In Der Räuber Hotzenplotz schlüpft der bekannte österreichische Schauspieler Nicholas Ofczarek in die Rolle des gleichnamigen Räubers, der im Mittelpunkt mehrerer Kinderbücher von Otfried Preußler steht. Der Film erzählt dabei die Geschichte, wie Hotzenplotz eine Kaffeemaschine stiehlt und damit die beiden Jungs Kasperle und Seppel auf den Plan ruft, die alles dafür tun wollen, um den Schatz zurückzubekommen. Einfach ist das nicht, da immer mehr Figuren Teil des Abenteuers werden. Anlässlich des Kinostarts am 8. Dezember 2022 sprechen wir mit dem Darsteller über die Arbeit an dem Familienfilm, ob seine Figur ein böser Mensch ist und wer er gern einmal selbst wäre.
Was hat Sie an dem Film gereizt? Warum wollten Sie bei Der Räuber Hotzenplotz dabei sein?
Das Drehbuch war gut. Mir hat die Einfachheit gefallen, ohne etwas draufpacken zu wollen. Eine Einfachheit, aus der Fantasie entstehen kann. Außerdem hatte ich erfahren, dass ich mit August Diehl drehen würde, mit dem ich schon Theater gespielt habe und mit dem ich immer wieder gern zusammenarbeite. Und mal im Ernst, wer sagt schon dem Räuber Hotzenplotz ab? Wobei ich natürlich auch Bammel hatte. Hotzenplotz, das ist schon ein großer Name.
Haben Sie die Bücher über ihn denn früher gelesen?
Ich habe sie in einem Alter bekommen, als ich noch gar nicht lesen konnte. Mir hatten aber die Illustrationen sehr gut gefallen. Wobei ich sagen muss, dass ich eher mit der angelsächsischen Literatur aufgewachsen bin, da meine Mutter Irin ist. Deswegen war Hotzenplotz nicht so bestimmend für mich, auch wenn ich ihn kannte. Ich habe eher Krabat gelesen. Ich bin ja in der Schweiz aufgewachsen, da gab es ihn natürlich. Übrigens gibt es den Film auch auf Schwyzerdütsch, was sehr gut kommt. Kann ich nur empfehlen.
Der erste Band mit Hotzenplotz ist inzwischen schon sechzig Jahre alt. Was macht die Geschichte so interessant, dass man sie noch immer erzählen bzw. hören will?
In der Geschichte müssen sich zwei Kinder mit einer Realität auseinandersetzen, die nicht so heil ist wie die, die man selbst im Idealfall als Kind hat. Die Begegnung mit dieser Realität ist der erste Schritt in die Selbstverantwortung und ins Erwachsenenleben. Die beiden werden mit dem scheinbar Bösen konfrontiert, mit dem Unheimlichen. Auch das Thema Freundschaft ist wichtig. Verantwortung. Selbstvertrauen. Das sind alles Themen, die heute noch immer aktuell und allgegenwärtig sind. Irgendwann begegnen wir alle dieser Welt da draußen und müssen die Sicherheit hinter uns lassen.
Es gab schon vor Ihrem Film Adaptionen der Bücher fürs Kino und fürs Fernsehen. Haben Sie sich diese vorher angeschaut, um zu sehen, wie Ihre Vorgänger das gemacht haben? Oder wollten Sie frei von diesen Einflüssen sein?
Ich habe nur Ausschnitte gesehen, weil letztendlich ein Vergleich auch nicht viel bringen würde. Die anderen Adaptionen sind zu einer ganz anderen Zeit entstanden und arbeiteten mit ganz anderen Büchern. Für mich war nur relevant: Wie hoch darf der Grad der Überhöhung sein? Wie weit kann ich gehen, ohne dass es albern wird? Das hatte mich ganz allgemein interessiert. Ansonsten wollte ich keinen Vergleich mit den anderen. Ich kann nur mein Bestes geben.
Dann kommen wir auf die Figur zu sprechen. Wenn Hotzenplotz im Film darauf angesprochen wird, dass er der Böse sein soll, ist er völlig verwundert, weil er selbst das gar nicht so sieht. Würden Sie von ihm sagen, dass er böse?
Als Anwalt von Hotzenplotz muss ich da ganz klar Nein sagen. Er sagt von sich selbst auch, dass er kein schlechter Mensch ist. Räuber sein, das ist sein Beruf. Er verkauft die Sachen, die er gestohlen hat, auch nicht. Es gibt keinen Hehler bei ihm. Stattdessen sammelt er die Sachen in seiner Höhle oder tauscht sie gegen Schnupftabak. Er ist halt so sozialisiert und kennt nichts Anderes. Seine einzige soziale Interaktion besteht darin, jemanden zu berauben. Sein Vater war schon ein großer Räuber und hat ihm das Rauben als Berufsform beigebracht. Er sagt von sich selbst auch, dass er noch andere Träume gehabt hätte, Goldgräber in Amerika zum Beispiel.
Wenn Hotzenplotz kein Böser ist, was ist er dann? Wie würden Sie ihn beschreiben?
Da es in der gesamten Geschichte interessanterweise keine Elternfiguren gibt, steht er für mich für den die ganze Zeit sinnlos arbeitenden Vater. Und Zwackelmann steht für die überforderte Mutter, die ständig etwas herbeizaubern muss. Hotzenplotz ist ein Outlaw und auf seine Weise ein Anarchist. Er spricht aus, was ihm in den Sinn kommt. Und er hat ein großes Herz.
Ein Running Gag im Film ist, dass die Leute sich verkleiden, indem sie zum Beispiel einen Hut aufsetzen. Dadurch werden sie zu jemand komplett anderes. Als Schauspieler sind Sie natürlich gewohnt, sich als jemand anderes auszugeben. Aber wenn Sie in der realen Welt wirklich jemand anderes sein könnten, wen würden Sie wählen?
Mein Leben besteht wirklich zu einem Großteil daraus, bezahlt zu werden, jemand anderes zu sein. Ich wäre deshalb gern mehr bei mir. Ich würde gern mehr herausfinden, wer ich selbst bin. Da mir mein Beruf so viele andere Identitäten ermöglicht, habe ich privat kein Bedürfnis mehr, jemand anderes zu sein. Da habe ich eher die Sehnsucht, authentischer zu sein. Ich bin jemand, der eher zurückgezogen lebt und auch keine Kraft daraus zieht, als Privatmensch in der Öffentlichkeit zu stehen. Ich verurteile niemanden, der das so macht. Für mich braucht es das aber nicht.
Und wenn umgekehrt jemand für Sie gehalten werden wollte, was müsste er tun?
Es gibt tatsächlich Leute in Wien, die mich offensichtlich gern imitieren. Aber es ist schwer für mich zu sagen, das und das ist die Essenz von mir. Ich glaube fest an die soziale Interaktion von Menschen und glaube an respektvollen Umgang miteinander, weil es das für alle einfacher macht. Das ist mir wichtig. Das versuche ich zu leben. In einer Zeit, in der alles so schnell ist und zu viel ist, ist das glaube ich entlastend und wichtig. Wenn ich so gesehen werden würde in der Imitation, wäre das natürlich langweilig für Sie. Mich würde es aber freuen.
Und wie geht es in Zukunft für Sie weiter? Was sind Ihre nächsten Projekte?
Ich drehe im Dezember die dritte Staffel von Der Pass. Für nächstes Jahr ist eine Miniserie über Kafka geplant, wo jede Folge einen bestimmten Aspekt aus seinem Leben beleuchtet. Ich spiele darin seinen Vater.
Vielen Dank für das Gespräch!
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