Willie (Billy Bob Thornton) verdient sich seinen Lebensunterhalt damit, in Kaufhäusern als Santa Clause aufzutreten – oder besser gesagt rumzusitzen. Nicht, dass er besonders kinderlieb oder hilfsbereit wäre. Oder besonders professionell: Er betrinkt sich häufig und zeigt sich den jungen Kunden gegenüber deutlich abgeneigt. Mit dem Gehalt für den Job allein kann er sich natürlich auch nicht ein ganzes Jahr durchschlagen. Daher hat er mit seinem kleinwüchsigen Kollegen Marcus (Tony Cox), welcher mit ihm als Elf auftritt, eine kleine Nebenverdienstquelle aufgetan. Die beiden plündern den Safe des jeweiligen Kaufhauses, das sie engagiert hat, bevor sie weiterziehen. Als jedoch eines Tages der übergewichtige Junge Thurman (Brett Kelly) in sein Leben tritt, scheint sich alles für den Sozialversager Willie zu ändern …
Die Resignation hinter der guten Laune
Der Begriff Bild-Text-Schere ist eigentlich für die Analyse von Nachrichtenbeiträgen oder Dokumentarfilmen vorgesehen. Untersucht wird dabei, ob und wenn ja inwieweit Texteinblendungen oder auditiv übermittelte Informationen von den gezeigten Bilder abweichen, und welche Folgen das jeweils haben könnte. Mittlerweile häufig Ton-Bild-Schere genannt, können wir ihn aber für unsere Zwecke hier einmal entlehnen und etwas verfremden. Bad Santa versteht es nämlich hervorragend, das Gezeigte mit dem Soundtrack zu konterkarieren und vice versa. Damit fängt er direkt schon bei der Eröffnungsszene an. Zu den Klängen von Nocturne Nr. 2 in Es-Moll, Op. 9 Nr. 2 von Frédéric Chopin neigt sich die Kamera außen zu einem Pub hinunter. Schon bald sind wir mittendrin in der gediegenen Stimmung. Die Kamera fährt voran, vorbei an den gut gelaunten Gästen. Hinten an der Ecke der Theke sitzt ein Mann im Santa-Claus-Kostüm. Erst als wir näher an ihm dran sind, offenbart sich, dass er so gar nichts ins Bild passt. Sein Gesicht ist verlebt. Die Zigarette resigniert in der Hand haltend, fordert er einen weiteren Drink. Der Typ ist fertig mit allem, insbesondere mit der Welt um sich herum, aber nicht zuletzt mit sich selbst.
Nachdem wir sehen, was Willie in dem Kaufhaus, in welchem er als Weihnachtsmann gearbeitet hat, veranstaltet, gibt es einen Zeitsprung von elf Monaten. Der Taugenichts liegt schlafend in seinem Bett, bis Holly Jolly Christmas in der Interpretation von Burl Ives aus dem Radio erschallt und ihn aufweckt. Nicht nur aufweckt, geradezu aufstachelt. Während die meisten Leuten sich gerne diesen Tönen hingeben und sich von ihnen aufmuntern lassen, packt Willie aufbrausend das Radio und wirft es gegen die Wand. Er lässt nicht nur einige Gläser folgen, sondern schmeißt auch mit Invektiven um sich.
Hervorragend gespielt
Einen weiteren Zeitsprung später, dieses Mal nur einige Tage, stapft er mit seinem Kumpanen Marcus über den aufgeheizten Asphalt eines Parkplatzes, während die heiße Luft um die beiden herum flimmert. Dazu ertönt die Stimme von Dean Martin mit Let It Snow! Let It Snow! Let It Snow!. Diese weit geöffnete Ton-Bild-Schere in unserer Verwendung des Wortes gibt es aber auch bei Thurman. Sein erster Auftritt wird von der Melodie des Refrains von Auf in den Kampf, Torero aus der Oper Carmen begleitet. Wer den Text und Kontext des Stückes kennt, weiß dass hier unter anderem die Zeile „Stolz in der Brust, siegesbewusst“ gesungen wird. Der Torero stellt sich mutig und entschlossen den Gefahren. Thurman hingegen lässt sich zu den Klängen von einigen herumlungernden Halbstarken alle möglichen Hänseleien gefallen und versucht einer Konfrontation aus dem Weg zu gehen.
Bad Santa ist so etwas wie die Antithese zum klassischen Weihnachtsfilm. Der Streifen weiß schon ganz genau, was er tut. Diese ganzen Kontraste spielen nicht nur mit unseren Erwartungen, sind nicht nur Satire auf gängige Konventionen. Sie dienen auch der Charakterisierung von Willie, den Billy Bob Thornton hervorragend portraitiert. Das Schauspiel ist generell einer der Pluspunkte des Films. Bernie Mac etwa glänzt als Kaufhausdetektiv, auch wenn er als solcher nicht genügend Screentime zugestanden bekommt. Bad Santa ist einer der wenigen Film, bei denen der Rezensent auch die deutsche Synchronisation empfehlen kann. Mit einer Laufzeit von 92 Minuten ist der Film zwar keinesfalls zu lang geraten, das Pacing ist an der ein oder anderen Stelle aber vielleicht nicht ganz so zügig, wie es hätte sein können. Wer dafür offen ist, wird mit dem derben Humor viel anfangen können, allerdings ist er auch definitiv nicht jedermanns Sache.
OT: „Bad Santa“
Land: USA
Jahr: 2003
Regie: Terry Zwigoff
Drehbuch: Glenn Ficarra, John Requa
Musik: David Kitay
Kamera: Jamie Anderson
Besetzung: Billy Bob Thornton, Tony Cox, Brett Kelly, Lauren Graham, Lauren Tom, Bernie Mac, John Ritter
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