Es gab eine Zeit, da waren er (James McAvoy) und sie (Sharon Horgan) sicher glücklich miteinander gewesen. Nur kann sich keiner von den beiden richtig daran erinnern. Schon seit einer Weile kriselt es zwischen den beiden, gehen sie sich gegenseitig zunehmend auf die Nerven. Wäre da nicht der gemeinsame 10-jährige Sohn Artie (Samuel Logan), vielleicht hätten sie sich schon längst getrennt. Konnten sie sich bislang aber gut aus dem Weg gehen und auf diese Weise die Konfrontation meiden, sind sie während der Corona-Pandemie dazu gezwungen, sehr viel Zeit miteinander zu verbringen. Je näher sie sich dabei kommen, umso häufiger werden die Konfliktpunkte ausgegraben, welche beide seit Ewigkeiten zu unterdrücken versuchten …
Beziehungskrise während der Corona-Pandemie
Die Corona-Pandemie hat bekanntlich auch die Filmwelt kräftig durcheinandergewirbelt, sei es in Form von Kinoschließungen, verschobenen Produktionen oder auch verändertem Sehverhalten. Aber auch inhaltlich haben die vergangenen drei Jahre ihre Spuren hinterlassen und wurden auf die eine oder andere Weise thematisiert. In der Thrillerserie Helsinki-Syndrom etwa nimmt ein Unternehmer, der sich während der Krise vom Staat in Stich gelassen fühlt, die Leute einer Redaktion als Geisel. In Locked Down folgen wir einem kriselnden Paar, das die Krise für einen großen Coup nutzen will. Und auch bei Together steht eine Beziehung im Mittelpunkt, die schon länger diesen Namen nicht mehr wirklich verdient und jetzt während Corona zu einer ungewollten Nähe gezwungen wird.
Im Gegensatz zu den beiden obigen Titeln, die aus der alltäglichen Erfahrung eine Ausnahmesituation bastelten, da bleibt Together deutlich stärker im Alltag verwurzelt. Hier gibt es keine kriminellen Machenschaften oder sonst etwas, das einen in die Nachrichten bringen würde. Stattdessen befasst sich Drehbuchautor Dennis Kelly mit gewöhnlichen Themen, die viele Menschen betreffen. Da geht es um Beziehungsprobleme, wirtschaftliche Nöte oder die Einschränkungen, die wir alle in der Zeit erlebt haben. Persönliche und politische Themen wechseln sich ab, beispielsweise kommt auch die Frage auf, welche Maßnahmen angemessen oder notwendig sind. Die Übergänge sind dabei fließend, da sich das Private und das Gesellschaftliche in dieser Zeit nie ganz voneinander trennen ließ. Dass die beiden im Film keinen Vornamen erhalten, sondern nur als „he“ und „she“ in den Credits geführt werden, verstärkt das Gefühl, dass sie stellvertretend für die Menschheit allgemein stehen.
Zwischen Kopf und Herz
An manchen Stellen wird das etwas kopflastiger, unterstützt durch das regelmäßige Durchbrechen der Vierten Wand. Immer wieder richten sich die beiden Figuren ans Publikum und sprechen es direkt an. Tatsächlich scheinen sie zeitweise mit den Zuschauern und Zuschauerinnen zu kommunizieren als miteinander. Doch trotz der Dialoglastigkeit – der Film spielt praktisch ausschließlich in der Wohnung – ist Together nicht frei von einer emotionalen Seite. Vor allem die Passage, in der die Mutter der Protagonistin erkrankt und im Sterben liegt, geht richtig an die Nieren. Auch wenn wir die Frau nie kennenlernen und alles nur aus dritter Hand erfahren, verfehlen diese Szene nicht ihre Wirkung. All der Schmerz, der sich in den Millionen Schicksalsschlägen angesammelt, entlädt sich in diesem Moment. Nicht nur an der Stelle macht sich bezahlt, dass Regisseur Stephen Daldry (The Hours) ein hervorragendes Schauspielduo zur Verfügung hat.
Auf diese Weise wechseln sich komische und bittere Szenen ab, wobei die Grenzen zwischen beidem ebenfalls fließend sind. Dafür gibt es eine deutliche chronologische Entwicklung, die sich an Ereignissen wie dem besagten Tod der Mutter, aber auch äußeren Ereignissen festmacht. Beispielsweise spielt gegen Ende die Entdeckung des Impfstoffes eine Rolle, der eine neue Hoffnung inmitten der trüben Welt darstellt. Aufgrund der besagten Meta-Elemente verliert Together zwar ein Stück der Identifikationsfläche, welche das Thema eigentlich mit sich bringt. Da kommt immer wieder eine Distanz hinein. Dennoch ist die Tragikomödie eine stimmige Chronik der Jahre 2020 und 2021 aus dem Blickwinkel eines Paares, das sich bekriegt und doch irgendwie auch liebt. Auch wenn viele vermutlich erst einmal genug von dem Corona-Thema haben und nicht unbedingt an diese Zeit zurückerinnert werden wollen: Innerhalb der vielen Filme und Serie, die dieses aufgegriffen haben, ist das hier eines der sehenswerteren Beispiele.
OT: „Together“
Land: UK
Jahr: 2021
Regie: Stephen Daldry
Drehbuch: Dennis Kelly
Kamera: Iain Struthers
Besetzung: James McAvoy, Sharon Horgan, Samuel Logan
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