14 Jahre ist es inzwischen her, dass sich die Schwestern Marina (Elia Galera) und Anna (Eva Martín) nicht mehr gesehen haben. 14 Jahre, in denen sie völlig unterschiedliche Lebenswege eingeschlagen haben. Während Marina in Afrika als Ärztin arbeitet und mit dem deutlichen jüngeren Entwicklungshelfer Matthias (Tommy Schlesser) eine Beziehung führt, ist Anna nie von Mallorca weggekommen. Wie schon ihre Eltern und Großeltern lebt sie auf der Insel, ist mit Armando (Pere Arquillué) verheiratet und hat mit ihm die Tochter Anita (Mariona Pagès). Doch nun ist Marina zurück. Eine Unbekannte hat den beiden eine kleine Bäckerei hinterlassen. Doch wer war diese Lola? Und warum das Erbe? Auf der Suche nach Antworten machen die beiden die Bekanntschaft der Hotel-Besitzerin Ursula (Marilú Marini) und von Catalina (Claudia Faci), die lange in der Bäckerei gearbeitet hat …
Begegnung mit der Vergangenheit
Es ist ein in Filmen immer wieder gern verwendetes Szenario: Nach einem Todesfall kehrt die Hauptfigur wieder in die Heimat zurück und muss sich dort mit der eigenen Vergangenheit auseinandersetzen. Beispiele für ein solches Szenario gibt es jede Menge, etwa das preisgekrönte Manchester by the Sea oder auch Uncle Frank. Insofern ist die Ausgangssituation von Die Insel der Zitronenblüten eine recht bekannte, wenn auch hier nach einem langen Aufenthalt Marina nach Mallorca zurückkehrt. Der große Unterschied: Hier ist eine völlig Fremde gestorben, kein enges Familienmitglied. Damit kommt von Anfang an ein kleines Mystery-Element in die Geschichte, wenn sich das Publikum gemeinsam mit der Protagonistin fragen darf, was es mit dieser Bäckerei und deren Besitzerin auf sich hat.
Man sollte jedoch nicht zu viel vom besagten Mystery-Element erwarten. Zum einen ist das Geheimnis, das dahinter steckt, derart offensichtlich, dass viele schon weit vor der Auflösung wissen werden, worum es dabei ging. Zum anderen hat Cristina Campos, die den gleichnamigen zugrundeliegenden Roman geschrieben und auch am Drehbuch mitgearbeitet hat, in Die Insel der Zitronenblüten sehr viel mehr zu erzählen. Genauer gibt es drei große Themen, die in dem Drama nach und nach abgearbeitet werden. Da wäre zum einen Marinas Wunsch, sich um ein Waisenkind zu kümmern, bei dessen Geburt sie dabei war. Das zweite ist das besagte Geheimnis und der Rattenschwanz, der damit einhergeht. Das dritte betrifft eine große Veränderung im Leben der Schwestern, die ebenfalls als Katalysator für weitere Entwicklungen dient. Hinzu kommen noch ein paar Nebengeschichten, die auch noch irgendwie mit rein mussten.
Überladen, aber doch schön
Hört sich nach viel an? Ist es auch. Tatsächlich kann man sich darüber streiten, ob es wirklich nötig gewesen wäre, all diese Punkte irgendwie unterzukriegen. Der Glaubwürdigkeit hat es zumindest nicht unbedingt genutzt: Trotz eines sehr guten Schauspiels wirkt Die Insel der Zitronenblüten nicht unbedingt so, als wäre das einem realen Leben entnommen. Wenn man aber gar nicht den Anspruch hat, dass ein solches Drama unbedingt realistisch sein muss, dann hat der Film durchaus seine Qualitäten. Gut gelungen ist beispielsweise, wie hier eine Reihe von Frauen mit den unterschiedlichsten Hintergründen eine Verbindung aufbauen. Während die Männer sehr einseitig beschrieben sind – Matthias ist ein zu perfekter Traummann, Armando ein selbstsüchtiges Arschloch –, sind die Frauenfiguren komplex und mit einigen Widersprüchen versehen. Es macht einfach Spaß zuzusehen, wie sie sich nach und nach einander annähern und zu einer wertvollen Stütze im Leben der anderen werden.
Regisseur und Co-Autor Benito Zambrano (Out in the Open) hatte an diesen Stellen ein glückliches Händchen, zumal er lange dem Pathos standhalten kann. Erst zum Schluss lässt er sich gehen und gibt einem entsprechend geneigten Publikum sehr viel Grund zum Schluchzen. Aber es sind schöne Momente, sowohl wenn es um einen neuen Lebensanschnitt geht wie auch einen schweren Abschied. Ein weiterer Grund, warum man sich die spanisch-luxemburgische Romanadaption anschauen kann, sind die gelungenen Aufnahmen von Mallorca. Ob es das Dorf ist, der Strand, die Bäckerei oder auch die Wohnung, die Marina bezieht: Das ist alles schon sehr charmant, ohne gleich zu billigem Postkartenkitsch zu verkommen. Wer in der Stimmung ist für ein hübsches Melodram zwischen Schmerz und Wohlfühlaufmunterung, der darf die Reise auf die Insel daher antreten und für zwei Stunden dem hier und jetzt entkommen.
OT: „Pan de limón con semillas de amapola“
Land: Spanien, Luxemburg
Jahr: 2021
Regie: Benito Zambrano
Drehbuch: Benito Zambrano, Cristina Campos
Vorlage: Cristina Campos
Musik: Joan Valent
Kamera: Marc Gómez del Moral
Besetzung: Elia Galera, Eva Martín, Mariona Pagès, Marilú Marini, Tommy Schlesser, Claudia Faci, Pere Arquillué
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