können sich Depressionen in unterschiedlichen Formen bemerkbar machen, aber das wirkt hier alles eher aufgesetzt. Schauspieldebütant Eden H. Davies scheint auch oft nicht so richtig zu wissen, was er tun soll, wobei das ohne Kenntnis des Originaltons nicht abschließend zu bewerten ist. Ebenso kann nicht beurteilt werden, ob die Dialoge im Original ebenfalls so krampfhaft auf jugendlich getrimmt sind.
Auch wenn sich die Serie hauptsächlich um Jonny dreht, bekommen die meisten seiner Schulkameraden ihre eigenen kleinen Storys. Die von Mei hätte das meiste Potenzial gehabt. Nachdem sie Jonny zu Beginn glauben macht, ihr Vater sei ebenfalls verstorben, endet die erste Folge mit einem guten Cliffhanger: Dem Anruf einer Person, die auf ihrem Handydisplay als „Dad“ ausgewiesen wird. Es verspricht, der spannendste Handlungsstrang zu werden, ist letzten Endes aber auch nicht interessanter als was sonst noch so in der Serie vor sich geht.
OT: „Tell Me Everything“
Land: UK
Jahr: 2022
Regie: Richard Senior, Marley Morrison
Drehbuch: Mark O’Sullivan, Robert Fraser, Cameron Loxdale, Yemi Oyefuwa, Kat Sadler
Kamera: Aadel Nodeh-Farahani, Korsshan Schlauer
Besetzung: Carla Woodcock, Spike Fearn, Lauryn Ajufo, Eden H. Davies, Callina Liang, Tessa Lucille, Clare Calbraith, Mark Quartley, Mark O’Sullivan
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