Für Gail Reynolds (Alison Steadman) ist es schon ein ziemlicher Schock, als sie einer alten Schulfreundin über den Weg läuft und die ihr sagt, wie sehr sie sich seit damals verändert hat. Noch mehr nimmt sie aber die beiden Enthüllungen mit, die ihr Ehemann Henry (Peter Davison) mit ihr teilt und die sie alles noch einmal in Frage stellen lässt. Bei Belle Stone (Victoria Hamilton) ist die Ehe schon gescheitert, vor Jahren, während sie sich nun mit Geldsorgen und ihrer aufmüpfigen Nichte Maya (Erin Kellyman) herumärgert. David Aston (Adrian Lester) wiederum muss um seine verstorbene Frau trauen und findet Trost in seiner Studentin Saira Malik (Saira Choudhry). Nur bei der hochschwangeren Hannah Taylor (Melissa Johns) sieht alles nach einem Happy End aus – wären da nur nicht die Zweifel, ob ihr Freund Liam Banner (Joshua James) wirklich der Richtige für sie ist …
Vier Parallelstränge in einem Haus
Wenn Filme oder Serien erfolgreich sind, dann ist die Versuchung immer groß, weitere Titel zu produzieren, die irgendwie von dieser Popularität profitieren sollen. Meistens läuft das auf Fortsetzungen hinaus. Dann und wann werden aber auch Nebengeschichten in Form von Spin-offs erzählt. Better Call Saul und Fear of the Walking Dead haben dabei gezeigt, dass auch solche Titel erfolgreich sein können. Beide Serien brachten es auf mehrere Staffeln. Dennoch dürften bei der auf arte ausgestrahlten Serie Life einige etwas irritiert gewesen sein. So greift der britische Autor Mike Bartlett darin mit Belle Stone und ihrem Ex Neil Baker (Adam James) zwei Randfiguren seiner Serie Doctor Foster wieder auf. Nur sind die mittlerweile geschieden. Sie hat außerdem ihren Namen geändert, so als wollte sie mit den Vorkommnissen in der Hauptserie nichts mehr zu tun haben.
Die größte Überraschung dürfte aber die sein, dass beim Wechsel zum Nebenschauplatz das Genre gleich mitgewechselt wurde. Hatte Doctor Foster noch starke Thrilleranleihen, wenn eine Frau unschöne Dinge über ihren Ehemann erfährt, da ist Life im Großen und Ganzen ein Alltagsdrama. Die Wiederkehrerin Belle ist darin nur eine von mehreren Hauptfiguren. Genauer gibt es vier verschiedene Parallelstränge, die sich zwar immer wieder berühren, letzten Endes aber unabhängig voneinander funktionieren. Die Gemeinsamkeit der vier ist, dass die jeweiligen Figuren im selben Mehrfamilienhaus leben. Auf diese Weise funktioniert das mit den Verschränkungen der einzelnen Geschichten ganz gut. In einem solchen Haus sind zufällige Begegnungen immer leicht zu verkaufen.
Zwischen Alltag und Seifenoper
Gemeinsam ist ihnen aber auch, dass sie alle in der einen oder anderen Form in einer Krise stecken und diese fast ausschließlich im zwischenmenschlichen Bereich stattfinden. So beginnt der Handlungsstrang um Henry Reynolds zwar damit, dass er die Diagnose erhält, nur noch wenige Monate leben zu können. Bartlett beschäftigt sich aber viel mehr damit, wie die Ehe zwischen ihm und Gail vor dem Aus steht und sie sich durch die Umstände damit auseinandersetzen müssen, dass vieles nicht wirklich passt zwischen ihnen. Ihr Strang sowie der um Belle, die ebenfalls nicht wirklich weiß, wie es weitergehen soll, sind in Life die emotionalsten Geschichten. Die Sache mit David verfehlt trotz des großen persönlichen Verlusts ihr Ziel, da sein Fall viel zu konstruiert ist, um dem Anspruch eines Alltagsdramas gerecht zu werden. Das ist schon mehr Seifenoper-Niveau. Hannahs Geschichte ist deutlich nahbarer, aber irgendwie nicht sonderlich interessant.
Insgesamt reicht es auf diese Weise für ein Drama irgendwo im gehobenen Durchschnitt. Da sind immer wieder einzelne stärkere Szenen dabei, die von den jeweiligen Schauspielern und Schauspielerinnen getragen werden. Dann und wann darf man auch bewegt sein, sowohl in die glückliche wie auch die weniger glückliche Richtung. Dafür wird es an anderen Stellen banal und repetitiv. Die Serie kommt zuweilen nicht wirklich vom Fleck. Die sechs Folgen à einer Stunde ziehen sich dann mitunter und verkommen dann zu einem Hintergrundrauschen. Ob es Life nun unbedingt gebraucht hätte, darüber lässt sich streiten, sowohl als Einzelwerk wie auch als Spin-off. Wer aber mal wieder in der Stimmung ist für eine größere Portion Familiendrama, den könnte es schlechter erwischen als hier.
OT: „Life“
Land: UK
Jahr: 2020
Regie: Ben Gosling-Fuller, Kate Hewitt
Drehbuch: Mike Bartlett
Musik: Guy Garvey, Peter Jobson, Paul Saunderson
Kamera: Ben Magahy
Besetzung: Alison Steadman, Peter Davison, Melissa Johns, Joshua James, Calvin Demba, Victoria Hamilton, Erin Kellyman, Adrian Lester, Rachael Stirling, Saira Choudhry, Buffy Davis, Susannah Fielding, Adam James
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