Dass eine Karriere, egal, in welcher Branche, nicht immer steil nach oben geht, ist mittlerweile eine Binsenweisheit geworden, die sich jedoch immer wieder bewahrheitet. Bedenkt man, wie in der Filmbranche gewisse Werke bei ihrem Erscheinen von der Presse zerrissen und vom Publikum gemieden wurden, verwundert es nicht selten, dass genau diese Werke mittlerweile eine nicht gerade kleine Fangemeinde haben. Man denke nur an den Kultstatus eines Filmes wie Tommy Wiseaus The Room, den viele für einen der schlechtesten Filme überhaupt halten, was aber niemanden daran hinderte, das Werk sowie Hauptdarsteller und Schöpfer zu einer Kultfigur zu machen. Allein im Bereich Horror finden sich unzählige Beispiele von Filmen, die einst geächtet und mittlerweile verehrt wurden, was bisweilen auch einer kulturspezifisch anderen Rezeption des Werkes an sich liegt. Entsprechend ähnlich verhält es sich mit Regisseuren oder Darstellern. Wenn man an die Karriere eines Nicholas Cage denkt, der für einige, trotz seiner immer wieder zweifelhaften Rollenwahl, nach wie vor einer der besten Darsteller aller Zeiten ist, und für viele eben nur ein überdrehter Grimassenschneider, ist dies eines von vielen Beispielen.
Als Regisseur verkörpern allerdings nur wenige jenes Auf und Ab einer Karriere so wie der Inder M. Night Shyamalan, der wegen Werken wie The Sixth Sense gefeiert wurde und dann wegen The Happening den Spott und wegen The Last Airbender gar den Zorn von Publikum und Kritik auf sich zog. Mag sich seine Karriere nach dem Erfolg von The Visit und Split auch etwas gefangen haben, zeigt die gemischte Rezeption seines letzten Filmes Old, dass es noch lange nicht vorbei ist mit diesem Auf und Ab.
Für Autor Adrian Gmelch war dies Grund genug einen Blick auf das Werk dieses Mannes zu werfen, in dem sich Licht und Schatten so vereinen und welches vielleicht gerade deswegen eines der interessantesten innerhalb der jüngeren Filmgeschichte ist. In Die Neuerfindung des M. Night Shyamalan befasst sich der Autor zum einen mit dem Werdegang des Filmemachers, doch dann vertieft er sich in die Werke an sich, schafft Bezüge zu anderen Filmen und Kulturen und zeigt auf, welche Einflüsse sich in Shyamalans Filmen zeigen lassen. Hierbei ergibt sich der Blick auf einen sehr eigenwilligen Künstler, der sich nach vielen Misserfolgen neu erfinden musste, seine Arbeitsweise etwas verändern sollte und der aber unumstritten Filme geschaffen hat, die dem Zuschauer nicht mehr aus dem Gedächtnis gehen.
Der alte und der neue Shyamalan
Neben einem Bezug zu zahlreichen Fakten, Interviews wie Rezensionen zu den Filmen Shymalans changiert Gmelch zwischen der Perspektive des Zuschauers und der des Filmhistorikers. Beiden Perspektiven liegt die Erkenntnis zugrunde, dass es in dem Werk des Inders, angefangen bei The Happening, um eines handelt, was nicht nur die bereits angesprochenen Höhen und Tiefen kennt, sondern welches seinen ganz eigenen Weg geht. Selbst wenn die im Titel definierte Neuerfindung auch wirtschaftlich dringend nötig war, so hat man den Eindruck, dank der zahlreichen Verweise während der Lektüre, dass sich Shyamalan, in seinen Themen und seiner Bildsprache, treu geblieben ist. Interessant ist dabei die Unterscheidung zwischen dem „alten“ Shyamalan und dem „neuen“, wobei sich der Regisseur, spätestens seit The Visit, sehr viel freier fühlt, was man seinen Filmen in vielerlei Hinsicht anmerkt. Hierbei verweist Gmelch nicht nur auf die Kinofilme, sondern ebenso auf Serien wie Wayward Pines oder zuletzt Servant, welche seine Theorie von diesen beiden Gesichtern des Inders belegen.
Vom Ton her ist Die Neuerfindung des M. Night Shyamalan leicht verständlich und eher weniger akademisch, selbst wenn man dies über das Vorgehen des Autoren nicht sagen lässt. Vielmehr scheint er sich an den Werken und dem Ton eines Filmhistorikers wie Peter Biskind zu orientieren, der einen gewissen Anspruch damit verknüpft, das Interesse und die Neugier des Lesers zu wecken, auch auf die weniger gelungenen Momente in der Karriere Shyamalans. Bei all den interessanten Punkten und Bezügen, die Gmelch in dessen Werk findet, sollte man nicht den Fehler begehen und ihn als unkritisch zu bezeichnen, denn nicht jeder Eintrag in der Filmografie des Inders kommt bei ihm gut weg.
OT: „Die Neuerfindung des M. Night Shyamalan: Wie sich ein einst gefeierter Filmemacher zurück an die Spitze kämpft“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Autor: Adrian Gmelch
Verlag: Büchner-Verlag
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